HF-EMF-Exposition in Autos auf Europas Straßen (Forschung)

H. Lamarr @, München, Freitag, 12.04.2024, 00:50 (vor 31 Tagen)

Eine kürzlich in Europa durchgeführte Studie untersuchte, welche HF-EMF-Immissionen in einem Auto auftreten, das ausgedehnte Straßenfahrten von gesamt mehr als 1900 Kilometer unternimmt. Die Messungen wurden während der Fahrten durch sieben Länder Europas durchgeführt, der Höchstwert von 17,7 V/m wurde auf einer Autobahn in Österreich registriert. Obwohl Menschen im Mittel täglich 55.Minuten in ihren Autos verbringen, ist den Autoren zufolge zuvor nicht untersucht worden, welcher HF-EMF-Exposition sie dort ausgesetzt sind.

Die Studie wurde unter dem Titel "Assessment of Electromagnetic Field Exposure on European Roads: A Comprehensive In Situ Measurement Campaign" im Juni 2023 in dem Fachmagazin Sensors veröffentlicht (Volltext). Autoren sind eine Bulgarin und zwei Bulgaren, alle drei stehen in Diensten von zwei bulgarische Universitäten.

Medianwerte unspektakulär

Unterschiedlich viele Messfahrten (maximal sieben, mindestens zwei) wurden in Österreich, Bulgarien, Kroatien, Ungarn, Italien, Slowenien und Serbien unternommen. Der Median lag in dem meisten Ländern je nach Strecke zwischen 0,23 V/m und 0,24 V/m, nur in Österreich und Slowenien lag er mit Werten zwischen 0,28 und 0,31 V/m etwas höher. In der Liste der gemessenen Maximalwerte liegt Österreich mit 17,7 V/m unangefochten an der Spitze, Platz zwei hat Bulgarien (11,3 V/m), Platz 3 geht an Italien (9,9 V/m). Der niedrigste Maximalwert wurde wiederum in Österreich gemessen (1,3 V/m), allerdings auf einer anderen Strecke als die, welche den Spitzenwert hervor brachte. Die Minimalwerte in allen Ländern und auf allen gefahrenen Strecken liegen alle bei 0,1 V/m, sie unterscheiden sich nur in weiteren Nachkommastellen.

Das Mobile & Wireless Forum (MWF), ein Interessenverband der Telekomindustrie, war von der Studie so angetan, dass es das folgende Video produzieren ließ:



Detailliert dokumentierter Messablauf

Während der Messfahrten saßen zwei Personen im Fahrzeug (Fahrer, Messtechniker auf dem Beifahrersitz), die omnidirektionale (3-achsige) E-Feld-Messsonde war auf der Rücksitzbank platziert, 50 cm entfernt vom Fahrzeugdach und 40 cm entfernt vom nächstgelegenen Fenster. Außerhalb von Ortschaften fuhr das Fahrzeug während der Messungen konstant 110 km/h, innerorts brav 50 km/h. Die E-Feld Messsonde war das Modell LSProbe 1.2 von Lumiloop in der Variante E, das den Autoren zufolge im relevanten Frequenzbereich einen sehr kleinen Messfehler von ±1,0 dB bis ±1,4 dB hat.

Keine Zuordnung der Messwerte zu konkreten Funkdiensten

Für ihre Messfahrten wählten die Autoren für die Messsonde den Frequenzbereich 30 MHz bis rd. 8 GHz. Wenn ich die Studie und das Datenblatt der Sonde richtig verstanden habe, wurde in diesem Frequenzbereich breitbandig gemessen. Hinweise auf eine frequenzselektive Messung konnte ich in den beiden Dokumenten nicht finden. Da im Frequenzbereich 30 MHz bis rd. 8 GHz jedoch neben Mobilfunk noch viele andere Funkdienste betrieben werden (z.B. UKW-Rundfunk, BOS-Funk, TV, Amateurfunk, Radar, DAB+ usw.) lassen sich die Messwerte keinem Funkdienst verbindlich zuordnen. Folglich können die Autoren nur vermuten, dass der Messwert 17,7 V/m in Österreich eine Folge der guten Mobilfunkversorgung entlang der Autobahnen der Alpenrepublik ist. Dem Mobiltelefon des Fahrers oder Beifahrers ist der Ausreißer jedenfalls nicht anzulasten. Denn den Autoren zufolge wurde selbstverständlich darauf geachtet, dass diese Endgeräte während sämtlicher Messfahrten ausgeschaltet waren :-).

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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