Falsche Schlüsse (12): Telepathie (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Montag, 05.07.2010, 19:13 (vor 5263 Tagen) @ H. Lamarr

Wer bei klarer Sicht mit Nebelscheinwerfern fährt, kann sich meiner Aufmerksamkeit als entgegenkommender Autofahrer gewiss sein. Vermutlich ist das ein Gendefekt bei mir, vererbt väterlicherseits. Den Rest gab mir ein BMW-Fahrer, der einst meinte, er fahre sowieso immer mit Nebellampen, dies stünde ihm als BMW-Fahrer zu.

Seit Jahren mache ich deshalb je nach Tagesform Leute mehr oder weniger freundlich darauf aufmerksam, dass sie ihre Funzeln ausschalten können, etwa weil sich die letzten Nebel vor drei Monaten drehten.

Es gibt aber noch etwas schlimmeres, als notorisches Fahren mit eingeschalteten Nebellampen: Notorisches Fahren mit nur einer Nebellampe, weil die zweite offenbar hin ist. Von dieser Spezies, die früher extrem selten war, kommen mir in letzter Zeit immer mehr in die Quere. Wie durch Telepathie aber merken anscheinend die Fahrer, dass ihnen bayerisches Ungemach entgegenkommt und schalten die einzelne Nebellampe ab, bevor ich dreimal durchgeschnauft und Pressluft in die Kapillaren gepumpt habe. Ein seltsamer Effekt ist das, mit dieser Gedankenübertragung auf Asphalt, und gar nicht mal so selten.

Kürzlich hatte ich dann so einen Spezialisten hinter mir. Er bog von einer Seitenstraße ein und im Rückspiegel war er klar zu identifizieren: Wieder so einer! An der nächsten roten Ampel angekommen schälte ich mich aus meinem Wagen, schritt betont gelassen nach hinten und klopfte ihm an die Seitenscheibe. Verdattert fuhr der Fahrer die Scheibe runter und ich maßregelte ihm, er fahre mit Nebellampen und eine davon sei kaputt. Das könne gar nicht sein, sagte er. Doch, erwiderte ich und schaute sicherheitshalber nochmal vorne nach. Jetzt aber leuchte dort auch die zweite Nebellampe nicht mehr. Dies dem Fahrer gesagt geriet der sichtlich ins Grübeln. Nach ein paar Sekunden aber hellte sich sein Gesicht auf und er rief: Das ist das Kurvenlicht! Häää? Mein Kurvenlicht, wiederholte er, moment mal ich zeig's ihnen. Er schlug sein Lenkrad nach links ein und tatsächlich, die linke "Nebellampe" ging an, drehte er das Lenkrad wieder zurück erlosch sie prompt. Ich stotterte noch irgendwas von "Tschuldigung" und war heilfroh, dass mich das Ende der Rotphase zurück in mein Auto zwang und ich mich trollen konnte.

Mist, und ich hatte mich schon der vagen Hoffnung hingegeben, per "Mind Control" andere Autofahrer zum Abschalten ihrer Nebellampen bewegen zu können.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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