Spaarmann warnt vor Gefahren für Gesundheit (Allgemein)
Spaarmann warnt vor Gefahren für Gesundheit
Tauchaer Mobilfunk-Kritiker plädiert für schonendere Techniken
Taucha. Stefan Spaarmann setzt sich in nationalen und internationalen Arbeitsgruppen sowie in der Ökologischen Demokratischen Partei für umweltverträglichen Mobilfunk ein und wandte sich unlängst auch an Bundeskanzlerin Angela Merkel (siehe Hintergrund). Die Kreiszeitung sprach mit dem 68-jährigen promovierten Physiker.
Frage: Haben Sie schon eine Antwort von der Bundeskanzlerin erhalten?
Stefan Spaarmann: Nein, und ich glaube auch nicht, dass sie den Brief zu lesen bekommt. Irgendwann erhalte ich sicher eine nichtssagende Antwort von einem ihrer Mitarbeiter. Dennoch haben Sie sich an die Regierungschefin gewandt.
Warum?
Ich habe die leise Hoffnung, dass ihr das Thema doch angetragen wird und Sie mit ihrer naturwissenschaftlichen Denkweise die uns beschäftigenden Probleme erkennt und handelt.
Frage: Welche Probleme wären das?
Der massiv vorangetriebene Ausbau vom Mobilfunknetzen führt zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die offiziell ignoriert werden. Bei der Anwendung der drahtlosen Kommunikation müsste viel vorsichtiger vorgegangen werden. Das geschieht nicht. Hier wird aufgrund des Profitinteresses der Mobilfunkindustrie das im Grundgesetz verankerte Recht auf Schutz der Gesundheit verletzt. Die Politik ignoriert das Vorsorgeprinzip und greift nicht ein. Schließlich wurden allein mit den UMTS-Lizenzen 50 Milliarden Euro eingenommen. Entsprechend hoch wären die Schadensersatzforderungen der Industrie. Und das kann sich die Bundesregierung nicht leisten.
Frage: Es ist doch auch gar nicht erwiesen, dass die Strahlung schädigt, zumal immer betont wird, dass die gültigen Grenzwerte eingehalten werden. Die Praxis zeigt, dass die Strahlung bei Dauereinwirkung weit unterhalb der Grenzwerte schädigt. Diese Werte berücksichtigen nur Erwärmungseffekte und erfassen nicht die Einwirkungsdauer sowie den Vorsorgeaspekt. Deshalb gibt es zusätzlich die Forderung des Bundesamtes für Strahlenschutz, die technische Strahlung so weit zu minimieren, wie möglich. Um diese Forderung kümmert sich niemand. Der ewige Streit um die Grenzwerte existiert nur, weil die meisten Studien durch die Mobilfunkbetreiber finanziert oder mitfinanziert werden. Diese scheuen technische Veränderungen und Wettbewerb. Fakt ist, dass es quasi zu jedem Gutachten mit unerwünschtem Ergebnis zu dem Thema später ein Gegengutachten gibt.
Frage: Aber auch die Mehrheit der Bevölkerung glaubt eher nicht den Warnungen der Mobilfunk-Kritiker. Die von Ihnen in Taucha mitbegründete Bürgerinitiative Funksignal gibt es quasi nicht mehr und erreichte nie große Mitgliederzahlen.
Es ist auch schwer, Gefahren wahr zu nehmen, die man nicht sieht, riecht oder schmeckt. Doch wer permanent der Mobilfunkstrahlung ausgesetzt ist, und oft wissen das die Betroffenen gar nicht, wird unweigerlich gesundheitlich geschädigt. Deshalb halte ich es nach wie vor für verantwortungslos, dass auf Tauchas Gymnasium Mobilfunk-Antennen stehen sowie in Haus II die Rathausantenne direkt hineinstrahlt, und dass die poltitisch Verantwortlichen in dieser Stadt das Problem nicht sehen wollen.
Frage: Warum ist Ihrer Meinung nach die Strahlung gesundheitsschädigend?
Nicht nur unsere Zellen im Gehirn, auch die des ganzen Körpers kommunizieren miteinander. Es gibt neue Erkenntnisse, dass diese Kommunikation durch dauernde Funkstrahlung beeinträchtigt wird, ja auf Dauer das Erbgut irreparabel und vererbbar geschädigt wird.
Frage: Was schlagen Sie vor, Handys abschaffen?
Nein, im Gegenteil. Wir sind für Handys, aber bessere. Und wir fordern von der Industrie, dass sie auf schonendere Techniken umrüstet. Da gibt es Möglichkeiten. Vordringlich aber muss die Leistung der Dachantennen radikal gesenkt werden.
Frage: Was kann Otto Normalverbraucher tun, wenn er nun doch skeptisch ist und das Gesundheitsrisiko minimieren möchte?
Der sollte als erstes das ständig sendende drahtlose DECT-Telefon zuhause abschaffen, Handys nur im Bedarfsfall einschalten, die Telefonate kurz halten und möglichst im Freien führen, das reduziert die Strahlung. Und jeder sollte wissen, wie die so genannten Strahlungskeulen naher Mobilfunkantennen verlaufen. Sie sollten keinesfalls ins Kinderzimmer oder Schlafzimmer strahlen. So etwas kann man messen lassen.
Interview: Olaf Barth
Hintergrund:
Der Tauchaer Stefan Spaarmann hatte es im Auftrag mobilfunkkritischer Organisationen übernommen, den so genannten Wimax-Appell an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu senden. Mit dem vierseitigen Appell wollten Ärzte, Wissenschaftler und Techniker die im Dezember vollzogene Versteigerung von neuen Funk-Frequenzen verhindern, machten unter anderem auf die ihrer Meinung nach gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch die Überfrachtung mit schnurlosen Techniken aufmerksam und forderten, dass die Milliardenprofite der Industrie nicht wichtiger sein dürfen als das im Grundgesetz verankerte Recht auf Gesundheitsschutz. Spaarmann fügte dem Appell noch einige Bermerkungen an die Bundeskanzlerin an, "von Physiker zu Physikerin³. Darin versicherte er der Politikerin, dass das Motto engagierter Bürger "Mobilfunk ja, Gesundheitsgefährdung nein³ bei vertretbarem Aufwand technisch machbar sei. Nur stünden dem die Interessen der Industrie entgegen. Mit ihrer Richtlinienkompetenz könne die Kanzlerin eine ökologische Wende in der Kommunikationstechnik einleiten. "Zum ersten Mal in der Geschichte steht eine Physikerin an der Spitze eines wichtigen Industriestaates. Das ist Chance und Verpflichtung zugleich³, ermutigte Spaarmann die Regierungschefin zum Handeln.
Quelle: Delitzscher Eilenburger Kreiszeitung
veröffentlicht am 05.01.2007