Expositition durch Richtfunkantennen (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Montag, 18.04.2022, 13:33 (vor 731 Tagen)

In Frankreich führte die staatliche Funknetzagentur Agence nationale des fréquences (ANFR) Messungen der Strahlenbelastung durch Richtfunkstrecken durch. Die Ergebnisse wurden im März 2022 veröffentlicht. Es zeigt sich, dass diese Funkverbindungen, die sehr stark gerichtet verlaufen, außerhalb des Hauptstrahls nur schwach strahlen. Die Exposition der Bevölkerung durch Richtfunkantennen ist daher wie erwartet sehr gering. Das liegt auch daran, weil die Antennen in aller Regel hoch oben installiert sind, damit Hindernisse die Sichtverbindung zur Gegenstelle nicht unterbrechen können.

Richtfunkstrecken sind Punkt-zu-Punkt-Verbindungen, die von sehr stark gerichteten Antennen ausgehen und häufig in der Telekommunikation und in Rundfunknetzen Verwendung finden. Sie haben den Vorteil, dass die Installation einer drahtgebundenen oder optischen Verbindung entfallen kann, wenn diese technisch nicht möglich oder zu kostspielig ist. In Frankreich gibt es etwas mehr als 123'000 Richtfunkantennen, die über das ganze Land verteilt sind und die mit Funkfrequenzen zwischen 1,3 GHz und 86 GHz arbeiten.

ANFR führte zwei Arten von Messungen an Richtfunkantennen durch:

► Explorative Messungen in unmittelbarer Nähe einer Richtfunkantenne, in einem für die Öffentlichkeit nicht zugänglichen Bereich. Diese Messungen zeigen, wie die Strahlung einer Richtfunkantenne in realer Umgebung abnimmt.

► Messungen nach dem ANFR-Protokoll in öffentlich zugänglichen Bereichen oder bei Privatpersonen.

Die explorativen Messungen haben gezeigt, dass man sich im Strahl der Antenne oder in weniger als 1 Meter Abstand dazu befinden muss, um eine nennenswerte Exposition festzustellen zu können. Eine Vergrößerung des Abstands zur Strahlachse von 5 Zentimeter auf 1 Meter reduzierte die Feldstärke auf 1/10, in 2 Meter Abstand auf 1/100. Konkrete Messwerte nennt der Messbericht. Die Sendeleistungen liegen hauptsächlich zwischen -40 dBW und 0 dBW (entspricht 0,1 mW bis 1 W). Richtfunkantennen verwenden damit schwächere Sendeleistungen als Mobilfunkmasten und sogar weniger als Mobiltelefone. Dies ist möglich, da Richtfunkantennen einen hohen Gewinn haben und die Signale so eine starke Verstärkung erfahren (Strahlungsleistung EIRP mehrheitlich zwischen 0 und 40 dBW).

Wegen der gewöhnlich schwachen Exposition benötigen 91 Prozent der in Frankreich montierten Richtfunkantennen keinen Sicherheitsabstand. Die übrigen erfordern situationsbezogen Sicherheitsabstände zwischen einigen Zentimetern und etwas mehr als 15 Metern.

Die Messungen in öffentlich zugänglichen Räumen oder bei Privatpersonen in der Nähe von Richtfunkantennen zeigten, dass die Werte im Vergleich zu den Expositionsgrenzwerten sehr niedrig sind, wenn Richtfunksignale überhaupt festgestellt werden konnten.

In der Praxis werden Richtfunkstrecken zur Vermeidung von Hindernissen in der Strahlachse, die eine Richtfunkverbindung stark stören oder sogar unterbrechen können, meist hoch oben auf Masten oder an den Rändern von Gebäudedächern montiert. Die Wahrscheinlichkeit einer Exposition der Bevölkerung mit Richtfunk ist daher sehr gering.

Weitere Informationen: Messbericht der Exposition durch Richtfunkstrecken (PDF, 35 Seiten, französisch)

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Frankreich, Messung, Richtfunk


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