Tagungsbericht von Karl Richter und Peter Ludwig (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 01.05.2014, 20:11 (vor 3881 Tagen) @ H. Lamarr

Am Arbeitstag 3 nach dem Ereignis sind die Medien noch immer wie gelähmt, das wird wohl nichts mehr werden. Müssen wir also auf den Tagungsbericht des Veranstalters warten. Im Tagungsraum Wolfskeel, der je nach Bestuhlung bis zu 400 Plätze bietet, hatten sich am 5. April immerhin etwa 230 Tagungsteilnehmer eingefunden.

Auch wenn man im Newsblog von Diagnose-Funk bis heute vergeblich danach sucht, der 6-seitige Tagungsbericht über die Würzburger Veranstaltung wurde am 21. April fertig und fand ein paar Tage später den Weg ins Internet. Typisch für Dokumente der "Kompetenzinitiative" sind abgedroschene Titel, die auf eine erhebliche Wahrnehmungsverzerrung hindeuten. Diesmal ist es die Durchhalte-Phrase: "Risiken der allgegenwärtigen Funk-Belastung sind nicht mehr zu leugnen".

Inhalt ist kein Thema

Da ich die Veranstaltung der Veranstalter und Referenten wegen für bedeutungslos halte, gilt dies auch für den Inhalt des Tagungsberichts. Nur einen der Referenten halte ich für einen "richtigen" Experten: Lennart Hardell. Doch ausgerechnet bei ihm muss man den Verdacht haben, dass er nach Würzburg kommen musste, so wie er ein Jahr zuvor in die Niederungen des Gigaherz-Kongresses herabsteigen musste. Der Grund: Hardell bekam für seine jüngste Ausarbeitung Geld von Gigaherz und Stiftung Pandora (Franz Adlkofer), da revanchiert man sich eben mit Auftritten, die einem sonst nicht in den Sinn gekommen wären.

Veranstaltung restlos ausgebucht?

Mich haben eher die stolzgeschwellten allgemeinen Randbemerkungen zu der Veranstaltung interessiert.

Die Autoren des Tagungsberichts schreiben dazu:

"Mit 230 Teilnehmern war die Würzburger Tagung restlos ausgebucht."

Anscheinend wollen sie dies als Erfolg verstanden wissen. Doch ist es wirklich einer? Ich meine keineswegs. Denn mit 230 Besuchern war der große Vortragsaal Wolfskeel, hier fand die Tagung statt, dicht an der Untergrenze ausgelastet, je nach Bestuhlung hätten auch 300 oder 400 Personen dort Platz gefunden, die "restlose" Ausbuchung, sie ist Augenwischerei. Zweiter Wermutstropfen: Wenn es schon der krude Gigaherz-Verein schafft, im 8-Mio.-Einwohner-Land Schweiz ungefähr 170 Schäfchen anlässlich eines Gigaherz-Kongresses zu versammeln, dann sind 230 Schäfchen für das 80-Mio.-Land-Deutschland geradezu kümmerlich. Richter konnte nur 60 Personen hinzu gewinnen. Erfolg sieht anders aus.

Abgesang: Ansichten aus einer innen verspiegelten Kugel

"Von vielen Teilnehmern wird sie inzwischen als Meilenstein einer öffentlich geführten wissenschaftlichen, medizinischen und juristischen Diskussion eingeschätzt, die zur Aufklärung über die nicht mehr zu leugnenden Risiken des Mobil- und Kommunikationsfunks beigetragen hat."

Wikipedia kennt dazu einen geschichtlichen Vergleich: Der Deutsche Volkssturm war eine deutsche militärische Formation in der Endphase des Zweiten Weltkrieges. Er wurde nach einem von der NSDAP ausgehenden propagandistischen Aufruf an alle „waffenfähigen Männer im Alter von 16 bis 60 Jahren“ gebildet, um den „Heimatboden“ des Deutschen Reiches zu verteidigen, „bis ein die Zukunft Deutschlands und seiner Verbündeten und damit Europas sichernder Frieden gewährleistet“ sei. Ziel des Aufrufs war es, die Truppen der Wehrmacht zu verstärken.

Godwin’s law greift insofern nicht, da der Vergleich mMn sehr wohl angemessen ist.

Auf der Suche nach einer nennenswerten Resonanz

"Die positive Resonanz auf die Veranstaltung ist schon jetzt so groß, dass die Veranstalter in Erwägung ziehen, in den nächsten Jahren weitere öffentliche Tagungen zum Themengebiet anzubieten."

Wieso steht da rd. 14 Tage nach der Veranstaltung "schon jetzt so groß"? Halten die Autoren die Teilnehmer etwa für Spätzünder, die noch nach Monaten Glückwunschtelegramme senden? Sie dürfen dies getrost tun, denn da die öffentliche Resonanz auf die Tagung praktisch Null war, ist jede Resonanz, und sei sie noch so klein, ein Grund, erfreut zur Flasche zu greifen.

Die Missachtung durch die Medien muss für Karl Richter sehr schmerzlich sein. In solchen Fällen ist Angriff die beste Verteidigung. Frei nach dem Motto: Wenn schon niemand von Rang und Namen über den angeblichen "Meilenstein" berichten will, dann berichte ich eben selber. Richter hat für solche Notfälle gewohnheitsmäßig das anspruchslose Verlautbarungsblatt "NRhZ Online" als Notnagel, den er diesmal am 30. April 2014 mit dem phrasenhaften Titel Diktatur kommerzieller Interessen gesetzt hat. Was wie ein Artikel aussieht ist jedoch nur wieder der Tagungsbericht. Die Medienfixiertheit des pensionierten Literaturprofessors zeigt sich daran, dass er am Fuß des Tagungsberichts allen Ernstes auf den 2:15 Minuten dauernden TV-Kurzbericht eines Würzburger Lokalsenders über die Würzburger Veranstaltung verlinkt. In der Not frisst der Teufel Fliegen wäre die dazu passende Redensart.

Die Drohung, in den kommenden Jahren weitere gleichartige Veranstaltungen anzubieten, kann so verstanden werden, dass die "Kompetenzinitiative" weitere Duftnoten setzen möchte, um ihr Revier zu markieren. Das kennt man schon von Rüden. Angst macht die Drohung keine, denn wenn der "Kompetenzinitiative" beim Blick durchs Mikroskop auch alles sehr groß und bedrohlich vorkommt, die Zeit arbeitet gegen diesen Verein und in der normalsichtigen Welt interessieren sich nur "nützliche Idioten" und Profiteure für das, was die alten Herren um Richter zu sagen haben. Und selbst wenn es auf den ersten Blick noch anders aussehen sollte, wie bei der "Bayerische Staatszeitung", dann muss man eben zweimal hinschauen, um den verborgenen Haken zu entdecken.

Dr. Peter Ludwig

Beinahe hätte ich jetzt den Newcomer Peter Ludwig vergessen, Co-Autor von Richters Tagungsbericht. Die beiden sind erstmals als eingespieltes Team öffentlich im Februar 2014 wahrgenommen worden. Damals rezensierte ein der Szene völlig fremder Dr. Peter Ludwig ein Anti-Mobilfunk-Buch des Theologen Werner Thiede überschwänglich positiv. Nachforschungen von Forumteilnehmer "KlaKla" brachten damals die berufliche Verbindung von Ludwig und Richter ans Licht.
Ludwig bringt Studenten an der Universität des Saarlands seit 2002 Rhetorik und Präsentationstechniken bei.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Rhetorik, Selbstdarstellung, NRhZ-Online, Rezension, Vereinsmeier, Drohung, Fehleinschätzung, Diktatur, Goethe-Experte, nützliche Idioten, Personal, Augenwischerei, Vereinsvermögen, Ludwig


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