Medien und der Umgang mit brisanten Themen (Allgemein)

Doris @, Montag, 11.02.2008, 23:00 (vor 5919 Tagen)

Initiative: Medien lassen brisante Themen unter den Tisch fallen Meldung vorlesen

Die deutschsprachigen Medien haben nach Meinung der "Initiative Nachrichtenaufklärung" auch 2007 gesellschaftlich brisante Themen unter den Tisch fallen lassen. Das herausragende Beispiel aus dem vergangenen Jahr seien Gebührenabsprachen der vier Handy-Netzbetreiber bei Anrufen in fremde Netze gewesen, urteilte eine Jury aus 18 Journalisten und Wissenschaftlern. Auch über die Abneigung von Politikern gegen Ombudsstellen, Qualitätsverluste im Journalismus, fruchtbarkeitsgefährdende Chemikalien oder die Bundestagsdebatte über die Entschädigung für deutsche Kolonialverbrechen sei nicht oder kaum berichtet worden.

Nach den Angaben sind in Deutschland lediglich die Gebühren für Anrufe innerhalb eines Handy-Netzes auf dem Niveau der Nachbarländer, bei Anrufen in fremde Netze liegen sie hierzulande hingegen deutlich höher. "Die Betreiber halten so die Kosten hoch, ich halte das für einen kartellrechtlichen Verstoß", sagte Jury-Mitglied Geribert Jakob, Medien- und Informationswissenschaftler an der Hochschule Darmstadt. Durch die Absprachen entstehe den Bürgern ein jährlicher Schaden in Milliardenhöhe. Die Medien hätten dieses brisante Thema möglicherweise deshalb vernachlässigt, weil sie gleichzeitig über überhöhte Roaming-Gebühren für Auslandsgespräche berichteten.

Ein Hauptgrund für die Vernachlässigung relevanter oder brisanter Themen sei, dass sie zu kompliziert sind und nicht in kurzer Zeit recherchiert und in kurzer Form verständlich dargestellt werden können, sagte Jury-Mitglied Peter Ludes von der Jacobs University Bremen. "Das ist eine Kosten-Nutzen-Analyse." Journalisten stünden unter enormem Zeitdruck. Gleichzeitig litten sie unter dem Druck von Anzeigenkunden oder auch von Unternehmen und Lobbyisten, die die Berichterstattung über heikle Nachrichten mit Prozessandrohungen verhinderten.

Die am Institut für Journalistik an der Technischen Universität Dortmund ansässige Initiative recherchiert seit 1997 solche vernachlässigten Themen, um sie in die öffentliche Diskussion einzubringen. Partner sind derzeit die Hochschule Darmstadt und die Universität Bonn. Aus den Vorschlägen wählt eine Jury einmal jährlich besonders relevante Themen aus. "Wir betreiben keine Journalisten-Schelte wegen vergessener Nachrichten, sondern hoffen, dass die Themen durch unsere Arbeit doch noch an die Öffentlichkeit gelangen", sagte Jakob. (

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Tags:
Medien, Roaming-Gebühr, Jacobs Universiät


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