Österreich festigt mit ÖNORM E 8850 ICNIRP-Werte (Allgemein)
Für die Anwendung in Österreich wurden die Grenzwerte der ICNIRP für die Allgemeinbevölkerung schon bisher in der Vornorm ÖNORM S1119 (für niederfrequente Felder) und ÖNORM S1120 (für hochfrequente Felder) festgeschrieben: Jetzt wurden die Grenzwerte in der Vornorm ÖVE/ÖNORM E 8850 für den gesamten Frequenzbereich bis 300 GHz zusammengefasst.
Das Forum Mobil (Lobby der schweizerischen Mobilfunkbetreiber) widmet der neuen Norm im Nachbarland eine Pressemeldung: http://www.presseportal.ch/de/story.htx?nr=100503854&ressort=100000002
Ein paar Anmerkungen zu dieser Pressemeldung
1) Das Forum Mobil vermeidet tunlichst den Begriff Vornorm.
2) Ein einstimmiger Beschluss ist nichts besonderes. In Österreich dürfen (nationale) ÖNORMEN vom zuständigen ON-Komitee grundsätzlich nur einstimmig verabschiedet werden.
3) ÖNormen sind qualifizierte Empfehlungen, ihre Anwendung ist somit grundsätzlich freiwillig. In besonderen Fällen kann der Gesetzgeber (Bund oder Länder) Normen oder Teile von Normen durch Gesetz oder Verordnung auch für "verbindlich" erklären. Dann ist die Einhaltung dieser Normen nicht mehr freiwillig, sondern zwingend. Ob die Vornorm ÖVE/ÖNORM E 8850 rechtsverbindlich ist und deshalb nicht so leicht infrage gestellt werden kann, darüber schreibt das Forum Mobil nichts.
4) Folgende Passage der Pressemeldung ist irreführend: "Aufgrund des Vorsorgegedankens wurde in der Schweiz für Orte mit empfindlicher Nutzung ausserdem ein um den Faktor 10 tieferer Grenzwert festgelegt." Irreführend deshalb, weil sich der Faktor 10 auf die elektrische Feldstärke bezieht, was aber nicht deutlich wird. Grenzwerte werden sehr oft auch auf die Leistungsflussdichte bezogen. In diesem Fall gibt in der Schweiz sogar ein um den Faktor 100 tieferer Grenzwert. Relative Grenzwertangaben ohne Nennung des Bezugswerts (Feldstärke/Leistungsflussdichte) sind missverständlich und daher unseriös. Außerdem wird www.gigaherz.ch nicht müde darauf hinzuweisen, dass der tiefere Grenzwert in der Schweiz pure Augenwischerei ist, da er im wesentlichen nur in Innenräumen gilt. Dort aber sind wegen der Funkfelddämpfung durchs Mauerwerk in aller Regel ohnehin nur schwächere Funkfelder wirksam - auch ohne Grenzwertabsenkung.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –