SZ: Leserbriefe zu 'Strahlung als Metapher' vom 5.3.04 (Allgemein)
In der heutigen Süddeutschen Zeitung ist eine Auswahl an Leserbriefen zu dem Feuilleton-Artikel von Andreas Bernard 'Strahlung als Metapher' veröffentlicht.
Horrorszenario von Wirklichkeit weit übertroffen
Streit über Gesundheitsschäden durch Handys: Strahlung als Metapher
Die Leserbriefe stammen von:
Dr. Stefan Benz, Gesees
Thomas Grasberger, München
Prof. Dr. Klaus Buchner, München
Dr. Birgit Stöcker, Zorneding
Dr.-Ing. Hans Schmidt, Wolfratshausen
Patrick Raspe, Bielefeld
Helmut von Kracht, Gauting
Alfred Lödler, Germering
Mit SZ-E-Paper kann man sie nachlesen.
SZ vom 7.4.04, Seite 36 (print)
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SZ: Leserbriefe zu 'Strahlung als Metapher' vom 5.3.04
Auszug aus dem Leserbrief von Thomas Grasberger
Hätte Andreas Bernard für die späte Einsicht in die Notwendigkeit der Technologie andere Beispiele als Eisenbahn, Fahrstuhl, Telefon, Radio, Fernsehen gewählt, wäre er zu einem ganz anderen "geschichtsphilosophischen" Ergebnis gekommen: FCKW, Atomspaltung, Contergan, Holzschutzmittel, um nur einige zu nennen. In all diesen Fällen schlug der anfängliche Optimismus bald in böses Wehklagen um: Ozonloch, atomare Verseuchung, Krebs, schwerste Behinderungen, Siechtum. Von Erheiterung über die anfängliche Naivität im Umgang mit diesen Erfindungen, möchte man lieber nicht reden.
Solche Beispiele nennt Bernard im Zusammenhang mit dem Mobilfunk aber nicht. Er verabsolutiert vielmehr seine Teilwahrheiten und produziert damit just das, was er mobilfunkkritischen Autoren vorhält: Ideologie. Die Ideologie der Technikgläubigen, die als lächerliche Maschinenstürmer all jene diffamieren, die Fragen stellen. Etwa die Frage, warum man die Gesundheitsverträglichkeit einer Technologie wie Mobilfunk nicht eingehend untersucht, bevor sie flächendeckend installiert wird. Oder warum man Menschen weiter diesem Freilandversuch aussetzt, obwohl sich Hinweise und Verdachtsmomente auf Gesundheitsschäden durch Mobilfunk mehr und mehr verdichten.
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SZ: Leserbriefe zu 'Strahlung als Metapher' vom 5.3.04
Auszug aus dem Leserbrief von Prof. Dr. Klaus Buchner, München
In der ersten Zeit des Fernsehens war Röntgenstrahlung, die von Bildschirmen ausging, sehr real und hatte nichts mit einer "Metapher" zu tun.
Wie wenig der Autor mit den Grundlagen der Physik vertraut ist, zeigt er an der Diskussion des Wortes "Strahlung". Es ist keineswegs ein "physikalisch unzureichender Begriff", sondern eine genau definierte Erscheinung, und die Mobilfunkstrahlung fällt nun einmal darunter. Als subjektive Beschwerden können die Wirkungen der Mobilfunkstrahlung wirklich nicht abgetan werden. Denn Veränderungen im Blutbild, Erbschäden und Verhaltensstörungen von Tieren, die statistisch einwandfrei nachgewiesen wurden, sind sicher nicht psychologisch zu erklären. Auch Zellhaufen, an denen Veränderungen nachgewiesen wurden, haben wohl keine Psyche. Und man kennt bereits Wirkungsmechanismen, die zumindest einige der beobachteten Schäden erklären können.
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SZ: Andreas Bernard 'Strahlung als Metapher'
Der Feuilleton-Beitrag von Andreas Bernard 'Strahlung als Metapher' ist hier im IZGMF-Forum nachlesbar mit dem Eintrag vom 06.03.2004
SZ: Leserbriefe zu 'Strahlung als Metapher' vom 5.3.04
Auszug aus dem Leserbrief von Dr. Stefan Benz, Gesees
Das angeführte Beispiel Eisenbahn ist wenig überzeugend, wurden doch angebliche Gesundheitsgefahren durch dieses Fortbewegungsmittel schon zu ihrer Zeit als Kuriosa behandelt und dementsprechend kolportiert. Heute deuten sie eher auf die Unzulänglichkeit der Naturwissenschaft Medizin hin. Mit ein wenig historischer Quellenkritik ließen sich also Pauschalurteile über das, was in der Geschichte angeblich schon immer so war, ins Reich der Irrelevanz verabschieden. Das Horrorszenario, das um die Jahrhundertwende die Kritiker des Automobils entworfen haben, wurde hingegen von der Wirklichkeit noch weit übertroffen. Nur haben sich die Normen in der Gesellschaft über das, was noch hinnehmbar ist, offensichtlich entschieden gewandelt. Diesen Wandel beschreibt die Geschichte.
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SZ: Leserbriefe zu 'Strahlung als Metapher' vom 5.3.04
Leserbrief von Dr. Birgit Stöcker, Zorneding
Andreas Bernard beschreibt einen "umstrittenen Assimilationsprozess technischer Geräte" mit einem Hinweis auf "ewig Gestrige" und deren "Erregung des Anfangs über das Risiko der Nebenwirkungen". Dabei ist ihm wohl entgangen, dass es eine andere Gruppe von ewig Gestrigen gibt, die noch nicht bemerkt, dass die Menschheit in den vergangenen zehn Jahren seit Einführung des flächendeckenden Mobilfunks und der damit verbundenen Dauerberieselung mit elektromagnetischen Wellen einen physiologisch-evolutionären Sprung vollzogen hat. Der Stoffwechsel, das Blut, der Energie- und Wasserhaushalt sowie anderes haben sich verändert.
Altbewährte diagnostische Verfahren und Therapien greifen nicht mehr. Entsprechend erhöht sich in den Statistiken die Zahl der Fälle über Zivilisationserkrankungen. Die Krankenkassen sind mit der Finanzierung überfordert. Anstatt die Aussagen der Medizin zu überdenken und auf die heutige physiologische Situation zuzuschneiden, halten viele Ärzte und Wissenschaftler an den alten Thesen ihrer Professoren fest.
Bernards Sarkasmus zur "Angst vor Mobilfunk" und weiterem "Elektrosmog" zeugt von medizinischer Unwissenheit. Die Geschichte der technischen Errungenschaften läuft parallel zur Historie der Zivilisationserkrankungen. Schulmedizin und Pharma-Industrie verzeichnen einen Boom wie nie zuvor. Nun gibt es seit einigen Jahren die Umweltmedizin als neue etablierte Disziplin, die sowohl Elektrosensibilität als auch Elektroschädigungen diagnostizieren und zum Teil auch therapieren kann. Sie wird dem Massenelend der technologisierten Moderne gerecht. Dies sollte Schule machen.
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SZ: Leserbriefe zu 'Strahlung als Metapher' vom 5.3.04
Leserbrief von Dr.-Ing. Hans Schmidt, Wolfratshausen
Während in Schweden Elektrosensibilität längst ein anerkanntes Krankheitsbild ist, über das auch in der Bundesdrucksache (Sachstandsbericht gesundheitliche und ökologische Aspekte bei mobiler Telekommunikation und Sendeanlagen, A-Drs. 15(17)77 vom November 2002) berichtet wird, schreibt Andreas Bernard: "Vielleicht gibt es tatsächlich eine Personengruppe, die auf elektromagnetische Felder stärker reagiert und deren Beschwerden keinesfalls bagatellisiert werden darf." In Schweden sind heute etwa 30 Prozent der Bevölkerung elektrosensibel; in Deutschland, wo diese Technologie wesentlich später eingeführt wurde, je nach Statistik zwischen fünf und zehn Prozent. Tendenz steigend.
Die "Schein"-Gefährlichkeit der Mobilfunkstrahlung wird, in derselben Bundesdrucksache, dokumentiert durch 75 Prozent der Primärstudien der vergangenen vier Jahre, die zumindest schwache biologische Effekte nachweisen. Welche Arznei wäre genehmigt worden mit solchen Referenzen? Aber es geht hier nicht um Medizin, sondern um technischen Fortschritt. Und die gesamte Bevölkerung darf in diesem Großversuch unfreiwillig mitmachen, ein Entkommen ist nicht mehr möglich, weil eine flächendeckende Bestrahlung Tag und Nacht von der Bundesregierung für die Erteilung der Lizenzen vorgeschrieben wurde.
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SZ: Leserbriefe zu 'Strahlung als Metapher' vom 5.3.04
Leserbrief von Alfred Lödler, Germering
Nach Meinung von Andreas Bernard können offensichtlich auch Tiere hysterisch reagieren. Mir sind Fälle aus Bayern und Österreich bekannt, in denen Bauern mit ihren Rindern längere Zeit friedlich neben Mobilfunkmasten lebten. Plötzlich traten an mehreren Tieren Verhaltens- und Gesundheitsstörungen auf: Nervosität, Augenentzündungen, Fehlgeburten, Fruchtbarkeitsstörungen - mehrere Tiere mussten sogar notgeschlachtet werden. Es stellte sich heraus, dass die Erkrankungen auftraten, nachdem die Sendemasten in Betrieb genommen wurden. Aber laut Bernard ist das alles harmlos - schließlich fehlt darüber der "wissenschaftliche Nachweis".
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