EMF-Leitlinie der ÖÄK von 2012 ist nicht tot zu kriegen (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 17.04.2024, 23:26 (vor 241 Tagen) @ H. Lamarr

Wir sind in Österreich!

Leitlinie der zur Abklärung und Therapie EMF-bezogener Beschwerden und Krankheiten (EMF-Syndrom).

Konsensus-Papier der AG-EMF. Verabschiedet bei der Sitzung der Referenten für Umweltmedizin der Landesärztekammern und der Österreichischen Ärztekammer am 3. März 2012 in Wien.

Diese Leitlinie soll eine Hilfe bei der Abklärung und Therapie von EMF-bezogenen Beschwerden sein.

Download der Leitlinie (PDF, deutsch, 17 Seiten).


Im März 2012 aus der Taufe gehoben, hatte die EMF-Leitlinie auf der Website der Österreichischen Ärztekammer (ÖÄK) ein nur kurzes Leben. Spätestens im Oktober 2012 hatte sich die ÖÄK bereits kommentar- und ersatzlos von dem Papier getrennt (deshalb ist der Link im Zitat oben auch mausetot). Die maximal 216 Tage Lebenszeit genügten jedoch interessierten Kreisen, um sich der Leitlinie zu bemächtigen und sie bis zum heutigen Tag auf ihren eigenen Websites zum Download anzubieten.

Google behauptet momentan ungefähr 790 Ergebnisse gefunden zu haben. Das ist zwar maßlos übertrieben, die Liste der echten Treffer bei den üblichen Verdächtigen ist gleichwohl ziemlich lang. Das muss man sich mal vorstellen: Die ÖÄK selbst nimmt das Papier aus unbekannten Gründen noch 2012 ersatzlos wieder vom Netz, möglicherweise weil es schnell veraltet oder der Kammer peinlich war oder weil es aus Sicht der ÖÄK hinfällig geworden ist. Doch dieser Schritt hat nicht die gewünschte Wirkung. Denn die Leitlinie feierte auf fremden Websites fröhliche Urstände und ist heute mühelos anderweitig zu haben (Beispiel), nur eben nicht auf der Website des Urhebers ÖÄK! Dabei heißt es auf der Site der Kammer im Impressum klipp & klar:

Sämtliche auf der Website verwendeten Inhalte, Bilder und Grafiken sind durch das Urheberrecht geschützt. Die Weiterverwendung, ohne ausdrückliche Genehmigung durch die ÖÄK, ist untersagt.

Unwahrscheinlich, dass alle, die sich die Leitlinie geangelt haben und zum Download anbieten, eine Genehmigung der ÖÄK haben, da sind mit Sicherheit Raubkopien dabei.

Ein Schweizer Anti-Mobilfunk-Verein bietet die Leitlinie, die es eigentlich seit mehr als zehn Jahren nicht mehr geben dürfte, zwar nicht zum Download an, zitiert aber noch 2023 daraus, als stünde die ÖÄK noch immer voll hinter dem Papier:

[...] In Österreich hat die Österreichische Ärztekammer 2012 ihre «Leitlinie zur Abklärung und Therapie EMF-bezogener Beschwerden und Krankheiten (EMF-Syndrom)» veröffentlicht. Vor dem Hintergrund, dass bei stressassoziierten Beschwerden eine starke Zunahme beobachtet wurde, hielt die ÖÄK fest: «Grundsätzlich sollte man bei unspezifischen Beschwerden, bei denen keine klar erkennbare Ursache gefunden wurde, EMF-Expositionen ernsthaft in Betracht ziehen, insbesondere dann, wenn vom Patienten ein entsprechender Verdacht geäussert wird».

Wahrscheinlich weiß die ÖÄK von der (unautorisierten) Reanimation ihrer Leitlinie gar nichts und ist deshalb untätig geblieben. Ich habe mir deshalb erlaubt, die Kammer heute auf das muntere Doppelleben des von ihr ungeliebten Papiers hinzuweisen und ein paar knifflige Fragen zum Sachverhalt zu stellen. Da der Tatbestand nach mehr als zehn Jahren für die ÖÄK nur mit Mühe aufzurollen ist, hält sich meine Zuversicht auf substanzielle Antwort in Grenzen, vielleicht klappt es aber doch.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Umweltmediziner, Täuschung, Landesärztekammer, Aerztekammer, OeAeK, Leitlinie


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