Österreich ohne Rechtsgrundlage zum Schutz vor EMF-Einwirkung? (Allgemein)
In einem PDF schreiben österreichische Smart-Meter-Gegner:
Am 11.1.2019 präsentierte der Rechnungshof dem Parlament eine 128-seitige vernichtende Kritik an Bundesministerium und E-Control betreffend der Einführung von Smart-Metern. Dieser Bericht ist eine äußerst spannende und empfehlenswerte Pflichtlektüre.
Zuerst hat Teilnehmer "conviva" im Gigaherz-Forum auf das PDF der Smart-Meter-Gegner aufmerksam gemacht.
Da mich an Smart Metern ausschließlich der Gesundheitsaspekt interessiert, forschte ich in dem PDF der Gegner weiter nach diesbezüglichen Aussagen. Das Ergebnis ist zwiespältig. Zwar gibt es eine Titelzeile "Zusammenfassung der gesundheitlichen Aspekte aus dem RH-Bericht" (RH: Rechnungshof) mit zehn Unterpunkten, doch diese sind, bis auf eine Ausnahme, nicht spannend, sondern eher unspektakulär und langweilig. Jeder mag sich von dieser Wertung gerne selbst anhand des oben verlinkten PDFs überzeugen. Hingegen äußerst spannend ist tatsächlich der erste der zehn Unterpunkte:
Österreich verfügte zur Zeit der Gebarungsüberprüfung des RH über keine Rechtsgrundlagen zum Schutz der Allgemeinbevölkerung vor der Einwirkung durch elektromagnetische Felder in den Bereichen Elektrizität, Telekommunikation und Gesundheit.
Wie bitte?
Weil diese Behauptung der Gegner so unglaublich klingt, habe ich sie im Originalbericht des Rechnungshofes gesucht und gefunden. Dort lautet sie:
(1) Österreich verfügte zur Zeit der Gebarungsüberprüfung des RH - mit Ausnahme einer Verordnung zum Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor der Einwirkung durch elektromagnetische Felder - über keine Rechtsgrundlagen zum Schutz der Allgemeinbevölkerung vor der Einwirkung durch elektromagnetische Felder in den Bereichen Elektrizität, Telekommunikation und Gesundheit.
(2) Auf europäischer und internationaler Ebene lagen rechtlich nicht bindende Empfehlungen vor:
- Empfehlung des Rates vom 12. Juli 1999 zur Begrenzung der Exposition der Bevölkerung gegenüber elektromagnetischen Feldern (0 Hz - 300 GHz) sowie
- Empfehlungen (Guidelines) der Internationalen Kommission zum Schutz vor nichtionisierender Strahlung (ICNIRP)69 für die Begrenzung der Expositionen durch zeitlich veränderliche elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder (bis 300 GHz).
Die darin empfohlenen Referenzwerte flossen in die ÖVE/ÖNORM E8850 "Elektrische, magnetische und elektromagnetische Felder im Frequenzbereich 0 Hz bis 300 GHz - Beschränkung der Exposition von Personen" ein.
Der RH wies kritisch darauf hin, dass Österreich über keine verbindliche Rechtsgrundlage zum Schutz der Allgemeinbevölkerung vor den Einwirkungen durch elektromagnetische Felder verfügte.
Der RH empfahl dem nunmehr zuständigen Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, im Einvernehmen mit den zuständigen Bundesministerien die Erlassung einer Verordnung über den Schutz der Allgemeinbevölkerung vor der Einwirkung durch elektromagnetische Felder zu prüfen.
Laut Stellungnahme des Bundesministeriums für Nachhaltigkeit und Tourismus seien die Netzbetreiber dazu angehalten, bei der Beschaffung und Installation von intelligenten Messgeräten die Anforderungen der ÖVE-ÖNORM E 8850 zu berücksichtigen. Feldstärken unter den angegebenen Grenzwerten würden nach heutigem Wissensstand zu keiner gesundheitlichen Beeinträchtigung führen. Die Norm werde auch in starkstromwegerechtlichen Verfahren herangezogen.
Das Ministerium bemerkte ferner, dass es für die Erlassung einer Verordnung im elektrizitätsrechtlichen Bereich derzeit keine gesetzliche Grundlage gebe. Eine solche müsste daher zunächst vom Gesetzgeber geschaffen werden.
Der RH erwiderte dem Bundesministerium für Nachhaltigkeit und Tourismus, dass mit fortschreitender Digitalisierung aller Lebensbereiche (Smart Home) auch ein angemessener Schutz der Allgemeinbevölkerung vor der Einwirkung durch elektromagnetische Felder in Betracht zu ziehen ist. Die Empfehlung, eine entsprechende Verordnung zu prüfen, schließt auch die Prüfung einer allfälligen gesetzlichen Verordnungsermächtigung mit ein.
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –