HF-Messtechnik: Es bleibt bei max. ±45 Prozent Messfehler (Technik)
Das Eidgenössisches Institut für Metrologie (Metas) legt sich in einem heute erschienenen "Amtsbericht" fest (PDF, 3 Seiten, deutsch):
Nach Ansicht des METAS besteht derzeit (2014) keine Möglichkeit, mit modernen Messeinrichtungen und Techniken die gesamte erweiterte Messunsicherheit U von ±45 % bei der experimentellen Bestimmung des örtlichen Höchstwertes der elektrischen Feldstärke in Innenräumen zu verkleinern.
Vorgeschichte: Das schweizerische Bundesgericht hat in seinem Entscheid 1C_661/2012 vom 5. September 2013 festgehalten, angesichts der technischen Entwicklung auf dem Sektor der Telekommunikation in den letzten zehn Jahren sei es angebracht, sich zu vergewissern, dass die Messempfehlungen, welche in der Schweiz für GSM und UMTS aus den Jahren 2002 und 2003 stammen, noch dem heutigen Stand der Technik entsprechen. Es verlangte daher, zur Klärung dieser Frage sei eine offizielle Stellungnahme des Metas einzuholen.
Nebengeschichte: Noch am 8. April 2014 klagte Gigaherz-Präsident Jakob, selbst sieben Monate nach dem Urteilsspruch des Bundesgerichtes kümmere sich niemand, weder das Bundesamt für Umwelt, noch das Metas, noch die kantonalen Umweltfachstellen um die Aufforderung des Bundesgerichts, für amtliche Abnahmemessungen endlich Messgeräte zu wählen, die genauer als ±45 Prozent messen könnten. Jakob weiter: "Im Gegenteil, man behauptet hier mit nicht mehr zu überbietender Arroganz, die bisherigen Messverfahren seien bestens brauchbar."
Der neue Metas-Bericht legt plausibel dar, woraus sich der Messfehler von ±45 Prozent zusammen setzt. Dabei wird deutlich, dass dem Messfehler der Messtechnik ein weiterer Fehler hinzu zu rechnen ist, der auf der individuellen Art und Weise beruht, wie Messtechniker bei der Messwertnahme vorgehen. Diesen individuellen Messfehler (ca. ±15 Prozent) ermittelte das Metas bereits 2002 empirisch in Form von GSM-Vergleichsmessungen durch 19 Messlabore (Metas-Bericht 2002-256-472, 33 Seiten). Eines der Labore war damals Prevotec, Schwarzenburg. An einer ähnlichen Vergleichsmessung für UMTS war Gigaherz-Präsident Jakob 2006 nicht mehr beteiligt.
Eine dritte Einflussgröße, die den Gesamtmessfehler mit bestimmt, ist die Wahrscheinlichkeit, mit der der wahre Messwert innerhalb eines bestimmten Intervalls um den angezeigten Messwert herum liegt (Vertrauensbereich). Um hier auf einen Wert von 95 Prozent zu kommen (erweiterter Vertrauensbereich), wird auf den Messfehler ein Sicherheitsfaktor aufgeschlagen (rd. 2), der letztlich zu dem Gesamtmessfehler von ±45 Prozent führt.
Fazit: Wenn Gigaherz-Präsident Jakob behauptet, vorausberechnete Strahlungswerte, die oft nur 1 Prozent unterhalb der erlaubten Schwelle lägen, würden mit Instrumenten kontrolliert, die nicht genauer als ±45 Prozent messen könnten, dann ist dies schon deshalb unrichtig, weil der reine Messfehler der Instrumente mit 10 Prozent bis 16 Prozent zu nur etwa 1/3 am Gesamtmessfehler beteiligt ist. Selbst dieser kleinere Messfehler wäre freilich noch viel zu hoch, würde tatsächlich so gemessen, wie Jakob dies behauptet, nämlich haarscharf unter der erlaubten Schwelle. Doch so ist es nicht. Wie es sich tatsächlich mit der Messung von HF-Elektrosmog dicht unterhalb zulässiger Werte verhält, und warum niemand Sorge haben muss, wegen mangelhafter Messgenauigkeit unabsichtlich über Grenzwert befeldet zu werden, ist Thema eines Beitrags, der momentan beim IZgMF in Arbeit ist.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –