Kargo-Kult-Wissenschaft ist Pseudowissenschaft (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 22.02.2017, 23:30 (vor 2848 Tagen)

Der Physiker und Nobelpreisträger Richard Feynman hat 1974 anlässlich einer Festrede vor einem Abschlussjahrgang der Elite-Universität California Institute of Technology („Caltech“) einen interessanten Ausdruck verwendet. Feynman sprach von „Cargo Cult Science“. Das Wort kann nicht unmittelbar übersetzt werden, im Deutschen spricht man von Kargo-Kult-Wissenschaft. Der Ausdruck „Cargocult“ bezeichnet eine (natur-)religiöse Richtung, die das nahe Ende der gegenwärtigen Welt zu erkennen glaubt. Cargo Cult Science ist nach Feynman eine Form von Wissenschaft, die im Gegensatz zu den vielen Pseudowissenschaften (Astrologie, Wünschelruten, Kreationismus u.a.) die formalen Kriterien einer wissenschaftlichen Vorgehensweise erfüllt, der es aber an Integrität und Geschlossenheit mangelt. Cargo Cult Science kann auch als Inbegriff der Selbsttäuschung gesehen werden.

Feynman beschreibt ein Beispiel für Cargo Cult Science. Auf den pazifischen Samoainseln bewunderten die Einheimischen die Flugzeuge, die während des 2. Weltkrieges gelandetet waren und faszinierende Dinge gebracht hatten. Bald darauf entwickelte sich ein merkwürdiger Ritus. Die Eingeborenen legten künstliche Landebahnen an, neben denen sie Feuer entzündeten, um die Signallichter nachzuahmen. In einer Holzhütte hockte ein Eingeborener mit hölzernen Kopfhörern, aus denen Bambusstäbe ragten, die Antennen darstellen sollten. Auch Radartürme aus Holz wurden gebaut und einige andere scheinbar wichtige Geräte um so die Flugzeuge anzulocken, die ihnen mehr schöne Dinge bringen sollten. Sie machen der Form nach scheinbar alles richtig, aber es funktionierte nicht. Kein einziges Flugzeug landete.

Feynman wollte sich nicht über die Eingeborenen lustig machen. Er verwendete das Beispiel nur, um seinen Studenten klar zu machen, wie schwer manchmal Cargo-Cult von konsistenten Wissenschaften zu unterscheiden ist. Es ist so gut wie unmöglich, den Betreibern einer Cargo Cult Science die Aussichtslosigkeit ihres Bestrebens zu erklären, denn nichts ist so mächtig wie eine Selbsttäuschung. weiter ...

Hintergrund
Original-Vortrag von R. Feynman (1974): Anmerkungen über Wissenschaft, Pseudowissenschaft und die Kunst, sich nicht selbst zu täuschen.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Pseudowissenschaft, Institut, Science, Nobelpreisträger, Feynman, Kargo-Kult, Kargo-Kult-Wissenschaft


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