Valladolid: Kinderkrebs an Schule - was wirklich geschah (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Montag, 15.11.2010, 00:48 (vor 4883 Tagen)

Über die Geschehnisse an der Schule García Quintana in Valladolid, die 2001 mit Krebsfällen unter den Schulkindern - angeblich infolge benachbarter Mobilfunk-Sendemasten - in die Schlagzeilen geriet, sind unglaublich viel Berichte im www zu finden, deren Wahrheitsgehalt zugunsten dramatischer Eindrücke auf der Strecke blieb. Wir haben deshalb den spanischen Staat um Auskunft gebeten, was damals wirklich los war und ob es stimmt, dass wegen Valladolid tausende von Sendeantennen demontiert werden mussten. Wir erhielten u.a. die deutsche Übersetzung von Auszügen aus einem Bericht der spanischen Nachrichtenagentur "Europa Press" vom 3. Dezember 2004, der den juristischen Verlauf des Prozesses um die Funkantennen in Valladolid detailliert und unaufgeregt wiedergibt. Hier die wichtigsten Informationen daraus:

Der Elternverband der Schule García Quintana in Valladolid und die Staatsanwaltschaft der Stadt Valladolid erhoben nach Auftreten der ersten vier Krebsfälle unter den Schülern der o.g. Schule im Oktober 2001 Anklage gegen die Verantwortlichen für die Aufstellung von Sendemasten in der unmittelbaren Nähe der Schule. In einem ersten Urteil von Oktober 2003 wurde das Verfahren eingestellt, da das Gericht keinen Beweis für eine Gesundheitsgefährdung durch die Antennen sowie für eine Amtspflichtverletzung seitens der städtisch Verantwortlichen fand. Konkret sah das Gericht einen Zusammenhang zwischen den Sendemasten und den Krebserkrankungen der Schüler als nicht erwiesen an und stützte sich bei diesem Urteil auf mehrere Expertenberichte und das Ergebnis einer eigens gebildeten Untersuchungskommission.

Weiter wurde uns mitgeteilt: Dieses Urteil, gegen das der Elternverband noch zwei Mal Revision einlegte, wurde im Dezember 2004 erneut bestätigt und das Verfahren danach endgültig eingestellt.

Die Kläger konnten sich zwar auf dem Rechtswege nicht gegen die Telefonanlagenbetreiber durchsetzen, hatten aber durch ihre Bürgerproteste und Demonstrationen zumindest einen Teilerfolg: Denn als der vierte Kinderkrebsfall bekannt wurde, ordnete der zuständige Richter im Dezember 2001 schließlich den Abbau der in der Nähe der Schule befindlichen Antennen an. Und obwohl die oben bereits erwähnte Expertenkommission es für „höchst unwahrscheinlich“ hielt, dass die Ursachen der Krebserkrankung der betroffenen Schüler gefunden werden könnten, sah sich die Stadtverwaltung von Valladolid durch den öffentlichen Protest dazu veranlasst, bei der Vergabe neuer Lizenzen für die Aufstellung von Telefonantennen ein Moratorium von sechs Monaten zu verhängen und am 5. November 2002 eine neue „Städtische Verordnung über die Aufstellung von Antennen“ zu verabschieden.

"Welche Auflagen seitdem genau erfüllt werden müssen", schreibt der Auskunftgeber, "kann ich Ihnen leider nicht sagen, ich denke aber, es geht dabei auch um eine bestimmte Höhe und Sendeleistung der Anlagen, die nicht mehr überschritten werden dürfen. Insofern ist es durchaus möglich, dass alle Anlagen in Valladolid, die gegen diese neue Verordnung verstoßen haben, abgebaut werden mußten." Wie viele Antennen das genau waren und ob davon auch Anlagen im restlichen Spanien betroffen waren, dies konnte der freundliche Helfer in Spanien für uns leider nicht in Erfahrung bringen.

Hinweis: Da wir es gegenüber der angefragten Stelle versäumt haben darauf hinzuweisen, dass die Antwort auf unsere Anfrage veröffentlicht werden soll, müssen wir die Quelle der Auskunft, eine Amtsperson, verschleiern.

Weitere Hintergrundinfos
Die Kinderleukämiefälle in Valladolid/Spanien

--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Eltern, Valladolid, Moratorium

Valladolid: Krebs-Ängste schüren, um jeden Preis

H. Lamarr @, München, Montag, 15.11.2010, 17:21 (vor 4883 Tagen) @ H. Lamarr

Dieses Urteil, gegen das der Elternverband noch zwei Mal Revision einlegte, wurde im Dezember 2004 erneut bestätigt und das Verfahren danach endgültig eingestellt.

Auf einschlägig bekannten Alarmseiten wie dieser hier sucht man vergebens nach der obigen Information! Da wird zwar seitenlang und mit ebenso viel Akribie wie Detailreichtum Alarm geschlagen, die entscheidende Frage aber, wie es denn in Valladolid nun weiter gegangen ist, die wird nicht beantwortet, ja noch nicht einmal gestellt! Die Betreiber solcher Seiten interessieren sich nicht mehr für ein Thema, wenn es kippt, die Berichterstattung wird dann einfach mit der letzten Alarmmeldung (vor der fällig werdenden Entwarnung) eingestellt. Fünf Jahren hätte elektrosmognews Zeit gehabt, die verzerrte Berichterstattung über Valladolid zu korrigieren, passiert ist bis auf ein paar kosmetische Eingriffe jedoch bis heute überhaupt nichts, nicht einmal in der Zusammenfassung zu Valladolid haben Hinweise auf die verlorenen Prozesse Einzug halten dürfen (Stand: 15.11.2010). Im Gegenteil: Es wurden nur noch weitere Alarmmeldungen aufgetischt, die nach der Initialzündung durch Valladolid aus anderen spanischen Regionen hereintröpfelten. Die falsche Information der Besucher, die sich auf solche Seiten verirren, wird anscheinend billigend in Kauf genommen, denn ich weiß, dass den Betreibern von elektrosmognews die weitere Entwicklungen, die NEWs, in der spanischen Stadt durchaus bekannt sind. Bei der Entrümpelung der elektrosmognews, die kürzlich stattgefunden haben soll, hätte die traurige Berichterstattung über Valladolid mMn ersatzlos gelöscht oder wenigstens um den wichtigen Schlusspunkt ergänzt werden müssen.

Der Grund für diese hartnäckige Desinformation dürfte freilich sonnenklar sein: Das Ergebnis, dass nämlich kein Zusammenhang zwischen den Krebsfällen und den verdächtigten Sendeanlagen gefunden werden konnte, passt nicht ins Konzept von Alarmseiten. Damit aber ist den gängigen Alarmseiten mMn grundsätzlich nicht zu trauen. Der feste Wille zum Alarmieren um jeden Preis macht sie so wertvoll wie einen Lottospielschein, der zwar ausgefüllt ist, aber nicht abgegeben wurde.

Das Konzept der einseitig auf Alarm ausgerichteten EMF-Websites mag vor zehn Jahren, in der beginnenden Blütezeit der Sendemastengegnerei erfolgreich gewesen sein, heute ist es mMn von der Realität überholt worden und nur noch Beleg für fehlende Anpassungsfähigkeit an die aktuellen Entwicklungen.

Weitere Alarmseiten zu Valladolid mit fehlendem Finale
http://www.esmog-augsburg.de/info-aktuell-spanien.htm
http://www.buergerwelle.de/pdf/valladolid_spanien_28_12_01_15_02_02.htm
http://www.gigaherz.ch/567/420/
http://www.buergerwelle.de/d/doc/recht/valladolid-gerichtsurteil.htm
http://waldorf-salzburg.info/rss/mobilfunk/spanien.htm

usw. usf.

--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Valladolid

Valladolid: Krebs-Ängste schüren, um jeden Preis

Eva Weber, Montag, 15.11.2010, 19:01 (vor 4883 Tagen) @ H. Lamarr

Dieses Urteil, gegen das der Elternverband noch zwei Mal Revision einlegte, wurde im Dezember 2004 erneut bestätigt und das Verfahren danach endgültig eingestellt.

[...]
Der Grund für diese hartnäckige Desinformation dürfte freilich sonnenklar sein: Das Ergebnis, dass nämlich kein Zusammenhang zwischen den Krebsfällen und den verdächtigten Sendeanlagen gefunden werden konnte, passt nicht ins Konzept von Alarmseiten. Damit aber ist den gängigen Alarmseiten mMn grundsätzlich nicht zu trauen. Der feste Wille zum Alarmieren um jeden Preis macht sie so wertvoll wie einen Lottospielschein, der zwar ausgefüllt ist, aber nicht abgegeben wurde.
[...]

Vielleicht ist ja Leukämie bei Kindern ansteckend, und man weiß es nur noch nicht? Bei den AKW's rätselt man ja auch herum!

Valladolid: Krebs-Ängste schüren, um jeden Preis

H. Lamarr @, München, Dienstag, 16.11.2010, 00:03 (vor 4882 Tagen) @ Eva Weber

Vielleicht ist ja Leukämie bei Kindern ansteckend, und man weiß es nur noch nicht? Bei den AKW's rätselt man ja auch herum!

Das Rätseln findet dort aber auf höherem Niveau statt, jenseits der Debatten erregter Biertischexperten, die ja auch über das Schadpotenzial von Sendemasten so exorbitant gut "Bescheid wissen". Der Artikel Die unfassbare Wolke bringt das Dilemma scheinbar widersprüchlicher aber doch seriöser Studien - wie bei den AKW-Kinderleukämien - mMn gut rüber.

Mit Valladolid hat dies alles jedoch herzlich wenig zu tun, denn was bei AKWs gefunden wurde, nämlich Hinweise auf einen Kausalzusammenhang zwischen Abstand zu AKWs und dem Auftreten von Kinderleukämiefällen, so ein Kausalzusammenhang fehlt in Valladolid. Jedenfalls auf wissenschaftlichem Niveau, an Valladolids Biertischen ist dieser Zusammenhang selbstverständlich schon 2001 ein für allemal gefunden worden.

--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Kausalzusammenhang

Valladolid: Krebs-Ängste schüren, um jeden Preis

michael, Dienstag, 16.11.2010, 10:05 (vor 4882 Tagen) @ H. Lamarr

in dem Zusammenhang wäre ja mal interessant, ob es nach dem Abbau der Antennen
an der Schule weiter Krebserkrankungen gegeben hat, wenn ja wäre das ja Wasser in die Gebetsmühlen der Verharmloser, wenn nicht..das bleibt dann sicher ungeklärt.

Michael

Kinderkrebskandal von Valladolid - Skandal im Ruhestand

H. Lamarr @, München, Dienstag, 16.11.2010, 13:49 (vor 4882 Tagen) @ michael

in dem Zusammenhang wäre ja mal interessant, ob es nach dem Abbau der Antennen
an der Schule weiter Krebserkrankungen gegeben hat, wenn ja wäre das ja Wasser in die Gebetsmühlen der Verharmloser, wenn nicht..das bleibt dann sicher ungeklärt.

Zu Ihrem Bedauern muss ich Ihnen mitteilen, dass tatsächlich zwei Jahre nach Abschaltung der Antennen noch ein weiterer Krebsfall dort aufgetreten ist, bei einem damals 8-Jährigen Jungen. Da HF-Einwirkung diesmal als Verursacher ausschied, wurden kurzerhand NF-Felder verdächtigt.

Weder Sie, "Michael", noch ich werden uns wohl je mit eigenen Augen davon überzeugen können, was wirklich in Valladolid geschah. Deshalb vertraue ich darauf, dass die Expertenkommissionen dort und die Gerichte ordentlich gearbeitet haben. Meine Erfahrung mit Sendemastengegnern, die es im Dienste des Alarmierens gerne mit Fakten nicht so genau nehmen und ausnahmslos auf dem zweiten Auge blind sind, bestärken mich in dieser Einschätzung. Schauen Sie sich doch einfach mal die oben verlinkten Berichte aus den alten Tagen an, dann müsste doch auch Ihnen etwas auffallen. Nämlich dass die Berichterstattung ausnahmslos spätestens dann abbricht (2003), als das Verfahren gegen die "Verantwortlichen" mangels greifbarer Zusammenhänge eingestellt wurde. Auch zwei Revisionsanträge konnten dies nicht ändern.

ALARM brüllen und wild gestikulierend Aufmerksamkeit auf sich ziehen ist keine Kunst. Den Alarm mit Sachverstand zu begründen dagegen schon. Der Bürgerinitiative in Valladolid ist das nicht gelungen weil es dort nicht anders läuft wie hier: Von ganz wenigen Alarmisten aufgepeitschte rechtschaffene Bürger können bei einem Sachthema, das sie inhaltlich nicht voll begreifen, ihr Tun nicht vernünftig begründen. Und auch die Alarmisten greifen nur auf Zeugs zurück, das zwar immer wieder kunstvoll in die Diskussionen eingeschleust wird, vor Expertengremien aber in aller Regel nicht oder nur befristet bestehen kann.

Valladolid ist mMn ein schönes Beispiel für eine Massenhysterie, wie sie Orson Welles mit seinem Hörspiel Krieg der Welten (Invasion vom Mars) 1938 angeblich geschafft haben soll. Bei Orson Welles entstand die Panik unbeabsichtigt, was Valladolid anbelangt, bin ich mir da nicht so sicher. Die verzerrte Berichterstattung zeigt ja unübersehbar, dass es jede Menge Trittbrettfahrer gibt, die kräftig Öl ins Feuer gegossen haben. Aber nur, solange es loderte. Als sich die Glut 2003 abkühlte, erlosch schlagartig auch das Interesse der parasitären Paniker an Valladolid, sie suchten sich neue Wirte und fanden diese umgehend in Salford und Reflex.

Der Sturm von Valladolid scheint auch einer gewesen zu sein, der im Wasserglas stattfand. Google-News weiß aus dem fraglichen Zeitraum allerlei aus Valladolid zu berichten, z.B. dass der FC Barcelona im Juni 2001 nur ein 2:2-Remis in Valladolid schaffte, von den Kinderkrebsfällen weiß der Dienst jedoch nicht viel aus seriöser Quelle zu berichten. Treibende Kraft der Berichterstattung in Deutschland war damals mit elektrosmognews Jörg W., kein Wunder, er ist Übersetzer u.a. für Spanisch. Als W. sich zurückzog und elektrosmognews an hese übergab war dies auch das Ende der wilden Panikmeldungen von der Halbinsel. In Deutschland war mMn mit W. eine einzige Person für den Valladolid-Hype verantwortlich, die ödp verlieh im dafür den Silbernen Reißnagel.

--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
ödp, Trittbrettfahrer, Elektrosmognews, Valladolid

So entstehen Schlagzeilen

Diagnose-Reflex, Dienstag, 16.11.2010, 17:09 (vor 4882 Tagen) @ H. Lamarr

Servus Spatenpauli,

um Ihnen die Enstehung von Schlagzeilen zu verdeutlichen, hier der passende Witz aus dem Umfeld des derzeitigen Tabellenführers der Fußball-Bundesliga (im übrigen werden die Fans desselben von den Konkurrenten "Biene Majas" genannt. Von Massensterben keine Spur...):

Während zwei Jungs auf einer Wiese nahe des Westfalenstadions in Dortmund Fußball spielen, wird der eine plötzlich von einem Rottweiler angegriffen und ins Bein gebissen. Der andere Junge nimmt sofort einen Stock, steckt ihn in das Halsband des Hundes und während er den Stock so dreht, bricht er der Bestie das Genick, welche darauf das Bein endlich los lässt. Ein Journalist, der das Geschehen gerade verfolgt hat, rennt sofort zu dem Jungen, um ein paar Bilder zu machen und ihn zu interviewen und schreibt in sein Notebook: BVB Fan rettet durch Heldentat seinen Freund, der von einer wilden Bestie angegriffen wurde. Der Junge: Aber ich bin doch gar kein BVB-Fan!
Der Journalist korrigiert seine Eingabe: Ein Dortmunder Jung rettet seinen Freund nach Hundebiss! Der Junge: Aber ich komme doch gar nicht aus Dortmund! Der Journalist: Und von wo kommste dann...? Der Junge: Ich komme aus Gelsenkirchen und bin Schalke-Fan! Der Journalist notiert: Widerliches Rotz-Blag aus Gelsenkirchen erwürgt hilflosen Welpen!

Krebsskandal von Valladolid - Skandal im Ruhestand

michael, Donnerstag, 18.11.2010, 07:57 (vor 4880 Tagen) @ H. Lamarr

Zu Ihrem Bedauern muss ich Ihnen mitteilen, dass tatsächlich zwei Jahre nach Abschaltung der Antennen noch ein weiterer Krebsfall dort aufgetreten ist, bei einem damals 8-Jährigen Jungen. Da HF-Einwirkung diesmal als Verursacher ausschied, wurden kurzerhand NF-Felder verdächtigt.

Ich will und muss da nichts bedauern, ich wollte es nur wissen.

Kinderleukämie in Valladolid - V/m-Messwerte Mangelware

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 18.11.2010, 12:17 (vor 4880 Tagen) @ michael

Ich will und muss da nichts bedauern, ich wollte es nur wissen.

War ja auch nur augenzwinkernd gemeint ...

Je länger ich in den alten Berichten zu Valladolid herumkrusche, desto merkwürdiger wird das Ganze für mich. So konnte ich lediglich eine einzige Quelle finden, in der Messwerte nachzulesen sind. Der Suchbegriff lautete sprachneutral Valladolid V/m und hätte meiner Meinung nach ein paar Quellen in Spanien zutage fördern müssen. Das aber ist nicht der Fall, sondern zwei (identische) Quellen aus Deutschland drängen in den Vordergrund, wobei die Bürgerwelle den Text von elektrosmognews nur übernommen hat, bleibt also unterm Strich eine einzige Quelle übrig - und die sitzt nicht in Valladolid, sondern in Deutschland. Allein dieser Umstand müsste einen schon misstrauisch machen.

Und wie klar ist diese Quelle? Schauen wir uns mal an, was Jörg W. damals aus dem Hut zauberte:

Die Angaben über Messwerte sind laut Aussagen der Bürgerverbände nicht sehr zuverlässig. Vor allem wußten die Betreiber vom Zeitpunkt der Messung, so dass die wahren Werte eher noch höher waren.

Die also unter Vorbehalt zu betrachtenden Werte lagen zwischen 0,66 und 3,96 V/m, der Höchstwert direkt am Schornstein soll bei 8,38 V/m gelegen haben.

Was für grandiose Angaben! Und gleich noch selber infrage gestellt, ob die Werte denn überhaupt stimmen oder vielleicht noch viel höher sind.

Die dürftigen Werteangaben sind ein Trauerspiel erster Klasse: Wie wurde gemessen (frequenzselektiv/breitbandig), wer hat gemessen (Profi/Laie) mit welchem Messgerät wurde gemessen (Profigerät/Schätzeisen), wo genau wurde gemessen (drinnen/draußen) und was zum Teufel soll der Bezug zu einem Schornstein? Auch in Spanien sollten in Klassenzimmern keine Schornsteine stehen. Und ob der Wert 8,38 V/m vielleicht deshalb gemessen wurde, weil hinter dem Messtechniker jemand unbemerkt mit seinem Handy telefonierte, das ist bei der "Qualität" der Angaben durchaus im Bereich des möglichen.

Jörg W. ist Übersetzer und kein Techniker, er konnte es seinerzeit vielleicht nicht wissen, was er den Deutschen in seiner Angst vor Elektrosmog da auftischte. Unglücklicherweise haben seine laienhaften Angaben bis heute auf elektrosmognews überlebt, gottseidank wurden sie so gut wie nirgends sonst noch verbreitet.

Weiter heißt es auf der verlinkten Seite bei elektrosmognews:

Weitere Informationen auf der spanischen Internetseite der Initiativen von Valladolid:

http://www.inicia.es/de/antenasfuera

Entzückend! Erst warnt mich der Website-Berwertungsdienst WOT vor dieser Website (nicht vertrauenswürdig), dann wird einem der Zugang verwehrt und letztlich landet man auf einer Site, die allem Anschein nach nichts mehr mit der Bürgerinitiative zu tun hat.

Kinderkrebsskandal in Valladolid infolge EMF?

Vergiss es!

Die Berichterstattung von Sendemastengegnern zum Fall "Valadolid" zeigt einmal mehr: Um Himmels willen nicht genau hinschauen und kritisch hinterfragen, als braver Sendemastengegner tut man besser daran, die fadenscheinige Argumentation wie vorgesetzt zu inhalieren und zu hoffen, dass einem beim Weiterverbreiten des "Märchens" kein bözer Onkel auf die Finger haut.

Im Nachhinein finde ich es wenig ruhmreich und seriös, wie die traurigen Vorfälle an der Schule in Valladolid dazu herhalten mussten, dem Hetzen gegen Mobilfunk-Sendemasten dienlich zu sein. Dass im Eifer des Gefechts maßlos übertrieben wird, um Punkte zu machen, sehe ich ein. Heute, nach fast zehn Jahren und dem dortigen Implodieren der Vorwürfe gegen EMF sehe ich es als eine Frage des Anstands, die alten Hetzartikel diskret aus dem Netz zu nehmen und den Fall "Valladolid" aus Respekt gegenüber dem verstorbenen Kind auch auf Vorträgen nicht mehr als Zeugen gegen EMF aufzufahren.

[Antwort von Frau Weber auf dieses Posting hier]

--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Märchen, Valladolid, Elektrosmogmessung

Schule in Valladolid: Richtfunk, statt Mobilfunk

H. Lamarr @, München, Dienstag, 16.11.2010, 13:10 (vor 4882 Tagen) @ H. Lamarr

In dem 2009 erschienenen Buch des EU-Projets EMF-Net "Electromagnetic Field Exposure: Risk Communication in the context of Uncertainty" (PDF, 5 MByte, englisch), geht es auf Seite 116 auch um Valladolid:

The fact triggering the media and institutional crisis that occurred at Christmas 2001 was a fourth case of cancer that was diagnosed at a school in Valladolid, 200 km. from Madrid. The parents association of the school accused it of being a cluster produced by the mobile telephone antennas located next to the school. This case had such repercussion in the press that, in the weeks to come, the crisis reached proportions similar to that of dioxin or mad cow. Although the antennas were not mobile telephony ones, but rather fixed wireless antennas; the levels of radiofrequency emissions at the school were almost non-existent, mostly coming from two nearby FM broadcasting stations; and although a group of experts was formed with the agreement of the parents' association that logically did not find any connection between the telephony antennas and the illnesses, there is still widespread belief in Spain today that the children became sick with cancer because of the mobile telephony.

Auf deutsch kurz: Seinerzeit verursachten die vier Kinderkrebsfälle in Valladolid ähnliche viel Aufregung wie die Skandale um Dioxin und BSE. Dabei waren die fraglichen Antennen gar keine Mobilfunkantennen, sondern Richtfunkantennen; die gemessenen Hochfrequenz-Immissionen an der Schule waren nahe Null und selbst davon kam noch das meiste von zwei in der Nähe gelegenen UKW-Sendern. Und obwohl eine im Einvernehmen mit dem Elternbeirat der Schule einberufene Expertenkommission keinen Kausalzusammenhang zwischen den Krebsfällen unter den Kindern und den Richtfunkantennen sah, ist es noch heute in Spanien Volksglaube, dass es dennoch diese Antennen waren, die die Kinder erkranken ließen.

--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Valladolid, Richtfunk

RSS-Feed dieser Diskussion

powered by my little forum