Soll Forschungsbetrug strafbar werden? (Forschung)

Gast, Mittwoch, 16.07.2014, 12:31 (vor 3543 Tagen)

Im angeblich so seriösen Forschungsbetrieb wird immer wieder getrickst, manipuliert und getäuscht. Ein renommierter Mediziner fordert nun, Wissenschaftsbetrug unter Strafe zu stellen. Doch Kollegen sind skeptisch. Von Holger Dambeck mehr...

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Wissenschaft, Wissenschaftliches Fehlverhalten, Wissenschaftsbetrug

Was tun bei Fälschung?

Alexander Lerchl @, Mittwoch, 16.07.2014, 18:15 (vor 3543 Tagen) @ Gast

Im angeblich so seriösen Forschungsbetrieb wird immer wieder getrickst, manipuliert und getäuscht. Ein renommierter Mediziner fordert nun, Wissenschaftsbetrug unter Strafe zu stellen. Doch Kollegen sind skeptisch. Von Holger Dambeck mehr...

Danke, "Gast"!

Zum Thema ist vor wenigen Tagen ein Beitrag von mir im Laborjournal erschienen.

[Ergänzung vom Moderator 18.07.2014:
2008/Wer wird hier von der Industrie bezahlt? und Interview mit Alexander Lerchl]


[Admin: Postingtitel am 18.7.14, 01:09 Uhr auf Titelzeile des Beitrags im LJ geändert]

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"Ein Esoteriker kann in fünf Minuten mehr Unsinn behaupten, als ein Wissenschaftler in seinem ganzen Leben widerlegen kann." Vince Ebert

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Wien, Rüdiger, Wissenschaftsbetrug, Springer-Verlag, Forschungsskandal, Retraktion, EU-Geld, Beisiegel, Laborjournal

Mobilfunkgegner finanzierten Reflex-Replikationen?

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 16.07.2014, 23:38 (vor 3542 Tagen) @ Alexander Lerchl

Zum Thema ist vor wenigen Tagen ein Beitrag von mir im Laborjournal erschienen.

Schöner Beitrag, der, seiner klaren Worte wegen, Ihrem Lieblings-Gegenspieler wahrscheinlich eine Reaktion abnötigen wird. Zuletzt hat Franz Adlkofer auf der Pandora-Website vor acht Monaten ein Lebenzeichen gesendet (ungepulst). Für mich sieht es so aus: Die beiden 2013 gescheiterten Reflex-Replikationsversuche in Berlin und Darmstadt haben den Studienkoordinator am Nerv getroffen.

Auch Sie schreiben in Ihrem Artikel ja über gescheiterte Reflex-Replikationsversuche:

Nicht eine Publikationen wurde bislang zurückgezogen. Die Folgen: Die Paper werden nach wie vor zitiert, insbesondere von Mobilfunkgegnern und Profiteuren der Debatte, und anderen Gruppen wurden Replikationsstudien finanziert, nur um festzustellen, dass die Ergebnisse tatsächlich nicht reproduzierbar sind.

Leider hapert es ausgerechnet an der entscheidenden Stelle ein bisschen an der Grammatik, so dass mir nicht klar ist, was genau Sie meinen. Ich habe die Passage so verstanden, Mobilfunkgegner, Profiteure und andere hätten gescheiterte Reflex-Replikationsstudien finanziert. Das wäre, wenn ich Sie nicht falsch verstanden habe, ein ziemliches Ding, zu dem Sie mMn ein paar Takte mehr sagen sollten. Erinnert mich stark an die missglückte und deshalb vertuschte berühmt-berüchtigte Replikation der Hühnerembryonenstudie des hese-projects.

Von der Logik her passt es, wenn Mobilfunkgegner wie Diagnose-Funk, Gigaherz und "Kompetenzinitiative" Geld in eine Reflex-Replikation gesteckt hätten, um ein Gewicht für ihre Waagschale zu bekommen. Doch hätte sich so ein Anlauf geheim halten lassen? Mir ist davon jedenfalls überhaupt nichts bekannt geworden.

Umgekehrt habe ich mich gewundert, dass die beiden 2013 gescheiterten Reflex-Replikationen (Berlin-Darmstadt) zwar öffentlich kurz vorgestellt wurden, eine detaillierte Würdigung und die Bedeutung der Arbeiten für den Reflex-Streit jedoch ausblieb. Kurioserweise war es Franz Adlkofer himself, der die Berliner Replikation unmissverständlich zum Scheiterhaufen für Reflex erklärte, als er im September 2013 verbittert schrieb:

In der Publikation „Gentoxische Wirkungen nach Exposition gegenüber hochfrequenten elektromagnetischen Feldern sind in HL-60-Zellen nicht reproduzierbar“ von Speit, Gminski und Tauber werden die im Rahmen der REFLEX-Studie erhaltenen Forschungsergebnisse nicht etwa angezweifelt, sondern für ungültig erklärt.

So eine deutliche Wertung hätte ich eigentlich eher von Ihnen, von der SSK oder vom BfS erwartet.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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Reflex-Koordinator, Tauber, HL60-Zellen, Hühnerembryonen-Studie, Speit, Sponsoren, Gminski

Mobilfunkgegner finanzierten Reflex-Replikationen?

Alexander Lerchl @, Donnerstag, 17.07.2014, 08:45 (vor 3542 Tagen) @ H. Lamarr

Zum Thema ist vor wenigen Tagen ein Beitrag von mir im Laborjournal erschienen.

Schöner Beitrag, der, seiner klaren Worte wegen, Ihrem Lieblings-Gegenspieler wahrscheinlich eine Reaktion abnötigen wird.

Meinen Sie?

Auch Sie schreiben in Ihrem Artikel ja über gescheiterte Reflex-Replikationsversuche:

Nicht eine Publikationen wurde bislang zurückgezogen. Die Folgen: Die Paper werden nach wie vor zitiert, insbesondere von Mobilfunkgegnern und Profiteuren der Debatte, und anderen Gruppen wurden Replikationsstudien finanziert, nur um festzustellen, dass die Ergebnisse tatsächlich nicht reproduzierbar sind.

Leider hapert es ausgerechnet an der entscheidenden Stelle ein bisschen an der Grammatik, so dass mir nicht klar ist, was genau Sie meinen.

Das sehe ich nicht so. Das Komma, oben rot und fett markiert, trennt die beiden Sachverhalte (in der deutschen Grammatik wird bei Aufzählungen vor dem "und" kein Komma gesetzt).

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Mobilfunkgegner finanzierten Reflex-Replikationen?

Kuddel, Donnerstag, 17.07.2014, 21:40 (vor 3542 Tagen) @ Alexander Lerchl

Ich finde auch dass der Satz unverständlich formuliert ist.
Der komplizierte Satzbau stört er den Lesefluß und lenkt damit vom Inhalt ab.

Verbesserungsvorschlag:
Nicht eine Publikationen wurde bislang zurückgezogen. Die Folgen: Die Paper werden von Mobilfunkgegnern und Profiteuren der Debatte missbraucht und aufgrund des damit geschürten öffentlichen Interesses werden Forschungsmittel für immer weitere Replikationsstudien ausgegeben, nur um festzustellen, dass die Ergebnisse tatsächlich nicht reproduzierbar sind.

K

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Missbrauch, Profiteur, Irreführung, Amateur, Kolportage, Verschwendung

Klarstellung!

Alexander Lerchl @, Freitag, 18.07.2014, 11:20 (vor 3541 Tagen) @ Kuddel

Ich finde auch dass der Satz unverständlich formuliert ist.
Der komplizierte Satzbau stört er den Lesefluß und lenkt damit vom Inhalt ab.

Verbesserungsvorschlag:
Nicht eine Publikationen wurde bislang zurückgezogen. Die Folgen: Die Paper werden von Mobilfunkgegnern und Profiteuren der Debatte missbraucht und aufgrund des damit geschürten öffentlichen Interesses werden Forschungsmittel für immer weitere Replikationsstudien ausgegeben, nur um festzustellen, dass die Ergebnisse tatsächlich nicht reproduzierbar sind.

K

Ich hatte die letzten Tage viel um die Ohren, bin daher erst heute dazu gekommen, den Text, den ich eingereicht hatte, mit dem, der veröffentlicht wurde, zu vergleichen. Das Ergebnis hat mich ziemlich erschreckt.

Von mir eingereichter Text: "Passiert ist bislang aber – nichts. Keine einzige der Publikationen wurde bislang retrahiert. Die Folgen sind, dass Replikationsstudien für andere Forschergruppen finanziert und durchgeführt wurden (nur um festzustellen, dass die Ergebnisse nicht replizierbar waren) und die paper nach wie vor zitiert werden, insbesondere von Mobilfunkgegnern und Profiteuren der Debatte. Weite Teile der Bevölkerung sind nach wie vor verunsichert, ob sie sich durch den Gebrauch von Handys einen Hirntumor einhandeln könnten. "

Veröffentlichter Text: "Passiert ist bis heute aber – nichts. Nicht eine Publikationen wurde bislang zurückgezogen. Die Folgen: Die Paper werden nach wie vor zitiert, insbesondere von Mobilfunkgegnern und Profiteuren der Debatte, und anderen Gruppen wurden Replikationsstudien finanziert, nur um festzustellen, dass die Ergebnisse tatsächlich nicht reproduzierbar sind. Zudem sind weite Teile der Bevölkerung nach wie vor verunsichert, ob sie sich durch Handygebrauch einen Hirntumor einhandeln könnten."

Sehr ärgerlich! Ich hatte den Text auch nicht noch einmal als Druckfahne zum Gegenlesen bekommen.

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Klarstellung, Debatte

Advocatus Diaboli vs. DAU

H. Lamarr @, München, Freitag, 18.07.2014, 01:06 (vor 3541 Tagen) @ Alexander Lerchl

[...] so dass mir nicht klar ist, was genau Sie meinen.

Das sehe ich nicht so.

Ja, das glaube ich Ihnen gerne, Sie wissen ja am besten, was Sie vermitteln wollten. Dennoch habe ich die Passage anfangs missverstanden, richtig erst nach Ihrem Hinweis.

Mobilfunkgegner haben also keine Reflex-Replikation finanziert. Schade eigentlich, bei Lennart Hardell haben sie's später auf Betreiben von (ausgerechnet) Franz Adlkofer gemacht.

Auch Technische Redakteure haben so etwas wie eine Peer-Review, wir nennen es Korrekturlesen. Und natürlich erliegen auch wir leicht der Versuchung, bei einer Nachfrage wegen einer mehrdeutigen Formulierung dem Kollegen zu erklären, was gemeint sei. Gut ist das nicht, wenn es dabei bleibt, denn die Leser unserer Werke (Benutzerhandbücher) müssen später ohne Mund-zu-Mund-Beatmung damit klar kommen. Ich habe mir daher im Job angewöhnt, jede Verständnisfrage grundsätzlich nicht als Empfängerproblem zu sehen (du bist zu doof mich zu verstehen), sondern als Senderproblem (ich habe mich nicht einwandfrei ausgedrückt). Okay, sagen wir bei fast jeder Verständnisfrage sehe ich das so. Dort, wo's klemmt, wird dann ohne Diskussion umformuliert. Die Diskussion wäre sogar schädlich, denn je ahnungsloser ein Korrekturleser ist, desto besser, nur so kann er einen guten Pappkamerad für den späteren "echten" Leser abgeben. Jede verbale Hilfestellung entwertet den Korrekturleser, in einem zweiten Korrekturlauf noch einmal erfolgreich den Advocatus Diaboli zu geben. Denn nur 1-mal verbal gebrieft hat er - teuflisch angenehm für den Sender - gar keine Fragen mehr auf den Lippen.

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Soll Forschungsbetrug strafbar werden?

Radioburst, Mittwoch, 16.07.2014, 23:18 (vor 3542 Tagen) @ Gast

Im angeblich so seriösen Forschungsbetrieb wird immer wieder getrickst, manipuliert und getäuscht. Ein renommierter Mediziner fordert nun, Wissenschaftsbetrug unter Strafe zu stellen. Doch Kollegen sind skeptisch.

Es gibt sehr viele Fälle in Leben, in denen Schwindeleien bis hin zum Betrug keine strafrechtliche Handlung darstellen, also nicht strafbewehrt sind.
Das bedeutet allerdings nicht, dass der entsprechend Handelnde nicht für seine Taten gerade stehen muss und z.B. zivilrechtlich einen daraus entstandenen Schaden zu tragen hat. Strafrecht und Zivilrecht sind unterschiedliche Gebiete.
Das trifft sogar auf strafunmündige Kinder zu, deren Handlungen wegen des Alters nicht strafbewehrt sind. Sie werden lediglich nicht bestraft. So kann z.B. ein so entstandener Schaden vom Geschädigten auch nach Jahren auf Begleichung eingeklagt werden, wenn das ehemalige Kind ein eigenes Einkommen hat oder zu Vermögen gekommen ist.

Warum sollte also ein Institut, das auf Grund von gefälschten Daten einen Schaden erlitt, diesen nicht zivilrechtlich einklagen können?

Wäre es nicht auch denkbar, dass sogar strafrechtlich über "Groben Unfug" ein Einschreiten denkbar ist? In den 1970-er Jahren wurde zwar der § 360 Abs. 1 Nr. 11 gekippt, doch auch heute noch kann für jeweils Einzelfälle, also kasuistisch ein Strafverfahren in Gang gesetzt werden.

Anmerkung:
Ich bin ein juristischer Laie und weiß nicht, ob meine obigen Ausführungen zutreffend sind. Sie sind nur eine nicht abgesicherte momentane Meinung und in diesem Sinne auch nur als Forenbeitrag zur Anregung einer Diskussion zu verstehen. Ich lasse mich gerne Besseren belehren.

Soll Forschungsbetrug strafbar werden?

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 17.07.2014, 00:28 (vor 3542 Tagen) @ Radioburst

Ich bin ein juristischer Laie und weiß nicht, ob meine obigen Ausführungen zutreffend sind. Sie sind nur eine nicht abgesicherte momentane Meinung und in diesem Sinne auch nur als Forenbeitrag zur Anregung einer Diskussion zu verstehen. Ich lasse mich gerne Besseren belehren.

Wäre unser exmatrikulierter Studienkritiker ähnlich selbstkritisch, er hätte sich zum Rufen nicht in die Wüste zurückziehen müssen.

Ebenfalls Rechtslaie kann ich nichts Substanzielles beitragen. Ich fürchte jedoch, wer es drauf anlegt, wird sich auch als Wissenschaftler erfolgreich vor der Verantwortung drücken können. Zum Beispiel durch Publikationen in zwielichtigen Journalen, die ihren Autoren im Kleingedruckten eine Haftungsausschlussklausel einräumen.

Modellbeispiel einer Klausel, mit der es z.B. möglich ist, sündhaft teuren Plunder ungestraft zu verkaufen:

Rechtlicher Hinweis: Das FOSTAC® Verfahren ist wissenschaftlich noch nicht gesichert anerkannt und soll, nach dem aktuellen Stand der westlichen Wissenschaft, nur zufällige Schwingungsmuster erzeugen. Die von uns beschriebenen Wirkungen werden derzeit nicht als gesichert betrachtet und bleiben vorerst fachlich umstritten. Unsere Produkte können damit bei gesundheitlichen Problemen den Arztbesuch nicht ersetzen.

Noch stärker sichert sich Bioprotect ab. Wer da klickt, um eine Bioprotect-Karte, auf die übrigens "Charles" schwört, erwerben zu dürfen - dem ist mMn sowieso nicht mehr zu helfen.

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