Dopamin, das Dope der Mobilfunkkritiker (Allgemein)

Alexander Lerchl @, Montag, 21.05.2012, 10:42 (vor 4570 Tagen)

Es wundert mich schon lange, warum trotz aller Studien, die mit überwältigender Mehrheit keinerlei gesundheitlichen Effekte von Mobilfunk auf den Menschen konstatieren, einzelne Personen vollkommen resistent gegenüber diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen sind und sie z.T. sogar als gezielt manipuliert verdächtigen. Dabei rede ich jetzt nicht von offensichtlich wirtschaftlichen Profiteuren der „Diskussion“ (die ja eigentlich keine mehr ist, es sei denn rekursives Phrasendreschen fällt darunter), also Verkäufern und Herstellern von Messgeräten, manchen Baubiologen etc., sondern von den wirklichen Überzeugungstätern, deren Lebenszweck es zu sein scheint, die apokalyptischen Auswirkungen des Mobilfunks anhand eigener Erfahrungen immer und immer wieder bis zum kollektiven Erbrechen vorzutragen und/oder als „Wissenschaftskritiker“ kompetenzfrei ein episches Traktat nach dem anderen zu schreiben.

Nun ist mir ein Schriftstück in die Hände gefallen (Seminararbeit), das Licht ins Dunkel bringt. Es geht dort um die Abhängigkeit vom Internet. Nach einer Einführung zum Thema „Sucht“ im Allgemeinen geht es um die besonderen Situationen, denen Menschen im Zusammenhang mit der exzessiven Nutzung des Internet ausgesetzt sind (Internet-Sucht). Dabei spielt das Hormon bzw. der Neurotransmitter Dopamin eine entscheidende Rolle. Dopamin wird auch als „Glückshormon“ bezeichnet, da es bei positiven Erlebnissen vermehrt ausgeschüttet wird. So ist z.B. bekannt, dass Internet-Vielnutzer einen höheren Dopamin-Spiegel haben als Nicht-Nutzer. Zitat: „Viele Games lösen beim Spieler eine wahre Flut von Erfolgserlebnissen aus. Solche Erlebnisse vermittelt die reale Welt viel zu selten. Fritz spricht sogar von einer „Dopamindusche“. Solcher Glückshormonausschüttung kann man verfallen, so sehr, dass man sich selbst vernachlässigt und jeglichen Kontakt zur echten, tristen Welt verliert. Da dies besonders bei der exzessiven Nutzung von Online-Rollenspielen geschieht, fordert Fritz von der Politik, diese Produkte generell mit dem roten USK-Siegel ("keine Jugendfreigabe") zu versehen.“

Foren sind so etwas Ähnliches wie Rollenspiele. Hier die Guten (Kritiker, „Betroffene“), dort die Bösen (Wissenschaftler, die nichts finden; ignorante Politiker und Behörden, Journalisten). Im Unterschied zu früher müssen die Schreiber nicht mehr Tage oder Wochen warten, bis sie eine Antwort bekommen (wenn sie denn eine bekommen), sondern erhalten eine Rückmeldung bereits nach Minuten, sei es durch die Information, wie oft ihr posting schon gelesen wurde, sei es durch eine Antwort. Manchmal wird auch etwas nachgeholfen, indem der Schreiber sich selbst unter einem anderen Pseudonym beipflichtet (wie Mr. Bean, der sich selbst eine Glückwunschkarte zum Geburtstag schreibt und diese stolz im Restaurant präsentiert).

Jedenfalls sind a) das „Veröffentlichen“ eines Beitrages, b) die Kenntnis, dass er gelesen wird, und c) Antworten darauf positive Erfahrungen und b) und c) Belohnungen, die das dopaminerge System so richtig in Schwung bringen und süchtig nach weiterer Bestätigung machen. Das erklärt vielleicht das Abschotten zur „echten, tristen Welt“. Hinzu kommt wohl (jedenfalls sind mir mehrere Fälle persönliche bekannt), dass ein soziales Korrektiv (Lebenspartner, Kinder, Freunde) oft fehlt.

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"Ein Esoteriker kann in fünf Minuten mehr Unsinn behaupten, als ein Wissenschaftler in seinem ganzen Leben widerlegen kann." Vince Ebert


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