Stuss auf höchster Ebene: EU-Ausschuss (EWSA) über EHS (Elektrosensibilität)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 20.11.2014, 22:38 (vor 3663 Tagen)

Lesen und Staunen:

Electromagnetic hypersensitivity (EHS) is causing distress and loss of quality of life to a growing number of Europeans and according to new estimates, between 3 % and 5% of the population are electro-sensitive. The most common sources of Electromagnetic Radiation (EMR) pollution are mobile phone masts, cordless phones and Wi-Fi routers installed in the homes. All these emit microwaves permanently (24/7) in the places where they are installed.

Was sich wie die übliche Leier auf einer x-beliebigen Anti-Mobilfunk-Website liest, hat der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA, engl. EESC) verbockt, genauer eine Studiengruppe dieses Ausschusses.

Die hatte, man mag es kaum glauben, am 4. November 2014 zu einer Anhörung über Elektrosensibilität geladen. Dramatisch war das nicht, was dort geschah, zwischen 9:50 und 11:00 Uhr traten eine Handvoll Interessenvertreter auf:

Susana Galera Rodrigo, Professor of Administrative Law, King Juan Carlos University Madrid
Isaac Jamieson, Member of the group of stakeholders on electromagnetic fields for DG SANCO
Olle Johansson, Professor of Neuroscience, The Experimental Dermatology Unit, Karolinska Institute, Stockholm
Marc Cendrier, Robin des Toits (Association Nationale pour la Securité Sanitaire dans les Technologies sans fil)
Inés Ayala Sender, Member of the European Parliament

Moderator war Cveto Stantič, President der 15-köpfigen EESC-Studiengruppe "Elektrosensibilität", in der kein Deutscher sitzt.

Wenn man sich diese verschrobene Stellungnahme (Word-Datei, deutsch) der Studiengruppe zu Elektrosensibilität durchliest wird schnell deutlich: Hier sind Politiker am Werk, die aus Sekundärquellen schöpfen und die, da bin ich ganz sicher, von der einschlägig bekannten "interessierten Seite" gebrieft, also gezielt mit Desinformation gefüttert wurden. Wer genau diesmal der Drahtzieher im Hintergrund ist geht aus den veröffentlichten Papieren jedoch nicht hervor, vermutlich sitzt er in Frankreich. Wie kann so etwas passieren? Wieso wird für so einen Unsinn Steuergeld verschwendet? Wieso beschäftigt sich überhaupt dieser Ausschuss mit so einem Esoterikthema?

Auf dieser Seite bietet die Studiengruppe elf aktuelle Dokumente an (englisch), die sich mit dem Thema EHS/EMF befassen und anscheinend zur Meinungsbildung der Ausschussmitglieder beigetragen haben. Die Qualität der Papiere ist mMn gemischt, von dilettantisch bis substanziell.

Am 5. Dezember will die Studiengruppe zur nächsten Beratung zusammenkommen, dann soll Anfang Januar 2015 der Entwurf für eine Stellungnahme des Ausschusses entstehen und Ende Januar soll schließlich der Ausschuss seinen offiziellen Standpunkt zu EHS veröffentlichen. Nicht sonderlich schwer auszurechnen, was da drinstehen wird.

Die Bedeutung dieser Stellungnahme im EU-Tagesgeschäft wird mMn gegen Null gehen, wenn sie denn überhaupt registriert wird. Das aber ist nicht das Problem. Es sind vielmehr die zahlreichen Trittbrettfahrer, auch hierzulande, die mit solchen Stellungnahmen gerne wie wild wedeln, um den Anschein zu erwecken, irgendjemand Wichtiges habe sich ernsthaft mit der Phobie "Elektrosensibilität" befasst. Wir kennen ja alle das Geschrei um Europaparlament, EU-Umweltagentur und Europarat, wenn diese einem Mucks zum Thema gemacht haben - und wenn er noch so belanglos war wie beim Europarat.

Hintergrund
Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Chronik, Einflussnahme, EWSA, Lobbyisten, EESC, EU-Ausschuss


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