IARC wird EMF möglicherweise vor 2024 erneut eingruppieren (Forschung)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 09.05.2019, 23:33 (vor 2043 Tagen)

Im März 2019 begutachtete eine von der Internationalen Krebsagentur der WHO (IARC) einberufene Beratergruppe von 29 Wissenschaftlern aus 18 Ländern mehr als 170 krebsverdächtige Substanzen, um danach Empfehlungen auszusprechen, welche der Substanzen von der IARC bis 2024 unter die Lupe genommen werden sollten. Unter den Kandidaten waren neben von der Krebsagentur ungeprüften Substanzen auch solche, für die bereits IARC-Eingruppierungen (Monografien) vorliegen. Die Beratergruppe unterschied zwischen Empfehlungen mit hoher und niedriger Priorität. Ziel der Aktion ist es, den Wissensstand der IARC auf aktuellem Stand zu halten und veraltete Monografien auszuschließen.

Unter den mit hoher Priorität empfohlenen Agenzien für eine erneute Eingruppierung befinden sich auch die erst 2011 von der IARC untersuchten hochfrequenten Funkfelder (HF-EMF). Begründet wird dies damit, es gäbe eine bessere Nachweismethode (neuer Bioassay) und mechanistische Nachweise, die eine Neubewertung der bisherigen 2B-Eingruppierung (möglicherweise krebserregend) in der zweiten Hälfte des 5-Jahre-Zeitraums bis 2024 rechtfertigten. Ob die IARC der Empfehlung Folge leisten wird ist gegenwärtig offen.

In der Beratergruppe finden sich mit Fiorella Belpoggi und Oleg Grigoriev zwei erklärte Mobilfunkkritiker:

M M Marques (Portugal) — Meeting Chair; A Berrington de Gonzalez (USA) — Meeting Vice
Chair; F A Beland (USA); P Browne (France); P A Demers (Canada); D W Lachenmeier (Germany) — Subgroup Meeting Chairs; T Bahadori (USA); D K Barupal (USA); F Belpoggi (Italy); P Comba (Italy); M Dai (China); R D Daniels (USA); C Ferreccio (Chile); O A Grigoriev (Russia); Y C Hong (South Korea); R N Hoover (USA); J Kanno (Japan); M Kogevinas (Spain); G Lasfargues (France); R Malekzadeh (Iran); S Masten (USA); R Newton (Uganda and UK); T Norat (UK); J J Pappas (Canada); C Queiroz Moreira (Brazil); T Rodriguez (Nicaragua); J Rodríguez-Guzmán (USA); V Sewram (South Africa); L Zeise (USA)

Der Vorschlag, HF-EMF erneut einzugruppieren kommt überraschend, da die erste Eingruppierung erst acht Jahre zurückliegt und die Wissenschaft seither keine zweifelsfrei belastenden/entlastenden neuen Erkenntnisse gewonnen hat. Möglicherweise wurde die Beratergruppe von der öffentlichen Diskussion beeinflusst, entfacht von einigen Mobilfunkkritikern (z.B. L. Hardell), die HF-EMF gerne höher (schädlicher) eingruppiert sehen möchten (Gruppe 2A oder sogar 1). Ebenso könnte die weltweite 5G-Hysterie, die ebenfalls auf das Konto von Mobilfunkkritikern geht, die Beratergruppe beeinflusst haben. Doch es gibt auch andere Stimmen, die eine Vernachlässigung des Krebsrisikos niederfrequenter Magnetfelder (NF-MF) zugunsten von HF-EMF sehen. So gäbe es seit mehreren Jahrzehnten Hinweise auf einen ursächlichen Zusammenhang zwischen Magnetfeldern und Leukämie sowie Alzheimer. Diese Hinweise seien deutlich belastbarer als die Hinweise auf Gliome durch HF-EMF. Eine Neubewertung der ersten Eingruppierung von NF-MF aus dem Jahr 2001 durch die IARC sei deshalb wichtiger als die Neubewertung der noch jungen Eingruppierung von HF-EMF.

Kritik an der Empfehlung der Beratergruppe kommt auch aus Kreisen der Mobilfunkkritiker. Diese stören sich daran, dass die Beratergruppe die HF-EMF-Neubewertung in die zweite Hälfte des 5-Jahre-Zeitraums bis 2024 packte. Dann sei es zu spät, die Einführung von 5G wäre zu diesem Zeitpunkt bereits weitgehend abgeschlossen.

Hintergrund
Eingruppierungsschema der IARC für krebsverdächtige Substanzen

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
IARC, Hardell, Klassifizierung, Grigoriev, Belpoggi

Iarc: Neubewertung des HF-EMF-Krebsrisikos wahrscheinlich 2024

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 15.12.2022, 23:22 (vor 726 Tagen) @ H. Lamarr

Microwavenews berichtet, Elisabete Weiderpass, Direktorin der Internationalen Agentur für Krebsforschung (Iarc), habe sich im November 2022 anlässlich einer von der Französischen Agentur für Nahrungssicherheit, Umwelt und Arbeitsschutz (Anses) organisierten Fachveranstaltung in Paris zur geplanten Neubewertung des Krebsrisikos HF-EMF durch Iarc geäußert.

Am 23. November 2022 gab Weiderpass bekannt, dass eine Neubewertung der Beweise für die Verbindung zwischen hochfrequenter Strahlung und Krebs wahrscheinlich Anfang 2024 stattfinden wird. Eine entsprechende Entscheidung könnte in wenigen Monaten fallen.

Der Ruf nach einer neuen Iarc-Bewertung für HF-EMF wird seit einigen Jahren zunehmend lauter, nachdem zwei große Tierstudien veröffentlicht wurden, die eine erhöhte Anzahl von Tumoren nach lebenslanger Exposition gegenüber HF-Strahlung zeigten. Viele glauben, die Tierversuche ließen der Agentur kaum eine andere Wahl, als die Einstufung des Krebsrisikos von derzeit "möglich" um mindestens eine Stufe auf "wahrscheinlich" zu erhöhen, oder vielleicht sogar auf die höchste Einstufung, derzufolge HF-EMF dann ein bekanntes Karzinogen für den Menschen wäre.

Aber, wie Weiderpass bei ihrer Ankündigung auf einer Konferenz in Paris klarstellte, könnte das HF-Krebsrisiko stattdessen auch herabgestuft werden.

Es steht viel auf dem Spiel. weiter ...

Hintergrund
Teilnehmervorstellung der Anses-Veranstaltung vom 23. November 2022
Video-Präsentation der Teilnehmer (englisch)

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Iarc: Neubewertung des HF-EMF-Krebsrisikos nicht vor April 2025

H. Lamarr @, München, Sonntag, 21.01.2024, 23:55 (vor 324 Tagen) @ H. Lamarr

Microwave News meldet am 19. Januar 2024, die Neubewertung des Krebsrisikos von HF-EMF werde weiter auf sich warten lassen. Das stimmt. Frühestens im April 2025 könnte es so weit sein. Explizit sagt Iarc dies zwar nicht, der Monograph-Fahrplan der Krebsagentur lässt jedoch keine andere Interpretation zu.

Im Jahr 2011 klassifizierte eine von Iarc einberufene Arbeitsgruppe von Wissenschaftlern HF-EMF als für Menschen "möglicherweise krebserregend" in die Risikogruppe 2B ein und wenig später wurde dies mit dem Monograph 102 dokumentiert. Seither ist viel Wasser die Isar hinunter geflossen und neue Studien haben den wissenschaftlichen Horizont erweitert. Ein Beratergremium von Iarc empfahl deshalb 2019, HF-EMF noch vor 2025 einer Neubewertung zu unterziehen. Dann begann das ungeduldige Warten, wann genau es soweit sein wird. Im November 2022 ließ Iarc-Chefin Weiderpass verlauten, Anfang 2024 könnte das entscheidende Arbeitstreffen stattfinden. Doch Iarc ist in Verzug und kann diesen Termin nicht einhalten. Warum, das lässt sich Iarcs Monograph-Fahrplan entnehmen.

Dort ist erkennbar, dass das Jahr 2024 mit zwei Arbeitstreffen für die Monographien 136 und 137 sowie mit der Zusammenkunft der Berater mit Empfehlungen für die kommenden Monographien der Periode 2025 bis 2029 bereits jetzt voll ausgebucht ist. Und der erste Zeitschlitz im Jahr 2025 ist schon für die Monographie 138 reserviert. Vor April 2025 geht also nichts mehr, wahrscheinlich wird HF-EMF wenn überhaupt noch später im Jahr 2025 neu bewertet. Für alle, die es nicht erwarten können, empfiehlt es sich daher, die Webseite des Fahrplans im Auge zu behalten, um die ersehnte Ankündigung nicht zu verpassen.

Dass sich Iarc nicht an die Empfehlung der Beratergruppe hält, HF-EMF bis spätestens Ende 2024 neu zu bewerten, hat einen triftigen Grund. Die Krebsagentur will vernünftigerweise dieses Jahr bevorstehende wichtige neue Forschungsergebnisse abwarten wie die koreanische und japanische Replikation der NTP-Studie und die von der WHO in Auftrag gegebenen systematischen Reviews.

Organisierte Mobilfunkgegner hoffen darauf, Iarc wird bei der Neubewertung von HF-EMF das Risiko hochstufen in Gruppe 2A (wahrscheinlich krebserregend) oder sogar Gruppe 1 (krebserregend). Weiderpass gab sich 2022 anlässlich ihrer Äußerung jedoch ergebnisoffen. Sie könne nicht sagen, ob HF-EMF höher oder tiefer eingestuft werde, dies sei Sache der wissenschaftlichen Arbeitsgruppe, die darüber zu befinden habe. Was hätte die Iarc-Chefin auch anderes sagen sollen?! Wer den Auftritt von Elisabete Weiderpass selbst in Augenschein nehmen möchte, kann dies im Video unten ab Minute 54:50 tun (Englisch-Simultanübersetzung).

Hintergrund
Wie steht es eigentlich um die HF-EMF-Neubewertung durch IARC?

Ab Minute 54:50 geht die Iarc-Direktorin kurz auf die Planung der HF-EMF-Neubewertung ein.

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IARC wird HF-EMF nicht vor 2027 neu eingruppieren

H. Lamarr @, München, Sonntag, 01.12.2024, 22:04 (vor 10 Tagen) @ H. Lamarr

Jetzt isses amtlich: Auch 2025 wird die lange erwartete HF-EMF-Neubewertung des Krebsrisikos durch Iarc nicht stattfinden. Neuer Termin: bevorzugt 2028 oder 2029. Zu diesem Ergebnis kam eine von Iarc einberufe Beratergruppe, die Prioritäten für Iarc-Monographien im kommenden 5-Jahres-Turnus 2025 bis (Ende) 2029 setzte.

Im März 2024 traf sich eine Beratergruppe aus 28 unabhängigen Wissenschaftlern aus 22 Ländern in Lyon, Frankreich, um Prioritäten für die Karzinogenitätsbewertungen durch das Monographienprogramm der Internationalen Agentur für Krebsforschung (Iarc) im Zeitraum 2025–29 zu empfehlen. Iarc veröffentlichte den Bericht der Beratergruppe am 4. November 2024. Die mit Abstand meisten von mehr als 200 Kandidaten für eine Eingruppierung des Krebsrisikos gehen auf das Konto der chemischen Industrie. HF-EMF ist einer der wenigen physisch einwirkenden Kandidaten.

Lesen Sie nun in deutscher Übersetzung (Text kursiv), mit welcher Begründung die Beratergruppe Iarc die erneute Eingruppierung von HF-EMF mit hoher Priorität in der zweiten Hälfte des kommenden 5-Jahres-Turnus empfiehlt (englischer Originaltext ab Seite 171 des Berichts):

Aktuelle IARC/WHO-Klassifizierung

Die Strahlung hochfrequenter elektromagnetischer Felder (HF-EMF) (auch von drahtlosen Mobiltelefonen) wurde bereits 2011 von IARC in der IARC-Monographie, Band 102, als möglicherweise krebserregend für den Menschen (Gruppe 2B) eingestuft (IARC, 2013a), basierend auf begrenzten Hinweisen auf Gliome und Akustikusneurinome beim Menschen. HF-EMF wurde von der Beratungsgruppe für die Empfehlung von Prioritäten für die IARC-Monographien im Zeitraum 2020–2024 (IARC, 2019a) auf der Grundlage neuer Krebs-Bioassay-Nachweise in zwei unabhängigen Studien (siehe unten) als Kandidat mit hoher Priorität eingestuft.

Die WHO führt eine Bewertung der Gesundheitsrisiken von HF-EMF für eine Vielzahl von Endpunkten, einschließlich Krebs, durch. Diese wird als Monografie in der Reihe „Environmental Health Criteria“ veröffentlicht und basiert auf mehreren, derzeit laufenden, systematischen Reviews, die von der WHO in Auftrag gegeben wurden (Lagorio et al., 2021; Mevissen et al., 2022).

Expositionscharakterisierung

In der IARC-Monographie, Band 102, wurde HF-EMF-Strahlung als Strahlung im Frequenzbereich von 30 kHz bis 300 GHz definiert (IARC, 2013a). Die Exposition tritt in der Allgemeinbevölkerung und am Arbeitsplatz auf, wobei die Quellen Mobiltelefone, Funknetze, Fernsehen, Radio, 5G, Bluetooth, Mikrowellen, Kochfelder, industrielle Materialerwärmung, Radar, Diebstahlsicherungen und MRT umfassen (IARC, 2013a). Die Exposition gegenüber Mobiltelefonen ist allgegenwärtig, wenn man bedenkt, dass fast 95 % der Bevölkerung in Ländern mit hohem Einkommen und 49 % in Ländern mit niedrigem Einkommen ein Mobiltelefon besitzen (International Telecommunications Union, 2022). Es liegen Quellen-Expositionsmatrizen für die Allgemeinbevölkerung und Arbeitnehmer vor (Vila et al., 2016; van Wel et al., 2021).

Krebs beim Menschen

Der Bericht der Beratergruppe von 2019 (IARC, 2019a) wies darauf hin, dass die Ergebnisse epidemiologischer Studien, die zeitlich nach der IARC-Monographie, Band 102 veröffentlicht wurden, uneinheitlich waren (Benson et al., 2013; Hardell et al., 2013; Coureau et al., 2014; IARC, 2019a; Röösli et al., 2019). Nach dem Bericht der Beratergruppe von 2019 (IARC, 2019a) wurden die Ergebnisse der MOBI-Kids-Studie publiziert, einer internationalen Studie über Hirntumore und die Nutzung von Funktechnik durch Kinder und Jugendliche (Castaño-Vinyals et al., 2022), es gab die Aktualisierung der britischen Million-Women-Study (Schüz et al., 2022) und erste Ergebnisse der Europäischen Kohortenstudie zur Nutzung von Mobiltelefonen und Gesundheit (COSMOS) (Feychting et al., 2024). Die MOBI-Kids-Studie stellte kein erhöhtes Risiko für neuroepitheliale Hirntumore fest (Castaño-Vinyals et al., 2022).

In der Aktualisierung der Million-Women-Study wurde das zuvor berichtete erhöhte Risiko für Akustikusneurinome (Nutzung über 10 Jahre im Vergleich zu nie, RR, 2,46; 95 % KI, 1,07–5,64) (Benson et al., 2013) abgeschwächt (10+ Jahre Nutzung versus nie, RR, 1,32; 95 % KI, 0,89–1,96), und es wurde kein erhöhtes Risiko für andere Krebsarten (Gliom, Glioblastom, Hypophysen-, Augentumor) festgestellt; die Expositionsbewertung war jedoch ungenau. Die vorherige Analyse (Benson et al., 2013) ergab einen Ptrend = 0,03 für Akustikusneurinome nach Nutzungsdauer, eine solche Analyse fehlt jedoch in der aktualisierten Veröffentlichung (Schüz et al., 2022). COSMOS verfolgte 264'574 Teilnehmer über einen Median von 7,12 Jahren (Rekrutierung 2007–2012 in Dänemark, Finnland, den Niederlanden, Schweden und dem Vereinigten Königreich). Für 100 regressionskalibrierte kumulative Stunden von Telefonaten (länderspezifische regressionskalibrierte Schätzungen auf der Grundlage von Daten, die von den Betreibern erhoben wurden, wurden auf die gemeldeten Messwerte angewendet) betrug das HR 1,00 (95 % KI, 0,98–1,02) für Gliome, 1,01 (95 % KI, 0,96–1,06) für Meningeome und 1,02 (95 % KI, 0,99–1,06) für Akustikusneurinome (Feychting et al., 2024).

Die Nutzung von Mobiltelefonen war in der UK-Biobank-Kohorte mit einem Anstieg von Krebserkrankungen insgesamt und von nicht-melanozytärem Hautkrebs, Harnwegskrebs (nur bei Männern), Prostatakrebs und Vulvakrebs, aber nicht von Hirntumoren, verbunden (Zhang et al., 2024). Es gab auch einen signifikanten Trend bei der Nutzungsdauer für nicht-melanozytären Hautkrebs und Prostatakrebs (Zhang et al., 2024). Es bestehen jedoch Bedenken hinsichtlich einer Fehlklassifizierung der Exposition, da die Nutzung von Mobiltelefonen nur zu Studienbeginn erfasst wurde. Diese Ergebnisse stimmen nicht mit denen einer landesweiten dänischen Kohortenstudie überein (Schüz et al., 2006).

Die IARC-Monographie, Band 102, stuft Selektions- und Erinnerungsverzerrungen aus Fall-Kontroll-Studien als besonders besorgniserregend ein. Eine zum Zeitpunkt dieser Bewertung verfügbare Verzerrungsanalyse zeigt, dass die beobachtete J-förmige Reaktionskurve in der Interphone-Studie, das ist die größte Fall-Kontroll-Studie zur Nutzung von Mobiltelefonen, die zu den in Band 102 veröffentlichten Erkenntnissen beitrug, mit Selektionsbias erklärt werden könnte, was zu einer Unterrepräsentation nicht exponierter Kontrollen führt (Vrijheid et al., 2009a). Eine kürzlich durchgeführte Verzerrungsanalyse unter Verwendung von Monte-Carlo-Simulationen zeigt, dass die in der Interphone-Studie beobachtete J-förmige Beziehung mit einem Szenario größerer systematischer (> 10 %) und zufälliger Fehler in den Fällen im Vergleich zu den Kontrollen vereinbar war, bei denen keine Wirkung festgestellt wurde (Bouaoun et al., 2024). Validierungsstudien im Rahmen der Interphone-Studie zeigten, dass es kaum zu einer unterschiedlichen Fehlklassifizierung der Exposition zwischen Fällen und Kontrollen kam; bei starken Nutzern war die Überschätzung jedoch bei den Fällen größer als bei den Kontrollen (Vrijheid et al., 2009b).

Krebs bei Versuchstieren

Im Bericht der Beratungsgruppe von 2019 wurde auf die Verfügbarkeit neuer Daten aus der großen US-amerikanischen NTP-Studie hingewiesen, die eindeutige Hinweise auf eine erhöhte Inzidenz von malignen Schwannomen im Herzen (und möglicherweise einige Hinweise auf maligne Gliome im Gehirn) bei männlichen Ratten zeigen, die hochfrequenter Strahlung bei Frequenzen, wie sie von Mobiltelefonen verwendet werden, ausgesetzt waren; bei weiblichen Ratten wurde jedoch kein eindeutig erhöhtes Risiko festgestellt. Es wurden einige zweideutige Anzeichen für ein erhöhtes Auftreten von bösartigen Gliomen im Gehirn, bösartigen Schwannomen im Herzen und Phäochromozytomen im Nebennierenmark beobachtet (NTP, 2018a, b). In einer experimentellen Studie, die am Ramazzini-Institut durchgeführt wurde, wurde bei männlichen Ratten, die der höchsten Dosis ausgesetzt waren, ein erhöhtes Risiko für Schwannome des Herzens festgestellt (Falcioni et al., 2018). Internationale Studien, die darauf abzielen, die NTP-Studien zu verifizieren, werden derzeit in Japan und der Republik Korea durchgeführt und werden für 2024 erwartet (Ahn et al., 2022). Derzeit wird im Rahmen eines WHO-Risikobewertungsprojekts eine systematische Review der Auswirkungen von HF-EMF auf Krebs bei Labortieren durchgeführt (Mevissen et al., 2022).

Mechanistische Beweise

Der Bericht der Beratergruppe von 2019 stellt fest: „Die frühere IARC-Bewertung kam zu dem Schluss, dass es schwache Hinweise darauf gibt, dass hochfrequente Strahlung genotoxisch ist, es aber keine Hinweise auf Mutagenität gäbe (IARC, 2013a).“ Seitdem gibt es viele neue Veröffentlichungen zur Genotoxizität von HF-EMF-Strahlung, darunter auch Studien an exponierten Menschen. In mehreren Studien zu der von Mobiltelefonen emittierten Strahlung wurde die Bildung von Mikronuklei auf Zellen der Wangenschleimhaut nachgewiesen (Rashmi et al., 2020; Revanth et al., 2020). Andere Studien fanden keine Hinweise auf die Bildung von Mikronuklei (de Oliveira et al., 2017) oder keine schlüssigen Beweise für die Induktion von DNA-Schäden oder für Veränderungen der DNA-Reparaturkapazität in menschlichen Zellen, die mehreren Frequenzen von HF-EMF-Strahlung ausgesetzt waren (Schuermann et al., 2020). In anderen Studien wurden keine Auswirkungen der HF-EMF-Exposition auf die Oxidations- oder Antioxidationskapazität, die Apoptose oder Mutationen im TP53-Gen festgestellt, unabhängig von der Frequenz (Khalil et al., 2014; Gulati et al., 2020). Die Autoren einer Metaanalyse, die untersuchen sollte, ob von Mobiltelefonen ausgehende HF-EMF genotoxische oder zytotoxische Auswirkungen auf das orale Epithel haben, kamen zu dem Schluss, dass die Beweise für genotoxische Auswirkungen schwach sind (Dos Santos et al., 2020). In experimentellen Systemen gibt es eine umfangreiche Literatur zu Untersuchungen der Genotoxizität von HF-EMF (Meltz, 2003). Eine Studie zeigte, dass Rattengliome offenbar einige genetische Veränderungen mit IDH1-Wildtyp-menschlichen Gliomen gemeinsam haben, und auch Rattenherzschwannome weisen Mutationen in einigen der untersuchten Krebsgene auf (Brooks et al., 2024). Eine unabhängige systematischer Review zur Genotoxizität von HF-EMF in In-vitro-Säugetiermodellen ist im Gange (Romeo et al., 2021).

Darüber hinaus liegen Erkenntnisse im Zusammenhang mit anderen Krebsarten vor. Beispielsweise kann eine chronische Exposition gegenüber HF-EMF, die von Mobiltelefonen ausgestrahlt wird, bei Ratten oxidativen Stress und eine Entzündungsreaktion auslösen (Singh et al., 2020). Derzeit wird im Rahmen des WHO-Risikobewertungsprojekts ein systematischer Review der Auswirkungen von HF-EMF auf Biomarker für oxidativen Stress in vivo und in vitro durchgeführt (Henschenmacher et al., 2022). Mehrere Studien haben die Immuntoxizität von HF-EMF untersucht (Yadav et al., 2022). Es wurde festgestellt, dass die hochfrequente Strahlung von Mobiltelefonen mit einer Schilddrüseninsuffizienz und Veränderungen der Serum-Schilddrüsenhormonspiegel bei exponierten Menschen und Nagetieren in Verbindung steht, was auf eine mögliche Störung der Hypothalamus-Hypophysen-Schilddrüsen-Achse hindeutet (Alkayyali et al., 2021).

Zusammenfassung

Seit der letzten Bewertung gab es mehrere neue hochwertige Studien. Insgesamt sind die Erkenntnisse über Krebs beim Menschen widersprüchlich. Es gibt neue Hinweise auf Karzinogenität bei Versuchstieren. Seit der letzten Bewertung gibt es neue mechanistische Beweise für die wichtigsten Befunde, insbesondere für die Genotoxizität in experimentellen Systemen und bei exponierten Menschen. Mehrere der Genotoxizitätsstudien an exponierten Menschen lieferten jedoch widersprüchliche Ergebnisse. Daher sind die derzeit verfügbaren mechanistischen Beweise nicht unbedingt schlüssig. Insgesamt könnten die neuen Erkenntnisse über Krebs beim Menschen und bei Versuchstieren eine Neubewertung unterstützen, obwohl eine Änderung der derzeitigen Einstufung der Karzinogenität von HF-EMF ungewiss ist. Die Beratergruppe hält daher eine Bewertung von HF-EMF in den IARC-Monographien für gerechtfertigt, schlägt jedoch eine Bewertung in der zweiten Hälfte der nächsten fünf Jahre vor, um die Ergebnisse der laufenden Krebs-Bioassays abzuwarten, die zusätzliche mechanistische Erkenntnisse liefern könnten.

Empfehlung: Hohe Priorität (bereit für eine Bewertung innerhalb von 5 Jahren)

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Mitglieder der Iarc-Beratergruppe 2024

H. Lamarr @, München, Sonntag, 01.12.2024, 22:31 (vor 10 Tagen) @ H. Lamarr

Im März 2024 traf sich eine Beratergruppe aus 28 unabhängigen Wissenschaftlern aus 22 Ländern in Lyon, Frankreich, um Prioritäten für die Karzinogenitätsbewertungen durch das Monographienprogramm der Internationalen Agentur für Krebsforschung (Iarc) im Zeitraum 2025–29 zu empfehlen.

Wie im Startposting zu lesen ist, saßen 2019 in der damaligen Iarc-Beratergruppe für den Zeitraum 2020 bis 2024 noch zwei bekannte Mobilfunkkritiker. Das war 2024 bei den Beratern für Iarc-Monographien im Zeitraum 2025 bis 2029 nicht mehr so. Bei keinem der neuen Berater sehe ich eine offensichtliche Verbindungslinie in die Mobilfunkdebatte:

A Berrington de González (UK)—Meeting Chair; S A Masten (USA)—Meeting Vice Chair; P Bhatti (Canada); R T Fortner (Norway); S Peters (Netherlands); T Santonen (Finland); M G Yakubovskaya (Russian Federation)—Subgroup Meeting Chairs; R Barouki (France); S B M Barros (Brazil); D Barupal (USA); L E Beane Freeman (USA); G M Calaf (Chile); J Dillner (Sweden); K El Rhazi (Morocco); L Fritschi (Australia); S Fukushima (Japan); L Godderis (Belgium); M Kogevinas (Spain); D W Lachenmeier (Germany); D Mandrioli (Italy); M M Muchengeti (South Africa); R T Niemeier (USA); J J Pappas (Canada); J Pi (China); M P Purdue (USA); E Riboli (UK [unable to attend]); T Rodríguez (Nicaragua); V Schlünssen (Denmark)

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