Fliegenpilz erklärt athermische Effekte des Mobilfunks (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Freitag, 27.01.2012, 10:42 (vor 4684 Tagen)

Die geheimnisvollen athermischen Wirkungen des Mobilfunks sind für Mobilfunkgegner ein Lebenselixier. Kaum ein Monat vergeht, in dem nicht die Behauptung erneuert wird, athermische Wirkungen des Mobilfunks seinen läääängst erwiesen und nur die Mobilfunkindustrie und die Schulwissenschaften würde diesen Fakt - der Kapitulation nahe - noch bestreiten.

Die Story vom einfältigen Physiklehrer

In einem jüngst von Peter Hensinger herausgebrachten "Brennpunkt" des Anti-Mobilfunk-Vereins Diagnose-Funk wird den "lieben Mitstreitern" die komplizierte Materie mit einer Fliegenpilz-Analogie verdeutlicht: Würde einem statt einem Stein der Pilz an den Kopf geworfen, käme man mit heiler Haut davon, erklärt ein fiktiver Physiklehrer seinen Schülern. Der Stein sei daher gefährlich, der Pilz harmlos. Ein böser Trugschluss der Physik, meint Hensinger, denn gegessen sei auch der Pilz gefährlich.

Gemäß Hensinger ist der Physik nicht zu trauen. Das hindert den Stuttgarter freilich nicht, noch auf der selben Seite seines Brennpunkts Auskünfte über biologische Prozesse zu geben, entnommen einem älteren Artikel, an dem ein Professor für Leistungselektronik an der TU Chemnitz mitwirkte. Mobilfunkgegner verdammen Physik nicht pauschal, sondern ergebnisorientiert: physikalische Erklärungen für Gesundheitsrisiken des Mobilfunks werden mit Kusshand genommen, was dagegen spricht wird - ab jetzt mit Verweis auf den köstlichen Fliegenpilz - verworfen.

Dieser Vergleich hinkt nicht, ihm fehlt ein Bein

Die Fliegenpilz-Geschichte, sie wird Heinz und Erna sicherlich zu denken geben, ob am Gerede über die Risiken der Mobilfunkwellen vielleicht doch etwas dran ist. Dabei ist diese Analogie nur fauler Zauber. Denn es existiert seit langem ein unstrittiges Wirkmodell, warum und wie ein verzehrter Fliegenpilz im Körper wirkt. Und auch ohne Wirkmodell spürt jeder die Folgen eines Fliegenpilzgerichts am eigenen Leib. Ganz anders beim Mobilfunk: Dort gibt es eben kein widerspruchsfreies Wirkmodell darüber, wieso es unterhalb der thermischen Schwelle überhaupt zu biologischen Schädigungen kommen soll. Und bislang konnte niemand auf der Welt behauptete gesundheitliche Beeinflussungen durch Mobilfunk nachweisen, kein "Elektrosensibler" konnte gefunden werden, der Funkfelder objektiv wahrnimmt. Da bleibt von der Fliegenpilz-Geschichte nicht mehr viel übrig. Im Gegenteil: Drehe ich den Spieß um und erfinde Fliegenpilz-Sensible, die behaupten, ihnen würde der Verzehr von Fliegenpilzen nicht gut tun, so dürften wissenschaftliche Tests mit den Betroffenen nur dann Treffer zeigen, wenn den Fliegenpilz-Sensiblen vor dem Mahl gesagt wird, auf dem Teller läge Fliegenpilz. Würde weiter Fliegenpilz aufgetischt, den Versuchspersonen aber gesagt es sei Steinpilz an Blattspinat, bliebe die Wirkung völlig aus. Natürlich ist es in der Realität ganz anders als beschrieben, meine Analogie will nur verdeutlichen, wie desaströs das Versagen "Elektrosensibler" ist, ihre steif und fest behauptete Wahrnehmung selbst schwächster Funkfelder auch unter kontrollierten Bedingungen nur ein einziges mal unter Beweis zu stellen. Inzwischen halte ich Leben auf dem Mars für Wahrscheinlicher als "Elektrosensibilität".

Ein Brennpunkt ohne Feuer und Substanz

Typisch für diesen "Brennpunkt" ist seine Substanzlosigkeit bezüglich der Eingangsfragestellung "Kann die nicht-ionisierende Strahlung des Mobilfunks Zellen schädigen?". Einerseits wird der Leser als blutiger Laie behandelt, dem erst die grobe Vereinfachung mit einer Analogie die Augen öffnet, andererseits werden dem selben Leser auf Seite 3 in dem großzügig dimensionierten Schaubild gnadenlos "p 38 MAP Kinasen" und dergleichen mehr ohne Erklärung um die Ohren gehauen. Der Resttext ist angefüllt mit fachfremdem Gequatsche über die "Schlechtigkeit des Seins" und mit der üblichen Wichtigtuerei, indem gezielt "alarmierende" Stellungnahmen irgendwelcher Organisationen mit möglichst klangvollen Namen hervorgekramt werden. Blind auf fremde Kompetenz zu setzen, weil es an eigener hapert, ist jedoch riskant. Denn bei näherer Betrachtung der "wichtigen" Stellungnahmen zerbröseln die daraus abgeleiteten Alarme zu mehr oder weniger belanglosen Verlautbarungen. Ein Beispiel: Die Schockmeldung "WHO hat 2011 nicht-ionisierende Strahlung in die Kategorie 'möglicherweise krebserregend' eingestuft" schockt eben nur Heinz und Erna, wenn diese nicht wissen, dass in der selben Einstufung auch Bohnenkaffee anzutreffen ist, und die WHO gar nicht von Sendemasten spricht, sondern von körpernaher Funktechnik wie Handys. Hinzu kommt, dass sich die Grundlage der Einstufung durch die WHO inzwischen zugunsten der Einstufung "wahrscheinlich nicht krebserregend" geändert hat.

Kenntnislücken offen gelegt

Zum eigentlichen Thema der Fragestellung erfährt der Leser des "Brennpunks" so gut wie nichts. Dieses Herumeiern um des Pudels Kern hat einen Grund: es fehlt a) an fachlicher Kompetenz und b) es gibt nichts mehr zu sagen, was nicht schon gesagt wurde. Athermische Effekte unterhalb der Grenzwerte werden auch von der seriösen Wissenschaft nicht bestritten. Entgegen der Behauptung von Diagnose-Funk hat beispielsweise Prof. Jürgen Bernhardt Anfang der 90er Jahre diese Effekte in der Fachliteratur offen angesprochen, Bernhardt war damals im Bundesamt für Strahlenschutz Leiter des Abteilung "Strahlenschutz in der Medizin".

Nur, so einfach wie sich Diagnose-Funk das vorstellt, ist es mit diesen athermischen Effekten nicht. Dass sich ein versteckter thermischer Einfluss nicht ganz einfach ausschließen lässt, ist das eine, dass kein Mensch weiß, ob beobachtete athermische Effekte auch gesundheitlich relevant sind, ist das andere.

Es ist eben depperter Dilettantismus, jedes mal den Feuermelder zu betätigen, nur weil sich jemand eine Zigarette anzündet.

Hintergrund
Athermische Effekte: Was ist das eigentlich?

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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Dilettantismus, Nebelkerze, Täuschung, Hensinger, Athermische Effekte, Trugschluss, Scheitern, Lutz, Brennpunkt, Mitstreiter, Kapitulationserklärung, Fliegenpilz

Der übliche Unfug

RDW ⌂ @, Freitag, 27.01.2012, 11:34 (vor 4684 Tagen) @ H. Lamarr

Gemäß Hensinger ist der Physik nicht zu trauen.

Ich würde den Satz umformulieren: Dem Hensinger ist bei der Physik nicht zu trauen.
Denn was, bitteschön, hat denn die Unterscheidung ionisierend/nichtionisierend mit dem "Thermischen Dogma" zu tun? Was er da vorbringt ist etwa so sinnvoll wie der Satz "Nachts ist es kälter als draußen".
Da hat der heutige Deutschlehrer und ehemaliger Drucker wohl einmal mehr etwas grundsätzlich missverstanden.

Vielleicht hat er aber auch nur einfach einen Aufhänger gesucht, um wieder einmal gegen jene zu wettern, welche von der Materia weit mehr verstehen als er selbst. Und auch dazu greift er dann in seine bewährte Trickkiste der Täuschung. Denn wo wurde von der Industrie oder dem BfS denn je in dieser Form repräsentativ behauptet wie er es unterstellt?:"Da für die Ionisierung von Atomen die Energie der elektromagnetischen Felder 5 eV (Elektrovolt) übersteigen muss, aber die Energie von Mobilfunkstrahlung kleiner als 5 eV ist, könne Mobilfunk-Strahlung nicht schädlich sein."

Was die Industrie bezüglich nicht-ionisierender Strahlung und nicht-thermischen Effekten tatsächlich sagt, kann z. B. <hier> und deren Folgeseiten nachgelesen werden. Es empfiehlt sich dabei auch, über die wichtige Unterscheidung zwischen der puren Existenz von nicht-thermischen Effekten einerseits und deren eventueller Schädlichkeit andererseits nachzudenken.

Ich vermute mal, daß sich Hensinger und seine Kampfgenossen aus Diagnose-Funk und der Kompetenzinitiative bewusst sind, daß sie sich vor echten Fachleuten längst lächerlich gemacht haben und sie nur noch als unglaubwürdige Ideologen angesehen werden können. Sonst würden sie sich bei ihren Pamphleten etwas mehr Mühe bezüglich der Fakten machen und nicht nur noch alleine auf den Beifall von unbedarften Laien hoffen.

RDW

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Ideologen, Täuschung

Mobilfunkgegner: auf Schwarmintelligenz programmiert

H. Lamarr @, München, Freitag, 27.01.2012, 12:14 (vor 4684 Tagen) @ RDW

Was die Industrie bezüglich nicht-ionisierender Strahlung und nicht-thermischen Effekten tatsächlich sagt, kann z. B. <hier> und deren Folgeseiten nachgelesen werden.

Igittigitt, der Link fordert von eingeschworenen Mobilfunkgegnern mindestens ein Kreuz, ein Knoblauchknolle und einen Holzpflock nebst Hammer. Freiwillig surft dorthin keiner der Verbissenen.

Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie mir Ihre Website von den lieben Mitstreitern nach allen Regeln der Kunst als infames "Sprachrohr der Industrie" eingeimpft wurde. Eine zeitlang ging sogar das Gerücht, hinter "RDW" stecke kein Wölfle, sondern ein gut bezahltes Autorenkollektiv, dessen einziger Zweck es sei, unbescholtene Mobilfunkgegner nach Strich und faden fertig zu machen. Tückisch daran ist, dass sie sowas anfangen zu glauben, wenn es ihnen immer wieder und auch auch von unterschiedlichen Seiten nahe gebracht wird.

Dem Sog kann derjenige sich besser entziehen, der nicht in einen Verein oder eine Gruppe Gleichgesinnter eingebettet ist, die sich ständig gegenseitig auf Drehzahl halten. Weil es bei uns aber so war, dauerte es relativ lange, bis wir genug von den zahllosen Widersprüchen der Szene hatten und der Sog uns nicht mehr festhielt. Wahrscheinlich ist es die Hoffnung auf diesen Sog, die in der Szene die so beliebte Vereinsmeierei und das noch beliebtere Vernetzen bewirken. Der einzelne Mobilfunkgegner ist hilflos und deshalb so gut wie nie alleine in Aktion anzutreffen. Die Szene lebt - typisch fürs Wutbürgertum - von Schwarmintelligenz, die in Form regelmäßiger Injektionen wie den "Brennpunkten" von Diagnose-Funk verabreicht wird. Dass es nur vermeintliche Schwarmintelligenz ist, merken früher oder später die meisten und verschwinden, die übrigen haben ... aber das wissen Sie ja sowieso.

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, Schwarmintelligenz, Vereinsmeier, Brennpunkt, Kolportage

Mobilfunkgegner: auf Schwindel programmiert

RDW ⌂ @, Freitag, 27.01.2012, 13:00 (vor 4684 Tagen) @ H. Lamarr

Was die Industrie bezüglich nicht-ionisierender Strahlung und nicht-thermischen Effekten tatsächlich sagt, kann z. B. <hier> und deren Folgeseiten nachgelesen werden.


Igittigitt, der Link fordert von eingeschworenen Mobilfunkgegnern mindestens ein Kreuz, ein Knoblauchknolle und einen Holzpflock nebst Hammer. Freiwillig surft dorthin keiner der Verbissenen.

Ich finde es immer wieder erheiternd, wie manche, sich als honorig gebende Herrschaften, ihren Gegnern Aussagen unterstellen, die jene so nie gemacht haben. Sie schwindeln somit. Was durch einfaches Nachlesen leicht nachzuprüfen ist.
Und danach hört man von den gleichen Herrschaften solche Dinge wie etwa, daß sie unter Mobilfunkexposition leiden würden oder daß gewisse Studien seriös seien. Und erwarten dabei, daß man ihnen glaubt.
Ich finde das amüsant, oder naiv, oder auch unverschämt; irgendwie alles zusammen.

RDW

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Lügen, Selbstdarsteller

Wenn das Johann Wolfgang noch erlebt hätte ...

H. Lamarr @, München, Freitag, 27.01.2012, 12:44 (vor 4684 Tagen) @ RDW

Da hat der heutige Deutschlehrer und ehemaliger Drucker ...

Hensinger war der erste in der Elektrosmog-Szene, bei dem mir der manipulative Schreibstil aufgefallen ist, der mMn inzwischen auch bei Diagnose-Funk zu finden ist. Ich meine diese Kunst, Texte bewusst so missverständlich zu formulieren, dass der Fehler nicht auf dem Papier steht, sondern erst im Kopf des Lesers Gestalt annimmt. Der Verfasser ist dabei immer fein raus und kann unter lautem Wehklagen die Hände in Unschuld waschen. Beispiele, wo dieser Trick eingesetzt wurde, finden sich hier im Forum.

Wenn es stimmt, dass Hensinger Deutschlehrer ist, kann er sich nicht mehr darauf berufen, Dilettant zu sein. Mich bestärkt sein berufliche Hintergrund darin, dass hinter seinen unglücklichen Formulierungen volle Absicht steckt. Beim Mauscheln habe ich ihn ja schon einmal in Flagrante erwischt. Eigene Texte heimlich Nachbessern halte ich jedoch für nicht so schlimm wie Irreführung durch absichtlich missverständliche Texte. Am schlimmsten aber wäre es (für P.H.), flössen ihm seine missverständlichen Texte unabsichtlich aus der Feder.

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