Stärkere Sender in Städten häufiger (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Montag, 13.04.2015, 23:19 (vor 3532 Tagen) @ Der Rutengeher

Bislang galt das glatte Gegenteil als plausibel, da Mobilfunk auf dem Land größere Distanzen überbrücken muss und deshalb Handys wie Sendemasten mit höherer Leistung senden.

Stephan,

da habe ich Verständnisprobleme!

Fragen zur Netzplanung fallen in den Kompetenzbereich von "Kuddel", "Helmut" und "Raylauncher". Aber ob die hierher finden? Ich versuch's mal ersatzweise so gut ich kann.

In der Obersteiermark- im Mariazellerland, aber auch in den sonstigen Alpentälern im Ösi-land sind alle 2-3 km sogenannte Füllsender aufgestellt, die einerseits das Telefonieren ermöglichen (Zumindest A1) aber auch das Internet ganz gut abdecken!

Geht schon gut los: Füllsender kenne ich nur vom Rundfunk. Telefonieren würde ich GSM zuschlagen, Internet eher UMTS/LTE.

In einem Gespräch mit einem Techniker sagte mir der, dass eine geringe Sendeleistung auf dem Land vollkommen ausreichend sei, da
a) die Empfängerdichte relativ gering sei und
b) die Gebäude nicht diese Strukktur wie in den Städten aufweisen.

*Grübel* Mit a) komme ich nicht klar. Denn gerade weil die Teilnehmerdichte aufm Land gering ist, sind dort die Funkzellen groß (hohe Sendeleistung), um möglichst viele Teilnehmer zu erreichen. Mit b) gehe ich konform, da zu versorgende tiefe Häuserschluchten und sehr dichte Bebauung fehlen, muss die Sendeleistung aufm Land nicht noch höher sein.

In den Städten muss, lt. Auskunft des Technikers, mit einer wesentlich höheren Leistung gesendet werden, da sich dort wesentlich mehr Empfänger befinden und die Baudichte dies ebenfalls erfordern würde!

Sehe ich nicht so, zumindest nicht so pauschal. In Städten sind wegen hoher Teilnehmerdichte die Funkzellen klein (geringe Sendeleistung). In Innenstädten muss die Sendeleistung höher sein als am Stadtrand, weil dort i.a. die Bebauung die Funkfelder stärker dämpft.

Was nun?

Mit meinen Mutmaßungen ist dir nicht geholfen. Am besten überzeugst du dich also selbst. Macht aber ein bisserl Mühe. Hier ist das Senderkataster von Ösiland. Ab Maßstab 1:46'000 zeigt dir die Karte Senderstandorte an, deutest du mit der Maus auf so einen blauen Punkt, werden links die Daten der Station genannt. Die Sendeleistung wird in vier Kategorien portioniert, für deine Zwecke sollte das aber genügen:

Kategorie 1: < 15 Watt
Kategorie 2: 15 - 50 Watt
Kategorie 3: 50 - 100 Watt
Kategorie 4: > 100 Watt

In den Erläuterungen heißt es: Bei der Leistungsangabe handelt es sich um die Antenneneingangsleistung für den stärksten Sektor einer Station. Die Antenneneingangsleistung informiert über die maximale, technisch mögliche Leistung, die zur Versorgung eines Sektors (= Aussenderichtung für Funkwellen in eine, der ein bis zu vier Hauptsenderrichtungen einer Mobilfunkanlage) eingesetzt wird. Bei Mobilfunk hängt die Leistung stark von der Anzahl gleichzeitig geführter Gespräche beziehungsweise der übertragenen Datenmenge ab. Deshalb wird normalerweise der angegebene Maximalwert, wenn überhaupt, nur während kurzer Zeit am Tag erreicht. Ist eine Station mit mehreren Systemen (GSM, UMTS) ausgerüstet, werden deren Leistungen zusammengefasst.

Jetzt kannst du auf Tour gehen und 1000 Standorte untersuchen, 500 aufm Land, 500 in Städten. Ich habe mir 20 angesehen und sehe tendenziell eher deine Darstellung bestätigt, dass die starken Sender häufiger in den Städten sind. Für mich überraschend, hätte ich so nicht erwartet.

Aber Vorsicht: Wir reden jetzt von den Basisstationen (BS). In dem alten IZgMF-Beitrag aus 2004 ging es dagegen um Handys. 2015 sollte es noch immer so sein, dass Handys aufm Land stärker senden müssen als in Städten. Durch Netzverdichtung mögen ein paar Maschen neu hinzu gekommen sein, tendenziell müssen Handys in ländlichen Gebieten dennoch erheblich größere Distanzen bis zur nächsten BS überbrücken als in Städten.

Womit wir wieder bei der Cerenat-Studie angekommen wären. Es passt da noch immer nicht, denn Cerenat untersuchte nicht Hirntumor durch Sendemasten, sondern Hirntumor durch Handys. Gäbe es da einen Kausalzusammenhang, es müsste mMn genau umgekehrt sein, als wie bei Cerenat beobachtet, es müsste in der Stadt weniger und auf dem Land mehr Handynutzer mit Hirntumoren geben.

--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Netzverdichtung, Technik, Antenneneingangsleistung, Basisstation, Funkzelle, Sektor, Funkwellen


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