Ärzte-Arbeitskreis Stuttgart verbreitet alte Falschmeldung (Allgemein)
Es ist nicht zu glauben: Der "Ärztearbeitskreis digitale Medien Stuttgart" mit Dr. Jörg Schmid als Korrespondenzautor verbreitet noch in diesen Tagen eine Falschmeldung, die der Anti-Mobilfunk-Verein Diagnose-Funk bereits 2011 in die Welt setzte.
Mit einem offenen Brief vom 6. Juni 2018 an die Baden-Württembergische Kultusministerin spricht sich eine Gruppe von Ärzten, darunter einige langjährige Mobilfunkgegner, gegen W-Lan an Schulen aus. Die Argumente sind nicht weiter erwähnenswert, es ist das übliche Zitieren fleißig zusammengegoogelter Fundstellen, also das, womit Mobilfunkgegner seit bald 20 Jahren (vergeblich) punkten wollen.
Doch der Arbeitskreis legt unfreiwillig ein krasses Zeugnis von Inkompetenz ab, er beruft sich nämlich auf eine Forderung des Europarats (Resolution 1815), die im vorgetragenen Wortlaut nie verabschiedet wurde. Der Arbeitskreis behauptet, die Forderung 8.3.2 des Europarats laute kernig & rigoros:
Sämtliche Handys, DECT-Telefone oder W-LAN-Systeme sind in Klassenzimmern und Schulen zu verbieten, wie dies auch von einigen regionalen Behörden, medizinischen Berufsverbänden und Bürgerinitiativen gefordert wird.
[Englischer Originaltext: ... ban all mobile phones, DECT phones or WiFi or WLAN systems from classrooms and schools, as advocated by some regional authorities, medical associations and civil society organisations.]
Doch dies ist falsch, der Europarat fordert dies nicht!
Die Ärzte haben es sich zu bequem gemacht, sie kolportieren eine Falschmeldung von Diagnose-Funk, die der Verein trotz Hinweis des IZgMF starrsinnig auf seiner Website weiter verbreitet, inzwischen seit gut sieben Jahren.
Diagnose-Funk verbreitet nicht die beschlossene (gültige) Fassung der Europarat-Resolution, sondern nur einen Entwurf, der in dieser Form nicht verabschiedet wurde. Die tatsächlich verabschiedete Forderung 8.3.2 wurde gegenüber dem Entwurf erheblich abgeschwächt, sie lautet im (englischen) Originaltext:
... for children in general, and particularly in schools and classrooms, give preference to wired Internet connections, and strictly regulate the use of mobile phones by schoolchildren on school premises
Die komplette Geschichte um die Resolution 1815 des Europarats ist lang und facettenreich, sie ist seit 27. Mai 2012 mit Quellenangaben hier nachzulesen. Doch Ärzte, die nur mal eben schnell ihren Namen unter offene Briefe eines Gesinnungsfreundes setzen, nur um mühelos beizupflichten, die wissen davon nichts – und geben sich so als Mitläufer zu erkennen. Wie dem auch sei, der peinliche Vorfall zeigt, die schleichende Desinformation durch organisierte Mobilfunkgegner korrodiert noch immer Teile der Ärzteschaft, wenn auch keine tragenden mehr wie die Bundesärztekammer.
Hintergrund
Alarmärzte warnen vor digitalen Medien an Schulen
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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –