Krebsregister: warum sie keine aktuellen Zahlen haben (Allgemein)
Wer recherchieren möchte, ob mit der Verbreitung des Mobilfunks nach einer gewissen Verzögerungszeit auch ein Anstieg der Krebserkrankungen einhergeht, der ist auf aktuelle Zahlen angewiesen. Denn weil der umstrittene GSM-Mobilfunk erst Mitte 1992 eingeführt wurde und Krebs sich bei seiner Entwicklung gerne viele Jahre Zeit lässt, kann sich ein erkennbarer Anstieg der Fallzahlen frühestens jetzt einstellen. Ein Blick in die Krebsregister ist jedoch enttäuschend: Die jüngsten Fallzahlen im Bayerischen Krebsregister stammen gegenwärtig aus dem Jahr 2005. Das sind auf den ersten Blick vier Jahre Rückstand. Warum der Strom der Fallmeldungen so träge fließt, fragte ich Dr. Martin Meyer vom Bayerischen Krebsregister. Seiner Erklärung zufolge gibt es stromaufwärts allerlei Staustufen, die jede Krebsfallmeldung erst alle überwinden muss, bevor sie schließlich im Register ankommt. Aber was rede ich lange, am besten lesen Sie selbst, was der Leiter des Krebsregisters nachfolgend zu diesen Staustufen schreibt:
Zunächst sollten Sie berücksichtigen, dass das Jahr 2005 bis zum 31.12.2005 dauert. Von Anfang 2006 bis Anfang 2009 sind es dann nur gut drei Jahre, nicht vier.
Beim Zeitbedarf für die Registrierung liegen wir in dem Rahmen, den auch alle anderen deutschen und internationalen Krebsregister benötigen.
Zunächst dauert es immer eine Weile, bis auf ärztlicher Seite alle Befunde für einen Patienten (Klinik, Pathologie, Bildgebung usw.) vorliegen. Kleinere Einrichtungen und niedergelassene Ärzte werden dann nicht jeden Fall einzeln an das Register melden, sondern z.B. nur quartalsweise.
Da sich in der Phase nach der ersten Diagnose laufend weitere Informationen durch Therapie und weitere Diagnostik zu dem Patienten ergeben können, macht es auch keinen Sinn, diese Fälle sofort zu melden, da sie sonst gleich wieder im Krebsregister aktualisiert werden müssten.
In den klinischen Registern, die in Bayern dem epidemiologischen Krebsregister vorgeschaltet sind, besteht dann der Dokumentations- und Klassifikationsaufwand nach den international üblichen Tumorklassifikationen. Oft muss wegen unvollständigen oder unplausiblen Informationen bei den Ärzten wieder nachgefragt und gewartet werden, um valide Daten zu erhalten. Dies ist sehr aufwändig. Wegen knapper Personalausstattung ist dieser Vorgang dann auch sehr zeitintensiv.
Die sechs klinischen Register melden aus Effizienzgründen nur halbjährlich Ihre Fälle an das epidemiologischen Register, wo somit jeden Monat neue Daten eingehen und verarbeitet werden.
Im epidemiologischen Register entsteht schließlich nicht unerheblicher Zeitaufwand beim Ausschluss von möglichen Duplikaten, der korrekten Zuordnung von Zweittumoren und der Erstellung von Berichten, Tabellen, Karten usw.
Viele Grüße
Martin Meyer
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Dr. Martin Meyer
Bevölkerungsbezogenes Krebsregister Bayern - Registerstelle -
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –