Gigaherz-Jakob blödelt weiter: 5G langsamer als 3G (Technik)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 16.02.2020, 21:39 (vor 1523 Tagen) @ H. Lamarr

Unser gemeinsamer Freund aus Schwarzenburg hat übrigens auf den NZZ-Artikel (Startposting) reagiert und seinem wirren Beitrag über die Swisscom-Weihnachtsaktion mit den 2000 Antennen einen weiteren, nicht weniger wirren Beitrag nachgeschoben, in dem er, wie üblich ohne Quellenangaben, jetzt plötzlich auch von 5G-wide spricht. Jakob ist und bleibt eben einer unserer treuesten Leser :-). Wenn der Ex-Elektriker doch nur das, was er aufschnappt, wenigstens halbwegs richtig verstehen würde ...

Gigaherz-Präsident Jakob behauptet:

[...] Die Bluffer-Box kann die Signale von den Endgeräten (Handys) nur empfangen. Antworten tun dann die 3 und 4G Antennen im 800, 1800 oder 2100MHz-Band. Je nachdem, wo es gerade Platz hat. Diese antwortenden 3 und 4G-Antennen verfügen nur über sehr beschränkte Bandbreiten und haben kein Beamforming. Das heisst sie verfügen nur über eine einzige fixe Strahlenkeule statt deren 64 bewegliche, wie bei den echten 5G-Antennen. Im Fachjargon: Sie sind nicht adaptiv.

Und dadurch, dass die Signale zuerst von einem breiten Frequenzband, vom Uplink 3400-3600MHz in ein anderes, schmales Frequenzband den Downlink im 800 oder 1800-2100MHz-Band umgeformt und übergeben werden müssen, sehr langsam. Das ganze funktioniert noch langsamer als 4G. Und mancherorts, etwa wenn zahlreiche 5G-Geräte online sind, noch langsamer als 3G. Aber die Hauptsache ist, dass auf dem Display der teuren schönen, neuen 5G-Handys immer 5G steht. [...]

Was der greise Ex-Elektriker bei seinem Märchen übersehen hat: Kein gegenwärtig am europäischen Markt verfügbares 5G-Smartphone kann das 5G-Frequenzband 3,6 GHz nutzen! Wer's nicht glaubt, schaue sich die Datenblätter von 5G-Smartphones an, zum Beispiel:

LG V50 ThinQ
Xiaomi Mi Mix 3 5G
Samsung Galaxy S10 5G Daten

Womit seinem albernen Techno-Märchen die Grundlage entzogen ist, da die von Jakob behauptete Uplink-Frequenzumsetzung von 3,6 GHz auf tiefere Trägerfrequenzen sich nicht praktizieren lässt, solange Smartphones auf 3,6 GHz nicht senden können. Heute verkaufte 5G-Handys sind im Grunde genommen 4G-Handys, die lediglich das 5G-Übertragungsprotokoll beherrschen.

Hinzu kommt, dass jeder halbwegs verständige Mensch ins Zweifeln kommen muss, wenn Jakob behauptet, 5G wäre langsamer als 4G und zuweilen sogar langsamer als 3G. So doof sind auch Laien nicht, um nicht zu wissen, dass jedes 5G-Handy sämtliche älteren Funktechniken von 2G bis 4G als Rückfallsysteme beherrscht. Wenn ein 5G-Smartphone nur Schneckentempo bietet, dann nicht wegen Jakobs dummen Behauptungen, sondern weil das Gerät von 5G auf 2G zurück fällt, wenn an Ort und Stelle kein besseres Netz zur Verfügung steht.

Jakobs grundsätzliches Problem ist seine Selbstüberschätzung, die ihn dazu verleitet, sich Sachverhalte zusammen zu reimen, die ihm, und nur ihm, plausibel erscheinen, die mit der Wirklichkeit jedoch nichts zu tun haben. Von Fachleuten wird er deshalb nur milde belächelt und aus Respekt vor seinem hohen Alter nicht zur Rechenschaft gezogen. Reinfallen tun auf ihn Laien, die noch weniger Ahnung von der Funktechnik haben als er, zum Beispiel die Schweizer Ständerätin Häberli Koller.

Der Schaden, den Jakob mit seinem Stuss seit 20 Jahren anrichtet ist so hoch, dass ich die Milde im Umgang mit dem Desinformantionsgenerator nicht nachvollziehen kann: Viele Schweizer ängstigt er mit seinen irren Schauermärchen und Angst kann bekanntlich wirklich krank machen. Die Kapazitäten der Schweizer Justiz werden als Folge mit Einsprachen gegen Antennen zugestopft, die Politik traut sich keine unpopulären aber sachlich gerechtfertigte Entscheidungen wie eine Lockerung der Anlagegrenzwerte mehr zu und den Mobilfunknetzbetreibern kostet er mutmaßlich etliche Millionen, weil es beinahe bei jedem neuen Standort für Sendemasten Gezicke gibt. Dem Selbstdarsteller aus Schwarzenburg ist das alles egal, er genießt seine Schadwirkung ebenso wie es das Coronavirus mutmaßlich tut.

Aus meiner Sicht ließe sich Jakob ganz einfach die Wirkung nehmen: Es bedürfte nur einer Website, die jedesmal wenn er den Mund aufmacht innerhalb von Stunden eine kompetente unaufgeregte Entgegnung bringt. Das kostet etwa 150'000 CHF pro Jahr und ist damit um Größenordnungen billiger als der Schaden, den der Mann anrichtet. Offensichtlich ist die Not in der Schweiz aber noch nicht groß genug, um dem Fake-News-Terror von Jakob endlich eine Ende zu machen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –


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