Bundestag: TAB bereitet Bericht über EMF-Technikfolgen vor (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 22.01.2020, 18:07 (vor 1549 Tagen)

Organisierte Mobilfunkgegner behaupten gerne, 5G würde ohne Technikfolgenabschätzung eingeführt. Doch das stimmt nicht. Das Büro für Technikfolgenabschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) hat seit 2017 das Projekt "Mögliche gesundheitliche Auswirkungen verschiedener Frequenzbereiche elektromagnetischer Felder (HF-EMF)" in Arbeit, mit dem Bericht ist demnächst zu rechnen. Das TAB und Projektleiter Christoph Revermann machen eine EMF-Technikfolgenabschätzung nicht zum ersten Mal, sie haben darin Erfahrung. Auszug von der Website des TAB:

[...] Im Rahmen des TA-Projekts werden die Ergebnisse aus den aktuellen nationalen und internationalen Forschungsprojekten gesichtet und insbesondere darauf hin analysiert, ob relevante bzw. neue Erkenntnisse vorliegen, die substanziell die Diskussionen zu möglichen gesundheitlichen Auswirkungen bzw. Risiken der (HF-)EMF verändern könnten. Außerdem sollen mögliche Forschungslücken und Forschungsbedarfe identifiziert werden. Ein weiteres Ziel besteht darin, Möglichkeiten und/oder Strategien zu einer sinnvollen (notwendigen) Minimierung der Exposition der Bevölkerung durch EMF zu identifizieren bzw. zu beschreiben.

Von besonderer Relevanz ist die Perspektive bzw. die Fokussierung auf Forschungsbemühungen, die zur besseren Risikobewertung der Exposition von Kindern, aber auch von älteren Personen und Menschen mit Vorerkrankungen einen substanziellen Beitrag leisten (könnten). Da die heutigen Kinder und Jugendlichen vermutlich lebenslang und in zunehmendem Maße EMF ausgesetzt sein werden, ist die Frage nach möglichen Langzeitwirkungen von besonderer Bedeutung. So hat aufgrund der wissenschaftlichen Unsicherheiten hinsichtlich möglicher Langzeitrisiken bei intensiver Mobiltelefonnutzung auch die Internationale Krebsforschungsagentur (IARC) der WHO 2011 die HF-EMF in die Gruppe 2B der IARC-Skala eingestuft, wonach es nach gegenwärtigem Kenntnisstand begrenzte Hinweise auf kanzerogene Wirkungen dieser Felder gibt. Diese Hinweise resultieren aus epidemiologischen Beobachtungen, können jedoch nicht oder nicht hinreichend durch experimentelle Befunde gestützt werden.

Schließlich wird im Rahmen des TA-Projekts untersucht, welche EMF in welcher Form und in welcher Stärke durch welche Geräte und Anlagen generiert werden. Auf dieser Grundlage sollen dann die daraus resultierenden Belastungen für Menschen abgeschätzt werden. Dabei werden mögliche kumulative Effekte durch gleichzeitig wirksame EMF-Quellen unterschiedlicher Frequenzen berücksichtigt. Dies dient auch dazu, mögliche Erkenntnislücken und Forschungsbedarfe in diesem Themenfeld zu identifizieren.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
TAB, Technikfolgenabschätzung, Forschungsprojekte

Bundestag: TAB-Bericht über EMF-Technikfolgen kommt

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 19.05.2021, 12:33 (vor 1067 Tagen) @ H. Lamarr

Das Büro für Technikfolgen-Abschätzung beim Deutschen Bundestag (TAB) hat im Oktober 2020 seinen Arbeitsbericht "Mögliche gesundheitliche Auswirkungen verschiedener Frequenzbereiche elektromagnetischer Felder" fertiggestellt. Der Bericht beruht auf drei Gutachten, die das TAB zwischen 2017 und 2019 eingeholt hat. Gegenwärtig befindet sich der Bericht im Abnahmeprozess durch die Berichterstattergruppe TA der Bundestagsfraktionen, mit einer baldigen Veröffentlichung des Papiers ist zu rechnen.

Hintergrund
Beschreibung des aktuellen EMF-Projekts
Berichterstattergruppe TA
Faktencheck: Diagnose-Funk will TAB-Bericht entwerten

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

TAB-Bericht über EMF-Technikfolgen: Zentrale Ergebnisse

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 29.09.2021, 23:06 (vor 933 Tagen) @ H. Lamarr

Der aktuelle TAB-Bericht über EMF-Technikfolgen schmort gegenwärtig noch im Deutschen Bundestag, vor Frühjahr 2022 wird er laut dem Projektleiter wahrscheinlich nicht veröffentlicht. Der kürzlich publizierte Jahresbericht 2020 des TAB aber gibt schon jetzt Hinweise auf die zentralen Ergebnisse. Spektakuläres steht dort nicht, das TAB sieht eher in der Risikokommunikation Handlungsbedarf.

Ausgehend vom gegenwärtigen Wissensstand zu möglichen gesundheitlichen Auswirkungen bzw. Risiken von HF-EMF wurden Wissenslücken bzw. Forschungsbedarfe identifiziert. Neben explizit wissenschaftlichen wurden auch übergreifende Aspekte analysiert, wie etwa die potenzielle gesundheitspolitische Relevanz eines Themas oder gesellschaftliche Kontroversen. Auch wenn seitens der wissenschaftlichen Publikationen (und deren Interpretationen) überwiegend kein unmittelbarer politischer Handlungsbedarf konstatiert wird, sollte nicht unterschätzt werden, dass die politische Perspektive sich durchaus von der wissenschaftlichen unterscheiden kann. Relevant erscheinen solche Aspekte, die in der öffentlichen Debatte präsent sind und bei denen noch kein abschließendes wissenschaftliches Urteil gefällt werden kann. Dabei handelt es sich hauptsächlich um Krebserkrankungen, Einflüsse auf Kognition und Schlaf (mit speziellem Fokus auf Kinder) sowie einen möglichen Zusammenhang mit neurodegenerativen Erkrankungen. Hier zeigen insbesondere neuere Tierstudien erhöhte Inzidenzen, die vor allem Hirntumorrisiken betreffend sowohl die Fachdiskussionen als auch die öffentliche Debatte neu befeuert haben.

Eine wesentliche Aufgabe besteht (grundsätzlich und zukünftig) darin, Hürden für eine offene wechselseitige Kommunikation von Akteursgruppen insbesondere zwischen Wissenschaft, Zivilgesellschaft und Politik abzubauen, um somit Glaubwürdigkeit, Relevanz und Legitimität des Informationsflusses und damit letztlich auch der Entscheidungen zu ermöglichen. Vor diesem Hintergrund erscheint es sinnvoll, den Prozess der Risikobewertung und des Risikomanagements einer Evaluation dahingehend zu unterziehen, ob in Deutschland (und international) relevante Stakeholder rechtzeitig und umfassend genug einbezogen (wurden bzw.) werden und ob die Kommunikation der einzelnen Schritte offen und transparent ist. Gegebenenfalls wäre vor diesem Hintergrund die Risikogovernance entsprechend zu reformieren.

Hintergrund
Kurzinterview mit TAB-Projektleiter Christoph Revermann

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
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Tags:
Risikokommunikation, Transparenz, Risikobewertung, Glaubwürdigkeit, TAB, Stakeholder

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