Forschungslücke bei W-LAN in Flugzeugen? (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Montag, 11.12.2006, 20:09 (vor 6317 Tagen)

Vor ein paar Monaten haben wir im Forum über diverse Verwirrungen in Bezug auf die Zulassung von W-LAN in Flugzeugen berichtet. Jetzt kommt noch eine Merkwürdigkeit hinzu:

Auf einer Webseite des Luftfahrt-Bundesamtes LBA mit Stand vom 22. November 2005 findet sich folgender Text:

Zur Untersuchung der Auswirkung des Betriebes von elektronischen Geräten an Bord von Luftfahrzeugen auf das Flugzeug und seine Systeme wurde vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen bei der IABG--Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH eine Untersuchung in Auftrag gegeben. Hier werden die Ergebnisse des Forschungsberichtes FE-NR. L-5/98-50 173/98 veröffentlicht.

Jetzt möchte man meinen, dass in der genannten Untersuchung auch die Wirkung von W-LAN (und Handys) in Flugzeugen geprüft wurde. Dies aber ist nicht der Fall. Das LBA hat mir freundlicherweise den 143 Seiten umfassenden Forschungsbericht zur Verfügung gestellt. Und dort heißt es: In der ersten Messkampagne und Untersuchungsphase lag ein besonderer Schwerpunkt in der Bewertung des Gefährdungspotentials von CD-Abspielgeräten. In der zweiten Messkampagne wurden typische elektronische Geräte (CD-Player, Radio, Walkman, Discman, Notebook, Camcorder u.a.m.) nach verschiedenen Prüfverfahren vergleichend
untersucht, um auch den Einfluss der Messverfahren auf die ermittelten Emissionswerte abschätzen zu können.

Von W-LAN keine Spur! Damit es nicht in "u.a.m." versteckt enthalten ist, habe ich das PDF des Berichts nach "Wireless", "WLAN" und "W-LAN" durchsucht - ohne einen einzigen Treffer. Ich trau' mich daher zu behaupten, dass die Untersuchung zwar allerlei Gerätschaft der Unterhaltungselektronik unter die Lupe genommen hat, nicht aber vom Gefährdungspotenzial her viel interessantere Geräte wie Handys und Notebooks mit eingebauter W-LAN-Karte. Warum dies so ist weiß ich nicht, vielleicht gibt es dazu noch andere Untersuchungen, auf die das LBA auf seiner Webseite jedoch nicht hinweist. Angesichts der untersuchten Gerätschaft entsteht jedenfalls der ungewollte Eindruck, dass Kamele am Nordpol gesucht wurden. Denn das Endergebnis der Untersuchung lautet: Die erzielten Ergebnisse fanden auch bei der im Juni 2000 erfolgten Novellierung der LuftEBV ihren Niederschlag. Insgesamt bestätigt das Forschungsvorhaben, dass die Regelungen der LuftEBV im Grundsatz angemessen und sachgemäß sind. Also: kein Handlungsbedarf, die geltenden Regelungen decken alles ab.

Ich konnte bis heute im Internet keine amtliche Erklärung dafür finden, dass W-LAN in Flugzeugen für die Flugsicherheit unbedenklich ist.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Flugzeug, W-LAN, Verkehrsmittel, Novellierung

Forschungslücke bei W-LAN in Flugzeugen?

RDW, Montag, 11.12.2006, 21:02 (vor 6317 Tagen) @ H. Lamarr

Ich konnte bis heute im Internet keine amtliche Erklärung dafür finden, dass W-LAN in Flugzeugen für die Flugsicherheit unbedenklich ist.

Ich staune immer wieder, wie Laien zu dem Glauben gelangen, dass sie alles im Internet finden und darüber auch noch "fachsimpeln" wollen.
Genauso gut können Sie die Kochrezepte von Sterneköchen auf der Rückseite von Tiefkühlspinatpackungen suchen.

Googeln Sie doch mal nach "Eurocae" und dann eventuell sogar nach "ED 118", dann erahnen Sie vielleicht was Fachleute zu diesem Thema wissen und diskutieren könnten.
Viele in Laienkreisen kursierende Ansichten, ganz egal zu welchem Thema, beruhen einfach nur darauf, dass ihnen schlichtweg jeder Überblick fehlt.

RDW

P.S. Ihre Frage zu "WiMAX" und "Sendeleistung" in einem anderen Thread beantworte ich dort ganz bewusst nicht, denn Google liefert das Tor zur Lösung genau mit diesem Begriffen gleich an vorderster Stelle.

Forschungslücke bei W-LAN in Flugzeugen?

H. Lamarr @, München, Montag, 11.12.2006, 23:34 (vor 6316 Tagen) @ RDW

Ich konnte bis heute im Internet keine amtliche Erklärung dafür finden, dass W-LAN in Flugzeugen für die Flugsicherheit unbedenklich ist.


Ich staune immer wieder, wie Laien zu dem Glauben gelangen, dass sie alles im Internet finden und darüber auch noch "fachsimpeln" wollen. Genauso gut können Sie die Kochrezepte von Sterneköchen auf der Rückseite von Tiefkühlspinatpackungen suchen.

Ich staune immer wieder, wie betriebsblind Techniker sein können, wenn es um den Blick über den Tellerrand hinausgeht. Denn selbstverständlich stelle ich nicht die Existenz derartiger Dokumente in irgendwelchen Aktenschränken, Datenbanken oder dergleichen infrage. Mir geht es nur darum, wie gedankenlos und lückenhaft ein Bürger zuweilen informiert wird, wenn er nur ein bisschen mehr wissen möchte, als in der Zeitung steht. Im Klartext: Das LBA behandelt auf seiner Website W-LAN/Handy in Luftfahrzeugen sträflich stiefmütterlich. Und kommen Sie mir jetzt bloß nicht damit, die LBA-Website wäre nichts für Otto-Normalverbraucher. Die FAQ's dort beweisen das Gegenteil, zumindest die Absicht des LBA, auch diese Zielgruppe zu erreichen.

P.S. Ihre Frage zu "WiMAX" und "Sendeleistung" in einem anderen Thread beantworte ich dort ganz bewusst nicht, denn Google liefert das Tor zur Lösung genau mit diesem Begriffen gleich an vorderster Stelle.

Nur nicht so bescheiden, RDW. Die Ausführungen auf Ihrer Website sind freilich zielgruppenspezifisch und daher kryptisch für die meisten, die hier lesen. Und weil ich selber von den Kanalbandbreiten, um die es morgen gehen wird, nichts weiß, kann ich's auch für meine Leute hier nicht auf konkrete Wert runterbrechen. Immerhin habe ich die rd. 3 W Sendeleistung auch bei Ihnen gefunden, gehe also davon aus, dass Bitkom hier kein Fehler unterlaufen ist. Die hohe zulässige Strahlungsleistung bei WiMax wird mit Sicherheit zu einer vielfachen Neuauflage der Endlosdiskussion um EIRP und Sendeleistung führen und heillose Verwirrung stiften.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Forschungslücke bei W-LAN in Flugzeugen?

RDW, Dienstag, 12.12.2006, 07:56 (vor 6316 Tagen) @ H. Lamarr

Ich staune immer wieder, wie betriebsblind Techniker sein können, wenn es
um den Blick über den Tellerrand hinausgeht. Denn selbstverständlich
stelle ich nicht die Existenz derartiger Dokumente in irgendwelchen
Aktenschränken, Datenbanken oder dergleichen infrage. Mir geht es nur
darum, wie gedankenlos und lückenhaft ein Bürger zuweilen informiert wird,
wenn er nur ein bisschen mehr wissen möchte, als in der Zeitung steht. >

Man kann Technik oder Wissenschaft nicht immer beliebig vereinfachen, damit es auch Otto Normalverbraucher versteht. Denn dann passiert genau das, was man oft beobachten kann: Es treten "Experten" auf den Plan, welche das Fehlen von ihnen wichtig erscheinenden Details bemängeln und andere der "Lüge" oder "Verheimlichung" bezichtigen. Siehe das Beispiel von Antennendiagrammen und folglich die Ausbreitung von Funkwellen. Und selbst wenn man alle Details erwähnt, dann gibt es wieder andere (oder die gleichen) "Experten", welche sich manche der Details heraussuchen und darauf herumhacken, während sie andere in Ermangelung eigenen Verständnisses oder zum Erreichen eines bestimmten Ziels einfach weglassen und damit das Gesamtbild verzerren. Siehe die Märchen um die Lilienfeld-Studie.

Die hohe zulässige Strahlungsleistung bei WiMax wird mit
Sicherheit zu einer vielfachen Neuauflage der Endlosdiskussion um EIRP und
Sendeleistung führen und heillose Verwirrung stiften.

Die Verwirrung bezüglich EIRP ist schon längst da und wird von einigen für ihre Zwecke gepflegt, das wird auch nicht durch noch so gute Erläuterungen gemildert. Und bezüglich WiMAX sind schon so viele von den Medien und halbinformierten Zeitgenossen in die Welt gesetzte Irrtümer im Umlauf, dass man als Fachmann so etwas wie einen Reset-Knopf für das sogenannte "Wissen" der Mitmenschen darüber vermisst. Wobei gerade bei WiMAX auch gilt, dass angesichts der Komplexität der möglichen Betriebsarten etc. jede Vereinfachung fast zwangsläufig zu Missverständnissen führt. Und das wird sich z. B. durch die Einführung von Smart Antennas noch eher verstärken.

Insgesamt wäre es besser, wenn manche lernen würden, dass sie eben nicht überall ohne weitergehender Beschäftigung mit dem Thema mitreden können und dass sie die Beurteilung der Sachlage lieber jenen überlassen, welche genau diese Beschäftigung tagtäglich auf sich nehmen, mit qualifizierten Quellen und Kenntnissen.

RDW

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