Grenzwertsenkung: Umweltminister schätzt Folgen falsch ein (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 11.07.2013, 10:46 (vor 3941 Tagen)

Der smarte Franz Untersteller ist seit 2011 Umweltminister im Ländle. Im April 2013 startete er einen Vorstoß im Bundesrat, in letzter Minute anlässlich der Novellierung der 26. BImSchV eine Grenzwertsenkung nach schweizer Muster zu erreichen. Diese Initiative scheiterte.

Der letzte Absatz der Presse-Information, die Untersteller zum Gedenken an seine Idee herausgab, weckt freilich Zweifel, ob der Minister in Sachen EMF-Grenzwertsenkung wirklich weiß was er will:

Dass die vom Umweltministerium in Baden-Württemberg vorgeschlagenen Grenzwerte praktikabel seien, zeige die Schweiz. Dort gelten niedrigere Grenzwerte bereits seit fast 15 Jahren: „Unser Nachbar zeigt uns, dass es sehr wohl möglich ist, beides zu vereinbaren: flächendeckenden Mobilfunk und niedrige Grenzwerte. Ich appelliere noch einmal an den Bund und die Länder, jetzt und damit noch rechtzeitig die Weichen zu stellen, dass die Zahl der neuen Mobilfunkmasten begrenzt und die Belastung vor allem auch von Kindern, Älteren und Kranken, möglichst minimiert werden können.“

Lieber Herr Untersteller,

Sie sollten Ihre EMF-Berater feuern. Denn Sie irren sich, mit einer Grenzwertsenkung auf schweizer Niveau begrenzen Sie die Anzahl neuer Mobilfunkmasten nicht etwa, im Gegenteil, Sie heben diese Anzahl sogar beträchtlich an. Fragen Sie mal bei Dr. Bornkessel nach (IMST GmbH, NRW), er kann ihnen dazu qualifizierte Angaben machen. Etwa diese:

Würde bei einem Mobilfunknetz in dem hier betrachteten Kleinstadtszenario die Kanalsendeleistung beispielsweise um 3 dB reduziert [Anm.: Halbierung der Sendeleistung], dann sinkt der Zellradius um den Faktor 1,2, d.h. auf etwa 80 % des ursprünglichen Wertes. Dies entspricht einer Verkleinerung der Zellfläche auf etwa 70 % des ursprünglichen Wertes. Um weiterhin eine flächendeckende Mobilfunkversorgung zu gewährleisten, müsste die Anzahl der Basisstationen um ca. 40 % steigen. Dadurch würde die Gesamtemission auf ca. 70 % des ursprünglichen Wertes sinken.

Bei einer Reduzierung um 6 dB (25 % des ursprünglichen Werts) wäre bereits mit einer Verdopplung der Anzahl von Basisstationen zu rechnen. Mit einer Grenzwertsenkung erreichen Sie somit das glatte Gegenteil vom dem, was Sie glauben, zu erreichen.

Ich bin der Meinung, das sollte sich mal rumsprechen. Und vergessen Sie bitte nicht, Ihre EMF-Berater zu feuern. Denn bei denen kriegt man Augentinnitus: Pfeifen, wohin man schaut ;-).

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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