Empfängerempfindlichkeit 0,005 μW/m²: Fake oder wahr? (Technik)

H. Lamarr @, München, Samstag, 25.02.2017, 18:22 (vor 2836 Tagen)

Die ödp fällt wieder einmal durch Inkompetenz in einer Mobilfunk-Sachfrage auf. In ihrem zuletzt 2016 verabschiedeten Bundesprogramm versteigt sich die Splitterpartei neben anderem Unsinn zu der Behauptung:

Die in Deutschland geltenden Grenzwerte der 26. Bundes-Immissionsschutz-Verordnung (26. BImSchV) sind [...] völlig unzureichend und müssen gesenkt werden, von momentan 4.500.000 – 10.000.000 μW/m² auf 100 μW/m²oder noch besser auf 10 μW/m² (bei 0,005 μW/m² ist eine optimale Funktion eines D- oder E-Netz-Handys gewährleistet).

Ich finde das deprimierend, da haben die mit Klaus Buchner einen Mathematiker/Physiker in ihren Reihen und verzapfen dennoch denselben unerträglichen Bullshit wie ein pensionierter Verwaltungsrichter, der unter RXsense vermutlich eine Erektion versteht.

Da organisierte Mobilfunkgegner offenbar zu dusselig sind, selbst anschauliche Erklärungen zu kapieren, warum Behauptungen wie die oben rot markierte von blanker Inkompetenz zeugen, gebe ich auf und verzichte hier auf einen weiteren Versuch, dieses Defizit bei den "Schwerstbetroffenen" zu beseitigen.

Glaubhaft Auskunft über die Empfängerempfindlichkeit (RXsense) eines Handys/Smartphones gibt für die derzeit gängigen Mobilfunkstandards diese Website:

GSM: -102 dBm = 6,31 x 10^-14 W = 0,00000000631 µW
UMTS: -116 dBm = 2,51 x 10^-15 W = 0,000000000251 µW
LTE: -120 dBm = 1 x 10^-15 W = 0,0000000001 µW

Da es sich bei allen diesen Mobilfunkstandards um digitale Systeme handelt, ist RXsense nicht wie früher (Analogtechnik) auf ein bestimmtes Signal/Rausch-Verhältnis bezogen, sondern auf eine bestimmte Anzahl fehlerhaft übertragener Bits (Bit Error Rate, BER). An der Empfindlichkeitsgrenze eines Handys/Smartphones steigt die Anzahl fehlerhafter Bits mit sinkender Empfangsfeldstärke so stark an, dass die automatische Fehlerkorrektur versagt und die Verbindungsqualität rapide schlechter wird bevor die Verbindung schließlich abreißt. Die BER kann uns jedoch herzlich egal sein, für die Betrachtung hier spielt sie keine Rolle.

Aber vielleicht kann "Kuddel" mir erklären, wie es möglich ist, dass die ödp statt der Empfängerempfindlichkeit (dBm, W, µW) eine Leistungsflussdichte nennt? Ich habe keine Formel gefunden, welche diese Umrechnung zulässt. Und dass die Orangen den Wert messtechnisch ermittelt haben schließe ich aus, das können die nicht. Nur, wie haben sie's dann gemacht? Vermutlich haben sie den Wert einfach irgendwo abgeschrieben, denn die 0,005 μW/m² geistern auch auf etlichen anderen Seiten im Netz herum, von denen begründet anzunehmen ist, dass sie ihrerseits nur abgeschrieben haben. Eine Herleitung habe ich nirgends gefunden, im schlimmsten Fall hat sich eine Pappnase diesen Wert irgendwann einmal ausgedacht und das Unheil nahm seinen Lauf ...

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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