Elektrosmog-Grenzwerte: Vorsicht Bauernfänger (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 21.07.2011, 14:35 (vor 4899 Tagen)

Bei "Charles" auf der Website will jemand die Besucher der Seite aus meiner Sicht verarschen:

"Im übrigen war ich kürzlich in St. Petersburg, Russland. Die dort herrschenden weitaus tieferen Grenzwerte im Vergleich zu denjenigen von ICNIRP machten sich auf mich sofort positiv bemerkbar. Keine Müdigkeit, kein Tinnitus, keine Kopfschmerzen, keine Glieder- oder Gelenkschmerzen etc. Nichts. Rundherum Wohlbefinden wie in alten Zeiten, obwohl auch in dieser Stadt jedermann mit einem mobilen Telefon herumspaziert."

Wieso Bauernfängerei?

Ganz einfach. Nehmen wir mal an, die Russen würden nur 1/100 des hiesigen Grenzwerts zulassen (wie es wirklich ist lässt sich <hier> herausfieseln). Dann würden in St. Petersburg also nicht maximal 10 W/m² zulässig sein, wie bei uns, sondern nur 0,1 W/m² (100 mW/m²). So weit, so gut.

Wer nun aber durch München, Hamburg, Berlin, Wanne-Eickel oder Oberammergau spaziert, der wird mit Sicherheit nicht mehr oder weniger stark befeldet als in St. Petersburg. Warum? Weil hierzulande die Grenzwerte nur zu einem kleinen Bruchteil ausgeschöpft werden, die Funkfeldimmission (im Freien) ist in aller Regel unter 1 mW/m², erreicht selten 20 mW/m² und mir ist kein einziger Fall bekannt, wo 100 mW/m² gemessen wurden. Aus gutem Grund nennt der Autor des obigen Zitats auch keinerlei Messwerte, sie würden nämlich, weil vergleichbar zu hiesigen, belegen, dass er nur auf Bauernfängerei aus ist.

Kurz: Trotz unterschiedlicher Grenzwerte ist die Immission in St. Petersburg kein Jota anders als anderswo, wegen niedriger Grenzwerte ist in St. Petersburg lediglich die Grenzwertausschöpfung höher als in Westeuropa. Das ist der ganze Unterschied! Diese St.-Petersburg-Geschichte ist nur eine Variante der Dubai-Geschichte, die vor ein paar Jahren unter Sendemastengegnern wie ein Kelch mit Messwein herumgereicht wurde. Fakt ist: Die verbaute Mobilfunktechnik ist weltweit je nach Standard weitgehend identisch, die Physik der Wellenausbreitung ebenso.

Und warum berichtet jemand so einen Quatsch, wie den oben zitierten, geht damit auf Bauernfängerei? Weil dieser Jemand von der EMF-Angst profitiert. Er will E-Smog-arme Ferienwohnungen vermieten und hat deshalb ein vitales Interesse daran, die Angst vor Funkfeldern wach zu halten oder zu verstärken. Motiv: Mehr Nachfrage, bessere Auslastung und höhere Preise. Disoziale Marktwirtschaft eben.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Schwadronieren, Bauernfängerei, Grenzwertausschöpfung, Ferienwohnung


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