Laienwissen im Vorsorgeprozess (Allgemein)
In dem Wälzer Späte Lehren aus frühen Warnungen der Umweltagentur lautet eine der späten Lehren:
Neben dem Fachwissen von Sachverständigen auch das Wissen von „Laien“ sowie lokal verfügbares Wissen heranziehen.
Auf Seite 208 heißt es dazu: Als Laien werden hier unter anderem Industriearbeiter, die Anwender der betreffenden Technologien und auch Anwohner angesprochen, da deren Lebensgewohnheiten und Verbraucherverhalten häufig am stärksten beeinflusst werden. Es geht hierbei nicht darum, dass Laien grundsätzlich bessere Kenntnisse hätten oder sich stärker für die Umwelt engagierten, vielmehr beruht der besondere Wert des „Laienwissens" in dessen ergänzendem Charakter, seiner - wie bereits angesprochen - gelegentlich festeren Verankerung in den realen Bedingungen und der damit einhergehenden Unabhängigkeit von den engen fachbezogenen Sichtweisen, die sich mitunter als Nachteil des Expertentums bemerkbar machen. Darüber hinaus stützt sich Laienwissen über eine Technologie oder bestimmte Risiken häufig auf andere Annahmen dessen, was wichtig ist oder welches Ausmaß an Kontrolle begründeterweise zu erwarten oder zu verlangen ist, während sich Spezialisten einfach ohne weitere eigene Überlegung an den Vorgaben orientieren.
Ein herausragendes Beispiel für den Beitrag von Laienwissen zum Regulierungsprozess ist die Sensibilisierung für neu entstehende Erkrankungsmuster im Arbeitsumfeld. Die Vorgeschichte der Anwendung von Asbest und PCB liefert Beispiele dafür, dass den Arbeitern bereits bekannt war,
was die Behörden erst später als ein ernstes Problem erkannten.
Heißt dies nun, dass aus Sicht der Umweltagentur z.B. Prof. Lerchl damit rechnen muss, dass sich auf einer Konferenz über mögliche biologische Nebenwirkungen der Funktechnik z.B. Frau Weber neben ihm nieder lässt? Nein, dies heißt es nicht, denn schon auf Seite 209 wird das Laienwissen differenzierter betrachtet:
Selbstverständlich muss das Laienwissen genauso sorgfältig einer kritischen Überprüfung unterzogen werden wie das Expertenwissen. Laien sind in ihrer Sichtweise nicht immun gegen oder gar noch anfälliger für die in diesen Schlussfolgerungen genannten Irrtümer und Schwierigkeiten. Ein Beispiel hierfür ist der als „Pensioners' Party Fallacy" bekannt gewordene Irrtum unter Asbestarbeitern, die als Beweis für die vermeintliche Unschädlichkeit von Asbest die Anwesenheit gesunder Rentner auf der Firmenweihnachtsfeier anführten.
Die Umweltagentur sortiert also ausgerechnet das "Laienwissen" aus, das in der Mobilfunkdebatte wie ein Krebsgeschwür wuchert und dort vieles bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Behauptungen, Unterstellungen, Verdächtigungen, Ahnungen, Mutmaßungen und pseudowissenschaflichem Getue räumt auch die Umweltagentur keinen Platz an der Sonne ein. Blöd nur, wenn gemäß "Anleitung" der Umweltagentur, die bekanntlich unter Sendemastengegnern den Ruf eines Schutzpatrons hat, die Argumentation von Mobilfunkgegnern kritisch geprüft wird und durchfällt, dann werden aus denen, die es soeben noch vergeblich mit Argumenten versuchten nicht selten im nächsten Atemzug Agitatoren, die ihr Scheitern mit Verschwörungsmythen rechtfertigen. Dies gibt der Debatte ihre absurden Züge. Da wird Laienwissen mit dem Laienglauben verwechselt, wie ihn mMn etwa Frau Weber repräsentiert.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –
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