Eineiige Zwillinge erforschen Hodenzellen (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 27.04.2010, 23:57 (vor 5342 Tagen)

Gut, dass der 1. April vorüber ist, sonst hätte ich ernste Zweifel: Eineiige Zwillinge in Gestalt zweier hübscher Schwestern haben beim Landeswettbewerb "Jugend forscht" die Wirkung von Handys auf Hoden erforscht. Das ist der Stoff, aus dem die Träume sind. Alpträume, denn dpa hat die Story unter dem Titel "Handystrahlen töten Hodenzellen" in Umlauf gebracht. Das ist feinste Paniker-Rhetorik, wie sie die Bürgerwelle oder Omega-News nicht besser hätten ausbrüten können. Und es ist doch nur schlicht Desinformation, denn in der Meldung werden die Mädels zitiert: “Wir haben eine leichte Tendenz festgestellt, dass die Zellen bei Handy-Strahlung vermehrt absterben, aber das ist noch nicht signifikant.“ Aha. Und warum dann das Trara?! Naja, das habe ich versucht, eingangs anzudeuten. Niedrige Beweggründe eben ;-).

Wenn von der Meldung schon nicht viel zu halten ist, wirft folgendes Zitat die Frage auf, inwieweit sich die jungen Damen mit der Funktechnik auskennen: “Wir haben festgestellt, dass immer mehr Leute in unserer Umgebung ihr Handy in der Hosentasche tragen. Und da sind die Hoden nun mal in der Nähe“. Stimmt, aber ohne Headset telefoniert es sich mit einem Handy in der Hosentasche ausgesprochen umständlich, so dass anzunehmen ist, dass den jugendlichen Forscherinnen die Bedeutung eines Periodical-Location-Update nicht klar ist und sie irrtümlich glauben, ein Handy strahle auch im Standby "irgendwie immerzu" vor sich hin.

Wer als Kritiker die dpa-Meldung zum Anlass nimmt, die "Entdeckung" der beiden Mädels zum beginnenden Untergang des Mobilfunks hoch zu schaukeln, der hat mMn noch ein ganz anderes Problem, das sich in einem verzerrten Bewertungsmaßstab äußert. Dies wäre nicht das erste mal, dass so etwas in der Mobilfunkdebatte passiert, zuletzt waren es Schüler, die den "Geldrolleneffekt" mit bemerkenswerter Akribie erforschten. Aber: Wunderkinder sind sehr selten, und jugendliche Forscher dürfen selbstverständlich Respekt und Anerkennung für ihre Arbeiten erwarten, wer sie aber mit etablierten Wissenschaftlern auf eine Stufe stellt, der hat mMn nichts ehrenwertes im Sinn, sondern missbraucht die Jungforscher nur zur Stützung eigener Interessen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Jugend forscht, Fertilität, Hodenkrebs, Hosentasche

Eineiige Zwillinge erforschen Hodenzellen

Doris @, Mittwoch, 28.04.2010, 00:31 (vor 5342 Tagen) @ H. Lamarr
bearbeitet von Doris, Mittwoch, 28.04.2010, 01:17

Gut, dass der 1. April vorüber ist, sonst hätte ich ernste Zweifel

obwohl dieser Beitrag vom 01.April ist ;-)

wer sie aber mit etablierten Wissenschaftlern auf eine Stufe stellt, der hat mMn nichts ehrenwertes im Sinn, sondern missbraucht die Jungforscher nur zur Stützung eigener Interessen.

siehe den Leserbrief eines Szenenbekannten. Er nimmt den Artikel zumindest als Steilvorlage.

Um die aufkommende Panik etwas runterzufahren, muss das auch mal gesagt werden..

Auch reine Laboruntersuchungen sind zumeist nicht aussagekräftig. So zeigte eine wissenschaftliche Studie im vergangenen Jahr eine signifikante Verringerung der Vitalität und Beweglichkeit von Spermien, wenn man sie bei 21 Grad Celsius 16 Stunden lang mit elektromagnetischen Feldern hoher Frequenz bestrahlte.

Der Wiener Arbeitsmediziner Christian Wolf: "Man kann Ergebnisse von Zelluntersuchungen nicht auf den Gesamtorganismus übertragen. (...) Niemand wird seine Hoden in Wasser mit 21 Grad Celsius hängen und 16 Stunden vom 'Handy' bestrahlen lassen (Quelle)

Tags:
Wien, Arbeitsmediziner

Spermien-Schädigung: 14 von ca. 100 Studien fanden etwas ...

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 28.04.2010, 14:29 (vor 5341 Tagen) @ Doris

siehe den Leserbrief eines Szenenbekannten.

Na sowas, kann er es also doch! Nur in Diskussionsforen scheint es bei ihm noch immer nicht zu gehen, schade. Wenn also der Prophet nicht zum Berg kommt, dann eben umgekehrt, obwohl, den Propheten wird es nicht entzücken.

[Hinweis Moderator: Hier geht es zum Abgetrennten Posting "Peinliche Kommentare".]

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