Grundkurs Netzplanung mit Clarissa (Medien)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 26.03.2015, 23:22 (vor 3536 Tagen) @ H. Lamarr

Das Gewürge um den Telekom-Sendemast in Weilimdorf geht weiter, auf der einen Seite der Mobilfunkbetreiber, auf der anderen Seite besorgte Bürger, die allerlei Binsenweisheiten über die "Gefährlichkeit" von Mobilfunk-Sendemasten aus den Tiefen des www fischen und daraus die übliche dilettantisch-dramatische Argumentation zusammen basteln, wie dies Anti-Mobilfunk-Bürgerinitiativen seit mehr als zehn Jahren immer wieder neu machen und jedesmal meinen, ein ganz besonders einmaliger Fall zu sein.

Auszug aus Stuttgarter Zeitung vom 25. März 2015:

Unterstützung ihrerseits versprach sie [Stadträtin Clarissa Seitz, "Die Grünen"; Anm. Spatenpauli] der Initiative Spechtweg, die sich gegen die Errichtung eines Mobilfunk-Sendemasts in Wolfbusch stark macht. Die Rechtslage sei so, dass ein Sendemast dort errichtet werden dürfe, sagte Seitz, „trotzdem fordern wir, dass die Telekom darauf verzichtet“. Sie betonte, dass die Grünen keine Mobilfunk-Gegner seien, sondern neuen Technologien aufgeschlossen gegenüberstünden. „Diese stark strahlenden Antennen sind für uns aber Dinosaurier-Technologie“, erklärte Seitz weiter. Das sei so, als würden die Straßen in ganz Wolfbusch mit zwei riesigen Flutlichtmasten beleuchtet statt mit Straßenlaternen. Deswegen wünsche sie sich ein Mobilfunk-Konzept mit vielen kleinen Sendeanlagen, bei denen die Funkstrecken kurz und die Strahlung gering gehalten werde. Dennoch könnten so mehr Daten übertragen werden, als mit den großen Sendemasten. Im schweizerischen Sankt Gallen habe sich das System schon bewährt, in Wangen im Allgäu werde es derzeit getestet.

Kommentar: Es ist schön zu sehen, dass auch Frau Seitz inzwischen das Prinzip der Netzverdichtung verstanden hat. Das Beispiel mit den Flutlichtmasten aber hinkt kräftig, denn selbstverständlich würde diese Form der Beleuchtung in Wolfbusch verwendet, wären da nicht unangenehme Effekte wie Blendung, Schlagschatten und vor allem die Flutlichtmastengegner von Weilimdorf. Ebenfalls unpassend: Weilimdorf (Ortszentrum in Bildmitte) wird bereits von vielen Sendemasten versorgt, gerade so wie es Frau Seitz sich wünscht, nur eben am Spechtweg (blauer Punkt) ist noch eine Lücke. Warum die geplante Station dort stärker strahlen soll als die anderen ringsum und deshalb "Dinosaurier-Technologie" (O-Ton Seitz) sei, bleibt das Geheimnis der Stadträtin. Gut möglich, dass sie überall dort "Dinosaurier-Technologie" ausmacht, wo Bürger sich von Sendemasten bedroht sehen und TamTam veranstalten. Nehmen Bürger einen neuen Sendemasten dagegen gelassen, taucht auch keine grüne Stadträtin an Ort und Stelle als Unterstützerin auf. Irgend etwas läuft da schief, wenn denn alle Menschen gleich sind.

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Im Grundkurs Netzplanung II lernen wir: Netzverdichtung ist kein Ad-hoc-Sandkastenspiel für Politiker, sondern ein Prozess mit wirtschaftlicher Komponente. Heißt: Wenn die Bürger am Spechtweg ihren neuen Sendemasten ins Herz geschlossen haben und fleißig mit ihren Handys nutzen, wird sich irgendwann ein Kapazitätsengpass einstellen und den nächsten Sendemasten dort anlocken. Nur wer Mobiltelefone nutzt, wird Masten ernten. Die Strahlenphobie von Wutbürgern oder schöne Worte von Stadträtinnen bewirken keine Netzverdichtung.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Stuttgart, Angst, Lobbyarbeit, Netzverdichtung, W-LAN, Einflussnahme, Stadtrat, St.-Gallen, Seitz, Kleinstzellen


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