SZ-Traueranzeige aus meiner Sicht (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Dienstag, 05.03.2013, 12:44 (vor 4281 Tagen) @ Alexander Lerchl

Die Traueranzeige zum Tod von Pfarrer in der SZ gibt bekannt ...

http://trauer.sueddeutsche.de/Traueranzeige/Carsten-Haeublein#

Mir fehlen die Worte. Fremdschäm-O-Meter zeigt Maximalausschlag. Zu was manche Menschen fähig sind, man kann es nicht fassen.

Ich muss zugeben, auf den ersten Blick fand ich die Traueranzeige gar nicht so schlimm. Was sollte daran schon groß zu bemängeln sein, außer, dass Klaus Buchner doch nur der Form halber vom Münchener zum Berliner geworden ist.

Ich musste also erst hirnen, um die Kritik zu kapieren. Herr Jakob hat sich diesen Prozess offenkundig nicht zumuten wollen, der selbsternannte Schutzpatron giftet aus seiner Spielecke, unbeirrt der Kritik, in Richtung Deutschland.

Beim Versuch, das Peinliche an dieser Traueranzeige in Worte zu fassen, fiel mir ein Vodafone-Manager ein, der einmal sagte, Industrieunternehmen könnten keine Moral haben. Damals überschlugen sich Anti-Mobilfunk-Eiferer darin, diesen Satz falsch zu interpretieren. Dabei wollte der Mann nur sagen: Unternehmen sind als juristische Personen seelenlos, es sind die Menschen in diesen Unternehmen, nicht die Bilanzen, die sich moralischen Maßstäben zu beugen haben.

Bei der Traueranzeige konnten viele leider nicht der Versuchung widerstehen, die Anzeige als Verlautbarungsplattform für die verzweifelte Existenz einer mobilfunkkritischen Bewegung zu missbrauchen. So konnte sich Frau Dohmen die Umweltärztin nicht verkneifen, Frau Dr. Waldmann musste ihre (klinisch tote) Ärzteinitiative an den Mann bringen und Hans-Ulrich Jakob, naja, das ist ja ohnehin klar.

Ehrliche Trauer und Anteilnahme kommt aber nicht von Vereinen, Berufsbezeichnungen oder akademischen Titeln, sie kommt von - Menschen. So gesehen haben es nur die ganz oben stehenden in der Traueranzeige richtig gemacht, sie nennen demütig nur ihre Namen. Und daran gibt es nichts auszusetzen. Am "protzenden Beiwerk" der anderen aber eben schon - denn es instrumentalisiert selbst noch diese Traueranzeige zu Ehren Pfarrer Häubleins dazu, dass die nach Aufmerksamkeit hungernde Szene unter allen Umständen wahrgenommen wird. Vielleicht ist dieser anrüchige Umstand auch ganz im Sinne des Toten. Gut, wahrgenommen wurde die Szene mit dieser Anzeige sicherlich, ernst nehmen kann man sie damit freilich nicht.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Moral, Wahrnehmungsverzerrung, Nachruf, Aufmerksamkeit, Aerzteinitiative


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