Auf Einladung der Ärztekammer: George Carlo in Wien (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Freitag, 18.05.2018, 13:12 (vor 2212 Tagen)

Am 17. Mai 2018 war der US-Amerikaner George Carlo in Wien. Er hielt auf Einladung der Wiener Ärztekammer in deren Geschäftsräumen den 45-Minuten-Vortrag "Wireless: Today, Yesterday and the Way Forward". Dies wäre nicht weiter der Rede wert, wäre George Carlo kein Lobbyist, über dessen dubiose Rolle in den USA (u.a. für die Tabakindustrie) auch Wiener Ärzte sich im Vorfeld hätten schlau machen können. Einem Mann wie Carlo eine Bühne zu bieten zeigt, wie wenig die Kammer tatsächlich über die Mobilfunkdebatte und ihre schillernden Vertreter weiß. Verantwortlich für den Fehlgriff ist Piero Lercher, Umweltreferent der Ärztekammer, der für den 17. Mai zu dem Nachmittagssymposium "Vienna Symposium on Safe Use of Digital Technology" geladen hatte. Referenten waren neben Carlo Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres, Konstantinos Prokakis, Pressesprecher der griechischen Botschaft in Wien, die Zypriotin Stella Canna Michaelidou und als Lokalmatador Wilhelm Mosgöller von der Medizinischen Universität Wien, der mit Carlo bereits in dem vermeintlichen Anti-Mobilfunk-Aufklärungsfilm "Thank You for Calling" aufgetreten ist. Im bunt zusammengewürfelte Grüppchen der Referenten ist niemand, der Mobilfunkgegnern nicht nahe steht. Insofern konnte das Symposium nicht mit Ergebnisoffenheit punkten, sondern – und dies ist beschämend für die Ärzte, lediglich vorgefasste Anti-Mobilfunk-Standpunkte festigen.

Das Marketing für die Veranstaltung war schlecht, der Szene der deutschsprachigen Mobilfunkgegner blieb das Ereignis daher weitgehend verborgen. Kein Wunder, dass das Symposium, obwohl unentgeltlich angeboten, alles andere als ausgebucht war. Wird nach dem Titel der Veranstaltung gesucht, gibt es derzeit bei Google weltweit nur bescheidene elf echte Treffer.

Was die Ärztekammer über ihre eigene Veranstaltung schreibt lässt sich <hier> nachlesen, das Programm des Symposiums gibt es <dort>.

Insgesamt lässt sich feststellen, das Symposium in Wien war eine fachlich unbedeutende Veranstaltung mit schwacher Resonanz, die wegen des Auftritts von George Carlo einen weiteren großen dunklen Fleck auf der ohnehin schon fleckigen weißen Weste der Ärztekammer Wien hinterlässt. Wien ist auch die Stadt, an deren Medizinischer Universität im Rahmen des "Reflex"-Forschungsprojekts die weltweit bislang einzigen Mobilfunkstudien durchgeführt wurden, die bis heute unter Fälschungsverdacht stehen.

Die Wiener Ärztekammer kritisiert seit mehr als zehn Jahren eher schlecht als recht die Mobilfunktechnik. Es wirkt alles etwas krampfhaft und ohne Eigenkompetenz, was die Kammer im Laufe der Zeit gegen Mobilfunk ins Feld führte, beispielhaft sind etwa die abgedroschenen "Zehn Medizinischen Handyregeln", auf denen die Wiener Interessenvertretung der Ärzte seit einer Dekade Jahr für Jahr herum reitet. Ähnlich formulierte Allerweltsregeln findet man im Internet an vielen Ecken. Dabei gäbe es durchaus wirksamere und exklusive Tipps für Handynutzer, wie sich die Immission vorsorglich minimieren ließe. Doch diese Tipps kennt die Wiener Ärztekammer nicht.

Hintergrund
Ärzte und Mobilfunk: schlechte Noten für Mediziner

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Filz, Veranstaltung, Seilschaft, Netzwerk, Mosgöller, Carlo, Ty4C, Abstieg, Lercher, Ergebnisoffenheit, Zypern, Szekeres, Aerztekammer für Wien, SCIgenia


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