Grenzwertausschöpfung falsch interpretiert (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Freitag, 20.04.2012, 18:42 (vor 4630 Tagen)

Im hese-Forum macht Teilnehmer "so so" folgende Rechnung auf für eine 0,5 bis 3-Prozentige Grenzwertausschöpfung, gemessen mit einem Personendosimeter:

"0,5 - 3 % von 10 000 000 µW/m² entsprächen 50 000 µW/m² - 300 000 µW/m²
Wenn damit tatsächlich die von außen in das Haus eingestrahlten Immissionen gemeint sein sollten?
Es könnte sich allerdings auch um Werte handeln, die hausgemacht sind."

Was "so so" nicht merkt, er rechnet falsch. Und das kommt so:

Vorsicht! Grenzwertausschöpfung bezieht sich auf Feldstärke

Der vermeintlich harmlose Begriff “Grenzwertausschöpfung” ist immer wieder für Irritationen gut. Denn wenn eine von Amts wegen genannte Grenzwertausschöpfung auf die Leistungsflussdichte angewendet wird, um den Absolutwert einer Immission zu berechnen, so ist das Ergebnis mit ziemlicher Sicherheit falsch! Bei einem Grenzwert von 4,5 W/m² für GSM 900 ergeben beispielsweise 20 % Grenzwertausschöpfung einen nur rechnerisch richtigen Wert von 0,9 W/m². Tatsächlich ist der so berechnete Wert jedoch unzutreffend, zutreffend sind 0,18 W/m². Wie kommt das? Unzutreffend ist der Wert deshalb, weil die 26. BImSchV die Grenzwerte auf die elektrische Feldstärke bezieht und nicht auf die Leistungsflussdichte. Beachtet man dies nicht, kommt es bei der Berechnung der Absolutwerte, ausgehend von einer gegebenen Grenzwertauschöpfung, zu dem beschriebenen erheblichen Fehler. Bei amtlichen Angaben kann in aller Regel davon ausgegangen werden, dass sich Grenzwertausschöpfungen immer auf die Feldstärke beziehen. Bei anderen Quellen ist diese stillschweigend getroffene Übereinkunft nicht gewährleistet, so dass im Zweifel, wenn Angaben zur Bezugsgröße fehlen, nachgefragt werden muss, auf was (Feldstärke oder Leistungsflussdichte) sich die genannte Grenzwertausschöpfung bezieht.

Bei obigen Beispiel sieht die zutreffende Umrechnung so aus: 20 % Grenzwertausschöpfung bei GSM 900 ergeben auf einen Grenzwert von 42 V/m bezogen 8,2 V/m. Die Umrechnung dieser Feldstärke auf Leistungsflussdichte, z.B. mit dem Mobilfunk-Einheitenumrechner des IZgMF, ergibt dann den Wert 0,18 W/m².

Oder auf "so so" bezogen: 3 % Grenzwertausschöpfung ergeben schlimmstenfalls (höchster Grenzwert) einen Immissionswert von 61 V/m x 0,03 = 1,83 V/m. Das sind umgerechnet 8,9 mW/m² - ein völlig anderer Wert als die von "so so" ausgerechneten 300 mW/m².

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Grenzwertausschöpfung, Immissionswert

Messtoleranz falsch interpretiert

Raylauncher @, Montag, 23.04.2012, 21:51 (vor 4627 Tagen) @ H. Lamarr

Falsch rechnet nicht nur "so so". Auch Jakob verstrickt sich in Pegelberechnungen, die er offensichtlich nicht überblickt:

Satte Dosis übergrenzwertiger Irreführung

Zitat:
Ich bin total überwältigt von der Genauigkeit dieses Dosimeters, das Sie da so so empfehlen.
Plus/minus 4dB (bei 3.5V/m)am Oberarm getragen. Das bedeutet plus/minus Faktor 2.5. Ein E-Feld von 3V/m wird demnach irgendwo zwischen 1.2 und 7.5V/m angezeigt. resp aufgezeichnet. Ein Halleluja auf die exakten Wissenschaften.
Hans-U. Jakob (Gigaherz.ch)

Dabei wäre das mit der dB-Rechnung doch so einfach: Man müsste sich nur im klaren sein, ob man es mit Leistungsverhältnissen oder mit Spannungsverhältnissen (Feldstärken) zu tun hat.

Im o.g. Beispiel geht es um die Feldstärke:
Damit entsprechen 4dB Toleranz einem Unsicherheitsfaktor von knapp 1,6. Für ein derartiges Gerät ein durchaus akzeptabler Wert.

Raylauncher

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