Mietmaul-Agentur sucht Auftraggeber (Allgemein)
In Zeiten, wo geistlose Anglizismen Hochkonjunktur haben, kommt auf leisen Sohlen ein prächtiges neues Wort daher, das noch nicht einmal der Duden kennt, und das doch auf Anhieb jeder kapieren sollte: Mietmaul.
Inzwischen sind ein paar Jahre vergangen und die Idee des "Mietmauls" wurde verfeinert, professionalisiert und salonfähig gemacht. Es geht darum, sich in den redaktionellen Teil der Medien einzuschleichen und dort den eigenen Interessen dienliche Informationen zu verbreiten, die - normalerweise - unter den Gattungsbegriff "Eigenwerbung" fallen. Was dabei herausgekommen ist sind Agenturen, die völlig ungeniert ihre Dienste anpreisen. Mit Massenmails versuchen diese Agenturen an Aufträge heranzukommen. Wie eine solche Mail aussehen kann, zeigt folgendes Exemplar, das heute Morgen bei mir im Posteingang aufschlug:
************* Beginn Mail *************
Sehr geehrte Damen und Herren,
viele Unternehmen nutzen redaktionelle Berichterstattung in den deutschen Medien über Ihre Produkte und Neuheiten, um ihre Zielgruppe direkt anzusprechen.
Damit werden nicht nur enorme Werbeetats überflüssig, sondern auch glaubwürdige, fachliche Darstellungen Ihres Unternehmens in den Medien erreicht.
Wir stellten über die Jahre immer wieder fest, dass sich die Zahl der qualifizierten Interessenten dadurch immens steigern lässt, was höhere Absatzzahlen garantiert – komplett ohne lästiges Nachfassen.
Gute Verbindungen zu Journalisten und Redakteuren können hier weiterhelfen.
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Mit freundlichen Grüßen,
Juliana XXXXXXXXX
************** Ende Mail **************
Im Original der Mail ist natürlich ein Link enthalten, den ich hier nicht nenne.
Kommentar: Im Internetzeitalter stehen Werkzeuge zur Verfügung, die eine "Massenveraschung" (Astroturfing) der Gesellschaft mit nur geringem Aufwand ermöglichen. Die Entwicklung der Mobilfunkdebatte verläuft nicht zufällig parallel zur Entwicklung des Internets, ohne das www wäre aus meiner Sicht auch die Inszenierung der Mobilfunkdebatte nicht so gut gelungen. In der Kommerzialisierung des Mietmauls sehe ich eine nennenswerte Gefahr für die Meinungsbildung, nie zuvor war es einfacher, die Zitadellen häuslicher Trutzburgen einfach durch zwei Kupferleitungen zu erobern. Das einzig Gute an dieser besch... Entwicklung ist, dass auf dem selben Weg der Desinformation auch die Information vorrücken kann. Auf der Strecke bleiben voraussichtlich also wieder einmal die, die es seit Jahrtausenden trifft: "die Dummen", die nichts wissen (wollen) und deshalb alles glauben (müssen), was ihnen aufgetischt wird. Mit ihnen funktioniert das Konzept der Schleichwerbung am besten.
Dass es auch charmante Mietmäuler gibt, sogar in der Schweiz, denen auf den ersten Blick nichts vorzuwerfen ist, zeigt diese geschliffene Seite.
Wann wohl das Miethirn kommen mag?
--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
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- Mietmaul: Ein Wort sagt alles -
H. Lamarr,
22.03.2005, 23:15
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Schutti,
23.03.2005, 12:15
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H. Lamarr,
23.03.2005, 14:46
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Schutti,
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- Mietmaul: Ein Wort sagt alles - H. Lamarr, 23.03.2005, 20:19
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H. Lamarr,
23.03.2005, 14:46
- Mietmaul-Agentur sucht Auftraggeber - H. Lamarr, 30.11.2011, 11:33
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Schutti,
23.03.2005, 12:15