GSM in den USA: schwierige Geburt (Technik)
GSM wurde in den USA erstmals im Dezember 1995 in New York unter dem Namen PCS1900/GSM eingeführt. Dabei handelte es sich um ein lokales System unter vielen in den USA, das sich nicht im gesamten Land durchsetzen konnte.
Der Durchbruch war das Ergebnis eines langwierigen Prozesses von 1997 bis 1999, in dem Håkan Eriksson, Leiter der Abteilung Technik in der amerikanischen Niederlassung von Ericsson, AT&T Wireless davon überzeugte, die Funktechnologie zu wechseln.
Dies hängt damit zusammen, dass AT&T Wireless zu dem Schluss kam, TDMA, der amerikanische Standard, den ERA [Ericsson Radio Systems AB] eingeführt hatte, werde nicht die erforderlichen Datengeschwindigkeiten bieten, um mit GSM/Edge oder CDMA konkurrieren zu können. "Der Hintergrund war, dass wir uns dafür entschieden hatten, die Migration von AMPS zu TDMA so einfach wie möglich zu gestalten und deshalb die AMPS-Kanalbandbreite von 30 kHz beibehalten hatten. Bei GSM betrug die Kanalbandbreite 200 kHz", sagt Eriksson.
Damit war GSM/Edge bei den möglichen Datenübertragungsgeschwindigkeiten für einen einzelnen Benutzer etwa um den Faktor sieben gegenüber TDMA im Vorteil. Das warf auch die Frage auf, für welche 3G-Variante sich AT&T entscheiden sollte; dies war jedoch zunächst nur von theoretischer Bedeutung, wohingegen der Wettbewerb zwischen GSM und CDMA bereits nicht mehr zu vermeiden war.
Vier Alternativen
Im Prinzip gab es vier technische Alternativen: Multi-Carrier TDMA, OFDM, Edge und CDMA. Die erste war kompliziert, wurde nie zuvor in der Praxis getestet und bot keinen guten Übergang zu 3G. Die zweite war noch nicht ausgereift und lief Gefahr, zu einer Sonderlösung für einen Kunden zu werden. Die dritte würde Skalierungsvorteile bieten und basierte auf GSM, würde aber erfordern, dass die Telefone mit zwei Technologien gleichzeitig zurechtkommen. Die vierte Lösung war technologisch machbar, aber kommerziell nicht vertretbar.
Dann war da noch die Frage, wer die Lösung liefern sollte. Die amerikanische Niederlassung von Ericsson wollte den Weg über Multi-Carrier TDMA gehen, weil sie befürchtete, AT&T Wireless sonst als Kunden zu verlieren. Der GSM-Geschäftsbereich soll grundsätzlich an der Edge-Alternative interessiert gewesen sein, scheute aber die Sonderlösungen, die er für die Basisstationen hätte entwickeln müssen. Der Telefonbereich von Ericsson wiederum wollte auf keinen Fall ein kombiniertes TDMA/EDGE-Telefon herstellen, da die Filteranforderungen und andere Elemente viel zu komplex gewesen wären. Und als Eriksson sich an Nokia wandte, erfuhr er dort die gleichen Reaktion wie von Ericssons Telefonleuten.
"Trotz allem war die beste Alternative TDMA/Edge", sagt er. "Dies war die einzige Technologie, die bereits fertig entwickelt war, und ein Ansatz, der den Kunden an den Weltstandard heranführen würde, zu dem sich GSM damals gerade entwickelte. Mein Problem war, dass niemand das wollte - nicht der Kunde, nicht der Ericsson-Geschäftsbereich Telefone und auch nicht Nokia."
Autoren: Svenolof Karlsson & Anders Lugn
Hintergrund
Die GSM-Standardbänder in den USA sind 850 MHz und 1900 MHz. In Europa liegen die GSM-Standardbänder hingegen auf 900 MHz und 1800 MHz. Die meisten in Europa angebotenen Smartphones funktionieren jedoch auch auf den amerikanischen GSM-Bändern. Im konkreten Fall gibt die Betriebsanleitung eines Smartphones Auskunft (Technische Daten), ob das Gerät auch die amerikanischen GSM-Bänder akzeptiert (Quelle).
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –