Funkfeld reduziert Schmerzempfinden bei Schnecken (Allgemein)

Kuddel, Donnerstag, 27.09.2012, 20:58 (vor 4271 Tagen)
bearbeitet von Kuddel, Donnerstag, 27.09.2012, 21:54

[Admin: Strang verschoben am 27.09.12 um 23:30, Absprung hier]

In seiner jüngsten 2012 publizierten Arbeit beschäftigt sich Leif Salford mit der Schmerzwahrnehmung von Weinbergschnecken, wenn diese zuvor Funkfeldern ausgesetzt waren.

Im Vergleich zum Reaktionszeiten-Muster jeder Schnecke vor und nach der Exposition waren die GSM-exponierten Schnecken weniger empfindlich gegenüber thermischem Schmerz als die schein-exponierten Kontrollen, was darauf hindeutet, dass die Hochfrequenz-Exposition eine signifikante Analgesie induzierte.

Salford hat Schnecken befeldet, anschließend auf eine sehr warme Heizplatte gesetzt und sich das Verhalten angeschaut.

Als Fazit will Salford festgestellt haben, daß GSM-Funk-Wellen das Schmerzempfinden von Schnecken reduzieren.

Das Ergebnis könnte eine einfache Erklärung haben:

Ich frage mich, ob die Dosimetrie stimmt und ob nicht doch thermische Effekte aufgetreten sind.

Salford gibt den SAR bei einer Leistungsflußdichte von 680mW/m² mit 48mW/kg (Ganzkörper) an.
Ich glaube, der Lokale SAR Wert könnte deutlich höher als 2 Watt/kg gewesen sein.

Eine solche Schnecke hat in etwa die Abmessung einer viertel bis halben Wellenlänge bezogen auf 900MHz.
Die Unterlage, auf welcher die Schnecke während der Exposition kriecht, "vergrößert" die Schnecke "elektrisch" (Ein elektrischer Leiter auf einem Dielektrikum wird elektrisch verlängert), d.h. die Unterlage könnte die SAR weiter anheben. Wenn das in der "Berechnung" der SAR nicht berücksichtigt wurde, kann die Berechnung zu kleine Werte ergeben.

Es könnten also durchaus Halbwellenresonanzen in der Schnecke auftreten..
Damit ist die absorbierte Energie nicht mehr gleichmäßig im Schneckenkörper verteilt, sondern wird sich in der Schneckenmitte konzentrieren.
Hinzu kommt, daß ein resonanter Halbwellendipol elektrisch um eine Vielfaches größer ist, als seine realen Abessungen (Stichwort "Antennwirkfläche"). Auch dieser Effekt wird die SAR in der Schnecke erhöhen.
Während die Schnecke "real" maximal ca 0,002m² "Fläche" einnimmt, hat ein resonanter Halbwellendipol bei 900MHz eine elektrische Absorptionsfläche von 0,01m².
Nimmt man also nur die Leistungsflußdichte und multipliziert sie mit der "Fläche" der Schnecke, kommt auf zu kleine Expositionswerte.

Die Schnecke könnte also im Falle der "Befeldung" einen lokalen Wärmereiz gespürt haben und sich an die Wärme "gewöhnen", bevor sie auf die Heizplatte gesetzt wird. Die "Gewöhnung" könnte somit das durch die Heizplatte ausgelöste Schmerzempfinden reduziert haben.

Vergleichbar mit der Situation, wenn man sich ein recht warmes Bad einlässt und zu plötzlich ins Wasser steigt (=unbefeldete Schnecke).
Am Anfang empfindet man das Wasser als kochend heiß, aber nach 1..2 Minuten Aufwärmung" (=befeldete Schnecke) hat man sich dran gewöhnt und das warme Wasser macht einem nichts mehr aus.


K

Funkfeld reduziert Schmerzempfinden bei Schnecken

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 27.09.2012, 23:33 (vor 4271 Tagen) @ Kuddel

Ich frage mich, ob die Dosimetrie stimmt und ob nicht doch thermische Effekte aufgetreten sind.

Salford gibt den SAR bei einer Leistungsflußdichte von 680mW/m² mit 48mW/kg (Ganzkörper) an.
Ich glaube, der Lokale SAR Wert könnte deutlich höher als 2 Watt/kg gewesen sein.

Diese technischen Beiträge mag ich besonders gern. Während des Studiums haben wir z.B. stundenlang die Ladekurve eines Kondensators berechnet, Mensch war das langweilig. Ihre SAR-Betrachtungen zu Weinbergschnecken sind dagegen der reinste Harry Potter.

Ihr Beitrag ist jetzt schon der dritte in diesem Jahr (erster und zweiter), der substanzielle Zweifel an der praktizierten Dosimetrie formuliert. Allmählich frage ich mich, was die Pro- und Kontraseite sich da wohl in der Vergangenheit "zusammendimetriert" und in Gestalt einer Studie publiziert hat. Oder anders gesagt: Gibt es überhaupt Studien, deren Dosimetrie über jeden Zweifel erhaben ist? Ist nur eine rhetorische Frage ...

Sie und Dr. Bornkessel sollten sich mal per Los zehn Befeldungsstudien angeln und deren Dosimetrie einer Schnellprüfung unterziehen. Ich könnte mir denken, dass dabei etwas Spektakuläres herauskommt.

--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Funkfeld reduziert Schmerzempfinden bei Schnecken

Kuddel, Freitag, 28.09.2012, 19:07 (vor 4270 Tagen) @ H. Lamarr
bearbeitet von Kuddel, Freitag, 28.09.2012, 20:55

Mein Beitrag war stark spekulativ (Bauchgefühl), da man sich anhand der wenigen Fakten aus dem EMF Portal kaum ein qualifiziertes Urteil bilden kann und eine halbwegs genaue Dosimetrie nur mit Simulationsverfahren oder Meßsonden möglich sein dürfte.

Bei der angegebenen Feldstärke könnte eine Dipolantenne von der Größe einer Weinbergschnecke dem Feld bis zu 8mW Leistung entziehen.
Laut Salfords SAR Berechnung (0,048mW/kg) und unter der Annahme, daß die Schnecke 20g (+10 g nichtleitendes Kalkgehäuse) gewogen hat, hätte die Schnecke dem Feld laut Adam Riese nur 0,048/1000*20= 1 mW Leistung entnommen. Dazwischen liegt immerhin ein Faktor 8.

In einem anderen Beitrag hatten wir schon einmal eine ähnliches Beispiel (Vergleich SAR Mensch/Maus)

Ein weiterer Aspekt ist, daß man aufgrund der Toleranzen von Meßsender und Antennenfaktor elektromagnetische Felder bestenfalls mit einer Genauigkeit von +/-3 dB (Faktor 2) hinbekommt. Die möglichen Fehlerspannen in der Dosimetrie sind also nicht ohne.

Zur Beschreibung der Antenne steht da "directional Antenna" und es ist ein Abstand von 45cm zwischen Antenne und Expositionsobjekt angegeben. Falls die Antenne einen signifikanten Gewinn hatte (und "directional" Antennen haben immer einen deutlichen Gewinn), könnte der Abstand zwischen Antenne und Objekt zu gering gewesen sein, um einwandfreie Fernfeld-Bedingungen zu garantieren.

Die Beschreibung der "Anechoic Chamber" deutet zudem darauf hin, daß diese mit Heimwerkermitteln zusammengezimmert wurde. Falls in diesem Konstrukt die Absorber nicht richtig abgestimmt waren, könnten durch Stehwellen in der Kammer weitere Fehler entstehen.

Wenn im EMF Portal steht: "SAR wurde berechnet"... dann ist offen, ob mit "berechnet" ein simpler 3-Satz gemeint ist (der hier sicher nicht zu richtigen Ergebnissen führt), oder eben eine um ein Vielfaches genauere numerische Simulation, mit hoffentlich richtigen Randbedingungen, wie z.B. der Unterlage, auf welcher die Schnecke kriecht.

Ich wollte nur sagen, daß man meiner laienhaften Meinung nach die beobachteten Effekte (sofern tatsächlich reproduzierbar) hypothetisch durch Wärmeeffekte erklären könnte .

K

Tags:
Bauchgefühl, Wärmeeffekt

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