EU betreibt weiter Mobilfunk-Forschung (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 05.07.2007, 22:36 (vor 6131 Tagen)

Mehr Forschung über die gesundheitlichen Folgen elektromagnetischer Felder ist nötig, sagen Experten

Dem jüngst veröffentlichten Gutachten des Wissenschaftlichen Ausschusses "Neu auftretende und neu identifizierte Gesundheitsrisiken" (SCENIHR) der Europäischen Kommission zufolge ist weitere Forschung notwendig, um insbesondere die langfristigen Folgen elektromagnetischer Felder auf die Gesundheit, zu bestimmen.

Elektromagnetische Felder werden von einer Reihe von Geräten erzeugt. Dazu gehören Stromkabel, elektrische Apparate, Mobiltelefone, Fernsehbildschirme und bestimmte Diagnoseinstrumente. Starken Feldern ausgesetzt zu sein kann Auswirkungen auf die Gesundheit haben; bei Frequenzen unter 100 kHz werden Nerven- und Muskelzellen aufgrund eines induzierten Stromflusses stimuliert, während bei höheren Frequenzen sich das Gewebe erhitzt.

Die Internationale Kommission für den Schutz vor nicht ionisierender Strahlung (ICNIRP) hat in ihren Richtlinien Belastungsgrenzen festgelegt, die die allgemeine Öffentlichkeit vor diesen Folgen schützen soll und die in die europäischen Rechtsvorschriften übernommen wurden. Allerdings ist über die Gesundheitsrisiken in Verbindung mit einer langfristigen Belastung bei niedrigen Werten nur wenig bekannt. Das jüngste Gutachten folgt einem früheren Gutachten zum selben Thema aus dem Jahr 2001.

Zu Radiofrequenz-Feldern (FR), die von Mobiltelefonen ausgestrahlt werden, wurde seitdem viel Forschung betrieben. "Die Bilanz der epidemiologischen Indizien lässt darauf schließen, dass der Gebrauch von Mobiltelefonen über eine Dauer von unter 10 Jahren kein erhöhtes Risiko für Hirntumoren oder Akustikusneurome darstellt", schreiben die Autoren. Während es für ein erhöhtes Risiko für Hirntumoren bei langfristiger Benutzung wenige Hinweise gibt, existieren für eine Verbindung mit Akustikusneuromen allerdings Anzeichen.

Die Autoren empfehlen eine langfristige Kohortenstudie, um mehr über die langfristigen Folgen des Gebrauchs von Mobiltelefonen herauszufinden, ebenso wie eine Studie unter Einsatz von persönlichen Dosimetern, um die individuellen Belastungen durch RF-Felder zu bemessen.

Kinder sind wahrscheinlich empfindlicher gegen RF-Felder, da sich ihr Gehirn noch in der Entwicklung befindet. Allerdings gibt es zu den Folgen für Kinder keine Studien, sodass Forschung hierzu dringend notwendig sei, heißt es im Bericht.

Zwischenfrequenz-Felder (IF) werden beispielsweise von Diebstahlschutzvorrichtungen in Läden und von Kartenlesern erzeugt. Zu diesen Feldern gibt es nur wenige Daten. "Angemessene Bewertungen und Abschätzungen von möglichen gesundheitlichen Folgen der langfristigen Belastung durch IF-Felder sind wichtig, da die Menschen aufgrund von neuen und aufkommenden Technologien immer mehr solchen Feldern ausgesetzt sind", stellt der Ausschuss fest.

Felder mit extrem niedrigen Frequenzen (ELF) stammen von Stromleitungen, Haushaltsgeräten und Elektromotoren in Autos und Zügen. Aufgrund ihres Zusammenhangs mit Leukämie bei Kindern bestätigt der SCENIHR, dass ELF-Magnetfelder krebserregend sein könnten. Allerdings merken sie an, dass Forschung notwendig ist, um den Mechanismus hinter diesem Zusammenhang zu verstehen.

Für andere Krankheiten schreiben sie, dass eine Verbindung zwischen ELF-Feldern und Brustkrebs sowie einer Herz-Kreislauferkrankung "unwahrscheinlich" ist, während der Zusammenhang mit neurodegenerativen Erkrankungen und Hirntumoren weiterhin "ungewiss" bleibt.

Zum Schluss betrachtet die Gruppe statische Felder, die sowohl von Bildschirmen als auch von medizinischer Ausrüstung wie bei der Magnetresonanztomografie (MRT) erzeugt werden. Auch hier wurde ein Fehlen von Daten festgestellt. Der Ausschuss empfiehlt sowohl eine Kohortenstudie zu Menschen, die mit einer solchen Ausrüstung arbeiten, als auch Studien zu Karzinogenität, Mutagenität und zu Auswirkungen auf Entwicklung und auf das Verhalten des Nervensystems.

Einige der aufgedeckten Wissenslücken werden durch EU-finanzierte Projekte zu dem Thema gefüllt, ebenso wie durch Daten einzelstaatlicher Forschungsinitiativen und des internationalen EMF-Projekts der Weltgesundheitsorganisation, das 1996 eingerichtet wurde. Inzwischen wird die Europäische Kommission die Empfehlungen des SCENIHR bei der Ausarbeitung der Arbeitsprogramme unter dem Siebten Rahmenprogramm (RP7) berücksichtigen.

Weitere Informationen sind abrufbar unter:
http://ec.europa.eu/health/ph_risk/committees/04_scenihr/04_scenihr_en.htm

Kategorie: Strategie und Politik
Informationsquelle: Europäische Kommission
Referenz: Gestützt auf den Bericht "Possible effects of Electromagnetic Fields (EMF) on Human
Health' vom 21. März vom Wissenschaftlichen Ausschuss "Neu auftretende und neu identifizierte Gesundheitsrisiken" (SCENIHR)
Programm - Akronym: FUTURE RESEARCH, FP7, FUTURE RESEARCH
Thematischer Indexkode: Elektronik, Mikroelektronik; Medizin, Gesundheit; Wissenschaftliche Forschung

Quelle: Cordis-Nachrichten vom 7.5.2007
Nachricht von: Mobilfunk-Newsletter 02/2007 des BMWI (Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie)

Kommentar: Die Übersetzer der EU sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Das Akronym RF - und nicht FR - (Radio Frequency) heißt bei uns noch immer HF (Hochfrequenz) und sooo extrem niedrige Frequenzen verbergen sich hinter ELF nun auch nicht, im allgemeinen ist dieser Anglizismus bei uns mit NF (Niederfrequenz, z. B. Netzfrequenz 50 Hz) ausreichend präzise übersetzt.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Krebs, EU, Forschung, Dosimetrie, Hirntumor, Karzinogen

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