Funkfelder und Auto (Allgemein)

KlaKla, Samstag, 27.05.2006, 07:18 (vor 6516 Tagen)

Wir sehen nichts

Wir hören nichts, riechen nichts, spüren nichts. Aber Autos reagieren. In den Großstädten beginnen sie, verrückt zu spielen - bei Elektrosmog

Wenn Petra ihren Renault Modus in der Mainzer Stahlbergstraße am Straßenrand parkt, kann die 40jährige den Wagen nicht abschließen. Nichts geht mehr, da kann die medizinisch-technische Assistentin noch so oft auf ihren Funkschlüssel drücken. Nur ein paar Meter weiter lassen sich alle Türen wieder aus der Ferne abschließen.

Lutz Zimmermann vom DEKRA in Klettwitz (Brandenburg) hat für das Phänomen eine Erklärung: "Wahrscheinlich überlagert ein stärkeres Funksignal die Sendeleistung des Schlüssels", sagt der Ingenieur. Auf der Frequenz zwischen 433,05 und 434,79 Mhz funkt mittlerweile ein Heer von Haushaltsgeräten: Funk-Thermometer, Kopfhörer, Garagentoröffner, drahtlose Türklingeln, Fernbedienungen für Wohnungslampen. "Da ist schwer was los", sagt Funk-Spezialist Zimmermann und holt sein Sprechfunkgerät hervor - mit der rechten Hand. In der linken hält er den Schlüssel eines Skoda Octavia daneben. Und siehe da: Immer wenn Zimmermann die Sprechtaste drückt, ist sein Funkschlüssel wirkungslos. Das Auto läßt sich weder auf- noch abschließen. "Das Funkgerät sendet so stark, daß ich damit alle Autos auf einem Supermarkt-Parkplatz lahmlegen könnte", sagt er. Es ist wie in einem Konzert: Der Lauteste wird am besten gehört. Manche Autos lassen sich von dieser Funk-Musik offenbar komplett lahmlegen. Im Internet berichtet ein "Werner" vom Totalausfall seines Ford Explorer: Unter dem Berliner Fernsehturm streikte die Wegfahrsperre. Erst als er den Wagen ein paar Meter weitergeschoben hatte, sprang der V6 wieder an. Im Schweizer Gubrist-Tunnel legten Funkwellen reihenweise Autos lahm. Und in Ahrensburg bei Hamburg funkten die Kellnerinnen einer Eisdiele mit ihren drahtlosen Funk-Notizblöcken kräftig dazwischen.

Den Autoherstellern ist das Problem leidvoll geläufig. Bevor ein Auto auf den Markt kommt, muß seit 1996 im Rahmen der Typenprüfung die elektromagnetische Verträglichkeit nachgewiesen sein. Dieser Test ist die Autoindustrie teuer zu stehen gekommen, bedeutende Investitionen waren nötig. Inzwischen ist die Zahl der Funk-Störquellen allerdings stark gestiegen.

Fallbeispiel Audi in Ingolstadt: Dort läuft das 13,5 Millionen Euro teure EMV-Labor im Zweischichtbetrieb - 250 Tage im Jahr. Gerade hat ein Techniker einen Audi Q7 auf den Rollenprüfstand gefahren. Vier Antennen beschießen den ferngesteuerten Wagen nacheinander mit wechselnden Frequenzen. Die Bandbreite deckt alle gängigen Funkwellen ab: Auch die von Handys, von Radiosendern, Funkgeräten Eine Kamera filmt permanent das Armaturenbrett, im Prüfstand schaltet sich ein Techniker durch die Frequenzen, während ein Computer die Fahrzeug-Elektronik überwacht. Die Antennen strahlen jetzt mit 747,3 Watt durch den Audi hindurch. "Wenn Sie da jetzt eine Neonröhre reinhalten, leuchtet die", sagt ein Entwicklungsingenieur. Der Q7 erweist sich aber als funkfeste Burg: Die Drehzahl bleibt gleich, keine Anzeige flackert - ein Erfolg der Kabel-Abschirmungen und Störfilter: Mini-Blitzableiter, die das Steuergerät abschirmen.

Jedes der neuen Autos hat gepanzert zu sein gegen die Über- und Angriffe elektromagnetischer Wellen. Petra hilft das bei ihrem alten Renault Modus nichts. Ihr Auto hat keine Chance gegen den Elektrosmog. Sie wird sich einen neuen Stamm-Parkplatz suchen müssen.

Quelle: Die Welt von Claudius Maintz
veröffentlicht am 27.05.06

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Meine Meinungsäußerung

Tags:
, Auto, Verkehr, Funkfelder


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