Kargo-Kult-Wissenschaft: Panagopoulos vs. Henz (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Samstag, 03.08.2019, 18:30 (vor 1939 Tagen) @ H. Lamarr

Die neue Studie zeigt die typischen Merkmale wissenschaftlicher Studien, etwa umfassende Verweise auf andere Literatur. Und doch ist diese Auftragsarbeit schon wegen ihrer Begleitumstände wissenschaftlich wertlos, ich bin sicher, keine seriöse Studienreview weltweit wird sie bei der EMF-Risikobewertung berücksichtigen. Nur einer wird sie gerne nutzen, für schnöde Werbung nämlich, die Firma Gabriel-Tech in Kelkheim, 35 Autominuten von der Uni Mainz entfernt. Welche Rolle der TV-Programmanbieter RTL in dieser zwielichtigen Geschichte spielte, das werden wir wahrscheinlich nie erfahren.

Der Grieche Dr. Dimitris J. Panagopoulos ist ein eher kleines Zahnrad im Getriebe der internationalen Anti-Mobilfunk-Szene, auch wenn Filmemacher Klaus Scheidsteger vollmundig das Gegenteil behauptet. Üblicherweise kritisieren Mitglieder dieser Szene sich in der Öffentlichkeit nicht gegenseitig. Doch nachdem sich Dariusz Leszczynski den US-Amerikaner Martin Pall zur Brust nahm, zeigt sich auch Panagopoulos in einer kürzlich veröffentlichten Studie (Shielding methods and products against man-made Electromagnetic Fields: Protection versus risk) wenig entzückt von Henz' Chip-Studie. Er schreibt:

Recently there was a single study reporting that the use of a chip on mobile phone had a protective role on changes in human EEG induced by the mobile phone without the chip (Henz et al., 2018). This study does not show its results in numbers but only in pictures which are not adequately explained. Moreover the study does not include any EMF-measurements of the mobile phone emissions with and without the chip, no scientific description how the chip works, and no attempt to describe amechanismof howthe chip exerts a protective effect. A request for explanations sent by us to the company that produces the chip as this was reported in this study, remained unanswered.

[Deutsch: Kürzlich berichtete eine einzelne Studie, die Verwendung eines Chips auf Mobiltelefonen bewirke eine Schutzfunktion gegen Veränderungen des EEGs im Vergleich zu Mobiltelefon ohne diesen Chip (Henz et al., 2018). Doch diese Studie dokumentiert ihre Ergebnisse nicht in Zahlen, sondern nur in Bildern, die nicht ausreichend erklärt werden. Zudem enthält die Studie keine EMF-Messergebnisse der Mobiltelefonemissionen mit und ohne Chip, keine wissenschaftliche Beschreibung der Funktionsweise des Chips und kein Bemühen, den Mechanismus zu erklären, wie der Chip seine Schutzwirkung ausübt. Eine von uns an den Hersteller des Chips gestellte Anfrage mit der Bitte um Erklärungen blieb unbeantwortet.]

Das gefällt mir, so unberechenbar sollte Wissenschaft sein. Statt vorhersehbar einen einmal gefassten Standpunkt in der Mobilfunkdebatte nur zu zementieren, lassen überraschende Haken, wie jetzt der kleine von Panagopoulos oder zuvor z.B. der große von Alexander Lerchl, Wissenschaftler aus zugewiesenen Schubladen springen und Glaubwürdigkeitspunkte einheimsen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
EEG, Anfrage, Gabriel-Tech, Panagopoulos, Henz, Kargo-Kult


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