Transmissive Metasurface: mehr technische Details (Technik)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 24.04.2022, 21:17 (vor 725 Tagen) @ H. Lamarr

Die Kyocera Corporation, Japan, hat eine transmissive Metasurface-Technik entwickelt, die Funksignale in eine bestimmte Richtung umlenken kann, um den Abdeckungsbereich und die Leistung von 5G- und 6G-Mobilfunknetzen zu verbessern. Die Transmissive Metaoberfläche soll dazu beitragen, 5G- und 6G-Millimeterwellen an Orten bereitzustellen, an denen eine Kommunikation aufgrund von Hindernissen, z.B. wegen Abschattung durch ein Gebäude, gewöhnlich nicht möglich ist. Damit werden die Versorgungsgebiete über die Möglichkeiten heute schon verwendeter herkömmlicher reflektiver Metasurface-Techniken hinaus erweitert. mehr ...

Hier nun die Übersetzung der technischen Details, die Kyocera auf englisch preisgab.

Hintergrund der Entwicklung

Das 28-GHz-Band, das in manchen 5G-Netzen verwendet wird, und höhere Frequenzbänder, die voraussichtlich für 6G infrage kommen, weisen einen hohen Grad an geradliniger Signalausbreitung auf vergleichbar mit Licht. Derartige Funksignale können Empfangsorte üblicherweise dann nicht erreichen, wenn deren direkte Sichtlinie zur Basisstation durch ein Hindernis (z.B. Gebäude) verstellt ist. Die reflektierende Metasurface-Technik bietet nur eine sehr begrenzte Möglichkeit, die Richtung eines Signals so zu ändern, dass auch solche Orte zu erreichen sind. Um dieses Problem zu lösen und die Abdeckung von Funknetzen zu steigern, hat Kyocera eine neue transmissive Metasurface-Technik entwickelt, die Funkwellen in kleineren Winkeln umlenken kann.

Anwendungsbeispiel: Funkloch hinter einem hohen Gebäude beseitigen.
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Merkmale der transmissiven Metasurface-Technik

1) Kyocera vergrößert Winkelbereich, in dem Funksignale umgelenkt werden können
Funkwellen, die auf ein herkömmliches reflektive Metafläche auftreffen, können in einem großen Winkel reflektiv umgelenkt werden, nicht aber in kleinen Winkeln hinter der Fläche (Bild). Die neue transmissive Metasurface-Technik ist hingegen in der Lage, Funkwellen in kleinen Winkeln abzulenken, um Hindernisse zu umgehen. Blockiert beispielsweise ein großes Gebäude die Signale eines 5G-Netzes für einen hinter dem Gebäude abgeschatteten Bereich, kann eine transmissive Metasurface das Signal nach unten umlenken, um den abgeschatteten Bereich doch noch zu erreichen.

Reflektive und transmissive Umlenkung im Vergleich.
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2) Beliebig skalierbare Metaflächen
Der Bereich, in den eine transmissive Umlenkfläche Signale übertragen kann, ist proportional zur Größe der Fläche. Bisherige Entwicklungen waren nicht in der Lage, eine transmissive Metasurface in einer für den praktischen Einsatz ausreichenden Größe zu erzielen. Kyocera hingegen sagt, mit seiner proprietären Technik sei jede beliebige Größe möglich, wodurch im praktischen Einsatz eine größere Flexibilität erreicht werde. Denn dadurch ist es möglich, Metaflächen an vielen Orten aufzustellen, z.B. auf der Terrasse eines Hauses oder auf dem Balkon einer Wohnung.

Die Größe einer Metafläche und ihrer Ausleuchtzone sind proportional.
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5G-Testergebnisse

Kyocera hat die neue transmissive Metasurface in einer lokalen 5G-Umgebung im 28-GHz-Band in seinem Werk in Kagoshima Kokubu, Japan, getestet. Zwei Endgeräte wurden dazu im selben Zimmer an zwei Stellen platziert: Standort A (Empfangsleistung: -97 dBm), bei dem die Signalstärke aufgrund einer Wand, die die Sichtlinie zur Basisstation versperrte, schwach war, und Standort B (Empfangsleistung: -67 dBm), bei dem die Signalstärke aufgrund einer freien Sichtlinie zur Basisstation durch ein Fenster hoch war. An Standort A konnte eine außerhalb des Fensters im richtigen Winkel angebrachte transmissive Metasurface die Signalstärke auf -68 dBm anheben, was in etwa dem Wert an Standort B mit freier Sichtlinie entspricht.

Umlenkung eines 28-GHz-5G-Signals zum Standort A.
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Transparente transmissive Metasurface

Kyocera entwickelt derzeit eine transparente transmissive Metasurface, die optisch kaum auffällt und technologische Verbesserungen bietet, um Funkwellen an bestimmten Orten zu bündeln und die Signalstärke weiter anzuheben. Darüber hinaus entwickelt das Unternehmen eine rekonfigurierbare "intelligente" Oberfläche (RIS), welche die Signalrichtung adaptiv in Abhängigkeit von den verwendeten Geräten am Zielort ändern kann. RIS ändert die Richtung von Funkwellen, indem sie die Phasenlage der Elemente auf einer Metasurface elektrisch verändert.

Sieht aus wie eine durchsichtige Glasscheibe, ist aber eine Metasurface.
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Alle Bilder: Kyocera

Kommentar: Nette Entwicklung. Doch zaubern kann auch Kyocera nicht. Wenn ein Funkfeld durch Umlenkung eine andere Richtung nimmt, um die Empfangsleistung an einem neuen Zielort anzuheben, dann geht dies auf Kosten der Empfangsleistung am ursprünglichen Zielort (ohne Metafläche). In dem Bild zum 5G-Test steigt nach der Montage einer Umlenkfläche offenkundig der Empfangspegel am Standort A. Wie sich der Empfangspegel an Standort B entwickelt, zeigt das Bild listigerweise nicht. Aller Voraussicht deshalb nicht, weil der Pegel dort im selben Maß schwächer geworden ist, wie er an Standort A zugenommen hat :-). Wäre es anders, hätte Kyocera den Energieerhaltungssatz überlistet. Trotzdem eine nette Entwicklung, wenn an A ein Schreibtisch steht und an B nur ein Kühlschrank.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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