Evangelische Landeskirchen angemahnt (Allgemein)

AnKa, Donnerstag, 03.04.2008, 23:54 (vor 5838 Tagen)
bearbeitet von AnKa, Freitag, 04.04.2008, 01:25

Unter dem Titel "Evangelische Landeskirchen angemahnt" meldet sich -nach langer öffentlicher Abstinenz- der sogenannte "Hessische Landesverband Mobilfunksenderfreie Wohngebiete (HLV)" mit einem elektronisch veröffentlichten Flugblatt zurück.

Man will die evangelische Kirche wieder einmal mit moralistischen Argumenten packen, um sie dazu zu zwingen, Mobilfunk ein für allemal aus den Kirchtürmen zu verbannen.

"Kein Mobilfunksender im Kirchturm" - Wie rational ist diese Forderung eigentlich?

Um die Forderung zu bekräftigen, wird die evangelische Kirche in altbekannter Manier und im bekannt unangenehm oberlehrerhaften Ton der Mobilfunk-Panikfraktion angegangen. Es ist dies ein Ton, dessen sich wirkliche Fachleute nie befleißigen würden. Die Kirche wird auf die vorgeblichen, weil unbewiesenen "Erkenntnisse unabhängiger Wissenschaftler, dass sich Schädigungen in der jüngeren Vergangenheit dramatisch verdichtet haben", hingewiesen.

Die "Mobilfunksendeanlagen in Kirchtürmen" sind den Experten vom "Hessischen Landesverband (HLV)" ein ganz besonderer Dorn im Auge. Der Grund für dieses besondere Engagement dürfte darin liegen, daß man hofft, mit der Kombination "Kirche-darf-nicht-Mobilfunk", die eine Abwandlung der Forderung "Kirche-darf-nicht-modern-sein" darstellt, Ressentiments und negative Stimmungen zu erzeugen und zu nutzen. Zum Beispiel bei Menschen, die darin schwanken, ob sie aus der Kirche austreten sollen oder nicht. Das tiefere Wesen der Aktion erscheint bei näherem Hinsehen kirchenfeindlich motiviert.

Die Experten vom "Hessischen Landesverband (HLV)" interpretieren die Heilige Schrift, ganz im Stile fundamentalistischer Sekten, dahingehend, daß Gott dem Menschen einst das Anwenden jeglicher Funk- und Mobilfunktechnik untersagt haben soll. Über dieses Verbot findet sich zwar im Buch der Bücher keinerlei tragfähiger Hinweis, aber so genau wollen es die Oberchristen vom "Hessischen Landesverband (HLV)" dann auch wieder nicht nehmen.

Man sollte die Bibelkenner des "Hessischen Landesverband (HLV)" vielleicht einmal darauf aufmerksam machen, daß die Aufforderung Gottes an die Menschheit "Macht euch die Erde untertan" auch dahingehend interpretiert werden könnte, daß zur Erfüllung dieses Auftrages auch das Erschließen fortschrittlicher Technologien gezählt werden könnte.

Aber weiter:

Das angebliche "Gefährdungspotential durch Sendeanlagen in Kirchenbauten" ist eine reine Erfindung der Standhaften vom "Hessischen Landesverband (HLV)". Nirgendwo gibt es irgend einen tragfähigen Hinweis auf erfolgte Schädigungen durch Mobilfunksender in Kirchtürmen. Im Gegenteil. Die Sender sitzen schön hoch droben über allen Dächern und "bestreifen" diese mit ihrer Sendeleistung doch nur. Gäbe es den Kirchturm nicht, stünde eben ein Funkmast daneben.

Man verweist weiterhin auf die "Europäische Umweltagentur", die vor einer "möglichen Umweltkatastrophe" gewarnt habe. Wahrscheinlich würde sich die "Europäische Umweltagentur" für die ungefragte Inanspruchnahme ihres Namens in einem Pamphlet fundamentalistischer Eiferer nicht gerade bedanken. Eine Quellenangabe für die verkürzte Zitierung bleibt der "Hessische Landesverband (HLV)" in seinem Brandflugblatt schuldig. Und von der durch Mobilfunksender verursachten "Umweltkatastrophe" ist übrigens weit und breit nichts zu sehen (wenn man einmal von dem aufdringlichen Geklingel mancher Handys an den Bushaltestellen der Nation absieht).

Weiter wird, der Wichtigkeit halber in Grossbuchstaben, eine "BIOINITIATIVE WORKING GROUP" als Zeuge aufgerufen, deren im August 2007 veröffentlichter Bericht allerdings umstritten und als einseitig kritisiert worden ist.

Und schließlich heisst es in der "Anmahnung" der einzig wahren Christen vom "Hessischen Landesverband (HLV)" an die evangelische Kirche: "Die Kirchenrepräsentanten werden auch im Hinblick auf die Bewahrung der Schöpfung unter den Aspekten Ethik und Moral an Ihre persönliche Verantwortung erinnert und dazu aufgefordert, Sendeanlagen in Kirchtürmen aufzukündigen um damit einen pragmatischen Beitrag zur Konfliktlösung gespalteter Kirchengemeinden zu leisten. (at/kb)"

Dazu ist zu sagen:

Die behaupteten "gespalteten Kirchengemeinden" sind eine reine Erfindung der Autoren. Man darf diese Behauptung als eine der üblichen Übertreibungen werten, mit einem unangenehmen Beigeschmack jedoch, der sich daraus ergibt, daß die Autoren von "Hessischen Landesverband (HLV)" die Mitglieder hunderter Kirchengemeinden ungefragt mit der unverschämten Behauptung diffamieren, diese lägen miteinander im Streit.

Wenn die Aktivisten vom "Hessischen Landesverband (HLV)" die Kirche anmahnen, willkürlich auf eine bestimmte Technik zu verzichten, dann ist dies der Ausdruck einer fundamentalistischen Haltung. In dieser ausschließlichen, im Kern totalitären Art argumentieren evangelikale Splittergruppen, die die Kirche zu einer kruden Art von Urchristentum zurückbekehren möchten. Die Autoren müssten von der evangelischen Kirche konsequenterweise fordern, jegliche Radio- und Fernsehübertragungen aus Kirchen, von Messen und von Kirchentagen zu verbieten. Denn auch dabei kommt Funktechnik zur Anwendung. Und der Mikrowellenherd in der Gemeindehausküche soll hier nur als weiteres Beispiel erwähnt sein.

Die evangelische Kirche ist solcherart Angriffe von der Seite evangelikaler Eiferer gewohnt. Man macht in aller Regel gute Miene zum tristen Spiel.

Fazit: Das Flugblatt "Evangelische Landeskirchen angemahnt" ist ein anmaßendes Pamphlet des "Hessischen Landesverbandes (HLV)". Geschrieben im dumpfen Stil der 1. Generation der Mobilfunkgegner ("Panikfraktion" ). Als auch-Mobilfunkritiker fühlt man sich durch solch kirchenfeindliche Aktionen nicht vertreten, sondern in widerlicher Weise benutzt.

Zum Original "Evangelische Landeskirchen angemahnt"

Artikel: In Kirchtürmen sind Mobilfunkantennen oft am besten aufgehoben

--
"Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere." (Groucho Marx)

Tags:
Hardcore-Kritiker, Kirche, Moral, Ethik, HLV, Kirchengemeinde

Evangelische Landeskirchen angemahnt

Thomas, Freitag, 04.04.2008, 03:37 (vor 5838 Tagen) @ AnKa

Hallo Anka,

Ihren Schreibstil habe ich ja schon einmal gewürdigt, aber glauben Sie im Ernst daran, das Sie mit dieser Art des Schreibstiles und mit diesem Inhalt Ihres Postings "viele" erreichen?

Oder ist es eher eine art Offenbarungseid in der "ungemütlichen Erkentniss", das Empfindungen (jetzt ganz allgemein) erst dann "zum Handeln reichen, wenn diese in beweisbare Schablonen" gepresst wurden soll heißen, bewiesen wurden?

Und worauf gründen Sie den Beweis, etwa wieder nur auf "Bewiesenem"?

Sie sind schlau genug, um zu Erkennen daß da eine ziemliche "paradoxe Falle" entsteht, die da heißt:
"ein Problem existiert dann, wenn ich Phänome beobachte, die mit den bekannten Gesätzmäßigkeiten nicht erklärbar sind und dann daraus folgere, - ergo kann es dieses Problem nicht geben"!!

Is´ jetzt vielleicht etwas "hochgeschwurbelt" geschrieben, aber ich weiß (nicht glaube) das Sie verstehen was ich meine!
(sonst Nachfragen)

Mit freundlichem Gruß
Thomas

Evangelische Landeskirchen angemahnt

AnKa, Freitag, 04.04.2008, 08:28 (vor 5838 Tagen) @ Thomas

Oder ist es eher eine art Offenbarungseid in der "ungemütlichen Erkentniss", das Empfindungen (jetzt ganz allgemein) erst dann "zum Handeln reichen, wenn diese in beweisbare Schablonen" gepresst wurden soll heißen, bewiesen wurden?

Ich bin ganz und gar der Meinung, dass Empfindungen auch dann zum Handeln führen können, wenn keinerlei Beweis vorliegt. Das sieht man an dem Kirchenpamphlet. Da empfinden welche, es gebe "gespaltete Kirchengemeinden", und glatt fangen sie an zu handeln und schimpfen sich darüber aus.

--
"Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere." (Groucho Marx)

Evangelische Landeskirchen angemahnt

Thomas, Samstag, 05.04.2008, 00:47 (vor 5837 Tagen) @ AnKa

Hallo AnKa,

immerhin nutzen Sie die gleiche Ebene des "... und glatt fangen sie an zu handelns",
sonst hätten Sie schwerlich mir so antworten können. ;-)

Gruß Thomas

Weitblick statt Tunnelblick

KlaKla, Freitag, 04.04.2008, 15:54 (vor 5838 Tagen) @ AnKa

Aus dem Flugblatt des HLV

"Die Kirchenrepräsentanten werden auch im Hinblick auf die Bewahrung der Schöpfung unter den Aspekten Ethik und Moral an Ihre persönliche Verantwortung erinnert und dazu aufgefordert, Sendeanlagen in Kirchtürmen aufzukündigen um damit einen pragmatischen Beitrag zur Konfliktlösung gespalteter Kirchengemeinden zu leisten." [/i]

Würde die Kirche der Forderung des HLV nachkommen hätte dies vielleicht zur Folge, dass ein ungünstiger Standort realisiert wird. Die Kirche würde somit gegen Ethik und Moral verstoßen wenn die Bürger durch die Verweigerungshaltung einer höheren Strahlenbelastung ausgesetzt werden weil die Antenne statt im Kirchenturm auf einem kleinen Einfamilienhaus realisiert wird. Durch die Verweigerung wäre der Konflikt verlagert aber nicht gelöst. Die HLV sollte Weitblick statt Tunnelblick zulassen.

Artikel: In Kirchtürmen sind Mobilfunkantennen oft am besten aufgehoben

--
Meine Meinungsäußerung

Tags:
, Tunnelblick, Eskalation, HLV

Weitblick statt Tunnelblick

Thomas, Samstag, 05.04.2008, 00:39 (vor 5837 Tagen) @ KlaKla

Hallo KlaKla,

wo bitte ist die klare Abhängigkeit von "je höher die Feldstärke desto belastender/schädlicher ist Mobilfunk" bewiesen, nirgendwo, und deshalb vorsicht mit dem daraus von Ihnen "nahegeschwurbeltem" verstoß von Ethik und Moral!!

Gruß Thomas

P.S. ..muß ich jetz hier hinschreiben, das es nur bei thermischen Wirkungen diesen "linearen Zusammenhang" gibt, - nee ne ...

Weitblick statt Tunnelblick

KlaKla, Samstag, 05.04.2008, 08:50 (vor 5837 Tagen) @ Thomas

Ist schon gut Thomas,

Ich verfolge den Gedanken der Minimierung was sie verfolgen ist mir unklar aber man muss ja nicht jeden verstehen.

--
Meine Meinungsäußerung

Das Schweigen der Blätter

H. Lamarr @, München, Freitag, 04.04.2008, 16:22 (vor 5838 Tagen) @ AnKa

Unter dem Titel "Evangelische Landeskirchen angemahnt" meldet sich -nach langer öffentlicher Abstinenz- der sogenannte "Hessische Landesverband Mobilfunksenderfreie Wohngebiete (HLV)" mit einem elektronisch veröffentlichten Flugblatt zurück.

Mensch, Anka, das hätte ich jetzt fast vergessen, dass der Flyer früher mal Flugblatt hieß. Danke. In dem Flugblatt ist ja auch eine Presse-Information (PI) mit Datum vom 2. April mit gleicher Zielsetzung als PDF enthalten. Heute, am 4. April habe ich bei Google-News mal nachgeschaut, was aus dieser PI denn geworden ist: Am besten sehen Sie selbst ...

--
Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

RSS-Feed dieser Diskussion

powered by my little forum