Verdeckte Forschungsförderung durch Tabakkonzern (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 27.03.2008, 18:31 (vor 5874 Tagen)

Verdeckte Forschungsförderung: Tabakkonzern finanzierte Lungenkrebs-Studie

Lungenkrebs ist in 90 Prozent der Fälle heilbar, verkündete im Jahr 2006 ein US-Forscherteam um Claudia Henschke. Die Studie sorgte damals für Aufsehen und Streit unter Medizinern. Jetzt ist ein brisantes Detail publik geworden: Ein US-Zigarettenhersteller (Liggett) hat die Studie mit 3,6 Millionen Dollar unterstützt.

Die These vom Lungenkrebs, der heilbar ist, wenn er nur rechtzeitig erkannt wird, dürfte bei den Herstellern der teuren Computertomographen gut angekommen sein - schließlich wollte Henschke vor allem dank der hohen Auflösung der Geräte die kleinen Karzinome entdeckt haben, die bei herkömmlichen Röntgenuntersuchungen noch nicht auffallen. Und auch Manager der Tabakindustrie dürften damals erfreut gewesen sein.

Henschke hatte in ihrer Studie im "New England Journal of Medicine" zwar angegeben, dass die Arbeit von einer Stiftung namens "Foundation for the Lung Cancer: Early Detection, Prevention and Treatment" unterstützt worden war. Dass diese vom Tabakkonzern Liggett Group Geld bekam, wurde jedoch verschwiegen.

Liggett wies den Vorwurf manipulierter Forschungsergebnisse zurück. Das Unternehmen habe die Lungenkrebsstudie "weder kontrolliert noch beeinflusst", sagte Sprecherin Carrie Bloom. Der Tabakkonzern selbst hat die Forschungsfinanzierung übrigens nicht verheimlicht: Im Jahr 2000 informierte die Vector Group, der Mutterkonzern von Liggett, per Pressemitteilung über eine Zahlung von 2,4 Millionen US-Dollar an das Forschungsprojekt der Cornell University.

Jeffrey Drazen, Chefredakteur des "New England Journal of Medicine", zeigte sich empört über den verschwiegenen Interessenkonflikt: "In den sieben Jahren, die ich hier arbeite, habe ich noch nie eine Studie publiziert, die von einem Zigarettenhersteller unterstützt wurde", sagte er der "New York Times". Auch beim "Journal of the American Medical Association" (Jama), wo die Henschke-Gruppe ebenfalls über ihre Lungenkrebsfrüherkennung publiziert hatte, ist die Überraschung groß: Man hätte die Studie nicht veröffentlicht, wenn man gewusst hätte, woher das Geld dafür gekommen sei, sagte Chefredakteurin Catherine DeAngelis.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Krebs, Interessenkonflikt, Ablenkung, Lungenkrebs, Spiegel, Tabakindustrie, Ablenkungsforschung, USA, Tobacco, Forschungsfinanzierung


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