Faktencheck: Diagnose-Funk will TAB-Bericht entwerten (I) (Allgemein)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 20.06.2021, 18:42 (vor 1034 Tagen)

Der Deutsche Bundestag beauftragte 2017 sein Büro für Technikfolgenabschätzung (TAB), einen Bericht über mögliche gesundheitliche Auswirkungen elektromagnetischer Felder anzufertigen. Zuletzt hatte sich das TAB 2003 mit diesem Thema befasst. Inzwischen ist der neue TAB-Bericht fertig, jedoch unveröffentlicht, da er sich im Abnahmeprozess durch den Bundestag befindet. Dennoch greift Jörn Gutbier, erster Vorstand des Anti-Mobilfunk-Vereins Diagnose-Funk den Bericht bereits jetzt hart an und verkündet: "Absurder geht es nicht. Was der TAB sich hier leistet, ist an politischer Dreistigkeit wohl kaum zu übertreffen." Das IZgMF hat in Berlin recherchiert, was an den Vorwürfen des selbsternannten Verbraucherschützers dran ist.

Den Stein ins Rollen brachte Gutbier anlässlich eines Interviews, das er den Betreibern des Webportals 5g-anbieter.info am 7. Juni 2021 gab. Gutbier nutzt die Interview-Anfrage der Portalbetreiber bereits zum zweiten mal gerne. Denn er muss bei deren Interviews keine unbequemen Fragen fürchten und darf ungestört Eigenwerbung für seinen Verein machen. Vor zwei Jahren verbreitete das Webportal allerdings eine Falschmeldung über den Grenzwert von 5G, die auch von Diagnose-Funk verbreitet wurde, berichtigte den Fehler nach dessen Bekanntwerden jedoch unverzüglich. Was das Portal jetzt mit dem Gutbier-Interview verbreitet ist wieder grenzwertig nahe am Rand einer Falschmeldung, ganz sicher aber ist es, wie wir gleich sehen werden, Desinformation.

Auf ein mutmaßlich zuvor verabredetes Stichwort seines Interviewers äußert sich Gutbier ausgiebig über den aktuellen TAB-Bericht. Die entscheidende Textpassage lautet:

[...] Wie wir jetzt durch Zufall erfahren haben, hat das TAB offensichtlich den Bock zum Gärtner gemacht. Die Beauftragung des wahrscheinlich wichtigsten Teils des Gutachtens, die Beurteilung „zum Stand des Wissens über mögliche gesundheitlichen Wirkungen von Mobilfunkexpositionen“3, wurde quasi direkt bei der Mobilfunk- und Elektroindustrie in der Schweiz in Auftrag gegeben!4 Die Lobbyzentrale ‚Forschungsstiftung Strom und Mobilfunkkommunikation' (FSM) beurteilte – nach deren Aussage – für den deutschen Bundestag, welche "möglichen gesundheitlichen Auswirkungen" der Mobilfunk auf Menschen und Umwelt hat. Absurder geht es nicht. Was der TAB sich hier leistet, ist an politischer Dreistigkeit wohl kaum zu übertreffen. Es kann jeder nachlesen, dass die FSM eine Stiftung mit Sitz in der ETH-Zürich ist, die zu 98% von den Mobilfunk- und Stromnetzbetreibern und deren Zulieferern finanziert wird. Die Stiftung ist kein Bestandteil der angesehenen Hochschule, sondern hat in den Gebäuden der ETHZ nur ihre Geschäftsstelle eingemietet. [...]

5g-anbieter.info war von diesen Vorwürfen gegen den TAB-Bericht so hingerissen, dass das Portal am 16. Juni 2021 mit einer sogenannten Pressemitteilung die breite Öffentlichkeit auf das Gutbier-Interview aufmerksam machen wollte. Die Medien haben diesen Köder allerdings bis heute unisono verschmäht. Sich mit angeblichen Pressemitteilungen in der kostenpflichtigen Pressebox zu verewigen hat jedoch den unbestreitbaren Vorteil, dass Google die Meldung unter Websurfern verbreitet, wenn diese nur die passenden Suchbegriffe eingeben. Die Pressebox ist damit für Desinformanten ein willkommenes Vehikel, um "Pressemitteilungen", die keine sind und deshalb von den Medien ignoriert werden, wenigstens als "Volksmitteilungen" über Suchmaschinen direkt in der Bevölkerung zu verbreiten. Diagnose-Funk praktiziert diesen Trick bereits seit vielen Jahren, 5g-anbieter.info erst seit Ende 2020.

Eine Prüfung der Quelle 4 im Gutbier-Textfragment führt zu dem FSM-Dokument Mobilfunk – ein Risiko? vom November 2019. Und dort ist auf Seite 2 zu lesen:

Diese Broschüre basiert auf einer Literaturstudie zum aktuellen Wissensstand über mögliche Risiken der Mobilfunkstrahlung, welche das Büro für Technikfolgenabschätzung des Deutschen Bundestages (TAB) der FSM in Auftrag gab. Für die finanzielle Unterstützung zur Umarbeitung des 2018 fertiggestellten Gutachtens in die vorliegende Broschüre, inklusive Aktualisierung der Daten, bedanken wir uns bei der Swisscom AG. Weder TAB noch Swisscom hatten inhaltliche Mitsprache oder Einfluss auf die Arbeit. Für den Inhalt sind allein die Autoren verantwortlich.

Dieses Textfragment stützt Gutbiers Behauptung, dass das TAB die FSM mit einer Studienrecherche beauftragt hat. Ob die FSM tatsächlich eine "Lobbyzentrale" der Mobilfunk- und Stromindustrie ist, wie von Gutbier eingeschätzt, kann jeder durch Stöbern im Bereich "Stiftung" der FSM-Website selbst erforschen. Gutbiers Behauptung von 98 Prozent Industriefinanzierung konnte ich im jüngsten veröffentlichten Jahresbericht der Stiftung (2019) nicht verifizieren. Mein Eindruck: Die FSM ist über sich selbst um ein Vielfaches transparenter und auskunftswilliger als der Verein Diagnose-Funk. Gutbiers Einschätzung stützt sich viel mehr auf Verdachtsmomente, denn auf Fakten. Allerdings ist es dokumentierter Fakt, dass bei der FSM die Mobilfunk- und Stromnetzbetreiber eine ersichtlich starke Position haben.

Kurzinterview mit TAB-Projektleiter Christoph Revermann

Warum also hat das TAB ausgerechnet die FSM mit dem heiklen Gutachten über gesundheitliche Auswirkungen des Mobilfunks betraut? Um das aus erster Hand zu erfahren, telefonierte ich am 17. Juni 2021 mit dem zuständigen TAB-Projektleiter Dr. Christoph Revermann:

IZgMF: Ist absehbar, wann der TAB-Bericht die Prüfungsprozedur im Bundestag überstanden hat und veröffentlicht wird?
Revermann: Nein, das Parlament geht in die Sommerpause und der Bericht ist noch nicht abgenommen. Nach der Bundestagswahl wird sich der neue Bundestag damit beschäftigen müssen, das wird vermutlich bis Frühsommer 2022 dauern.

Das ist verdammt spät! Ist an diesem TAB-Bericht denn etwas Besonderes?
Nein, es gab eine unglückliche Verkettung von Umständen, die sechs Fraktionen im Bundestag haben momentan ungefähr acht TAB-Berichte zu prüfen und bis die Fraktionen sich geeinigt haben, das dauert eben. Der Mobilfunk-Bericht ist bisher bei erst zwei Fraktionen durch. Wir hoffen, dass bis kommendem Frühjahr auch die anderen Fraktionen soweit sind. Dann muss der Bericht möglicherweise noch überarbeitet/aktualisiert werden. Wofür wir allerdings keine Mittel budgetiert haben.

Ist Ihnen klar, dass die Auftragsvergabe an die FSM für eines der Gutachten Ihres TAB-Berichts in der Anti-Mobilfunk-Szene für Aufregung sorgt?
Indirekt haben wir das über einen Berichterstatter und Herrn Kühling mitbekommen. Mehr kann ich dazu nicht sagen, weil der Bundestag die Gutachten vergibt, das TAB verwaltet nur die Mittel dafür.

Wie jetzt, nicht das TAB erteilt Fremdaufträge, sondern der Bundestag?
Ja, es gibt zuerst eine Ausschreibung und dann einen Vergabevorschlag, der von den Fraktionen geprüft wird. Anschließend vergibt der Bundestag, nicht das TAB, die Mittel.

Gut, die Mittel bewilligt der Bundestag, wer aber entscheidet, wer welche Mittel bekommt?
Die Berichterstatter der Fraktionen.

Oups! Haben Sie dennoch eine Erklärung für mich, warum die Schweizer FSM mit einem Gutachten beauftragt wurde, obwohl sie wegen ihrer Verbindung zur Mobilfunkindustrie in der Anti-Mobilfunk-Szene stigmatisiert ist?
Dazu kann ich nichts sagen. Den Zuschlag durch die Fraktionen bekommen üblicherweise die Anbieter des besten Angebots, das auch bezahlbar sein muss. Soweit ich mich erinnere, war im konkreten Fall die Angebotslage eher dürftig, mit dem Thema beschäftigen sich nicht mehr allzu viele Leute. In seltenen Fällen kommt es sogar vor, dass kein Auftrag erteilt werden kann, weil kein Angebot eingereicht wird.

Haben Externe eine Chance Einsicht zu nehmen, wie die Fraktionen zu ihrer Auftragsvergabe kommen?
Nein. Deshalb bin ich darüber verwundert, dass Sie überhaupt etwas über die Gutachtenvergabe wissen, dies sollte erst nach Veröffentlichung des TAB-Berichts der Fall sein.

Die FSM hat ihr Gutachten für das TAB umgearbeitet in einen eigenen Bericht und 2019 veröffentlicht. Kennen Sie diesen Bericht?
Ja, kenne ich. Das ist aber etwas anderes, das Gutachten umfasst mehrere hundert Seiten.

Hinweis: Das Telefonat mit Revermann habe ich anhand meines Gedächtnisprotokolls und meiner Notizen in der obigen Form rekonstruiert, es ist daher keine wortgetreue Wiedergabe des Gesprächs, für die sinngemäße Richtigkeit verbürge ich mich jedoch. Zu Beginn des Gesprächs habe ich mich als Fachjournalist und Betreiber einer Website zum Thema Mobilfunk ausgewiesen.

Nach den Auskünften des TAB-Projektleiters bleibt von Gutbiers Kritik am TAB nichts mehr übrig. Offensichtlich sind Gutbier und 5g-anbieter.info die Vergabemodalitäten für Gutachten in TAB-Berichten nicht bekannt und beide haben es versäumt, sich beim TAB danach zu erkundigen.

Fortsetzung in Teil II

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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Entwertung, Eigenwerbung, Pressemitteilung, Faktencheck, Kühling, Interview, FSM, Technikfolgenabschätzung, Blähboy, Revemann, Werbeportal, Vergabe

Faktencheck: Diagnose-Funk will TAB-Bericht entwerten (II)

H. Lamarr @, München, Sonntag, 20.06.2021, 19:03 (vor 1034 Tagen) @ H. Lamarr

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Gemäß der "Pressemitteilung" des Interviewers soll Gutbier gesagt haben "Das ist ein echter Lobby-Skandal, was sich das Büro für Technikfolgenabschätzung des Bundestags da leistet!" Im Text des Interviews, das wahrscheinlich kein echtes Interview war, sondern ein zuvor verabredeter und per E-Mail beantworteter Fragenkatalog, findet sich das Skandal-Zitat jedoch nicht. Da hat Gutbier Glück gehabt, 5g-anbieter.info hingegen muss sich den Vorwurf gefallen lassen, das belanglose Interview mit einem selbsternannten Experten zu einem substanzlosen "Lobby-Skandal" aufzubauschen. Für ein inszeniertes Ping-Pong-Spielchen zwischen Diagnose-Funk und 5g-anbieter.info spricht, dass zeitgleich mit dem Interviewer auch der Stuttgarter Verein eine eigene "Pressemitteilung" herausgegeben hat. Erst in dieser findet sich das Gutbier-Zitat, das im Interview fehlt. Mögliches Motiv für das inszenierte Ping-Pong-Spielchen: Der krampfhaft um Beachtung bemühte Stuttgarter Verein möchte den Eindruck erwecken, sein erster Vorsitzender sei ein gefragter Interviewpartner.

Dummerweise ist der angebliche Lobby-Skandal nun nicht dem TAB anzulasten, sondern den Fraktionen des Deutschen Bundestages. Das muss ein wahrlich mächtiger Lobbyist gewesen sein, der gleich sechs Berichterstatter, die ihrerseits nicht immer einer Meinung sind, erfolgreich zur Auftragsvergabe an die FSM überreden konnte! Ich meine sogar, diesen Super-Lobbyisten zu kennen: Er treibt überall unter dem Pseudonym "bestes Preis-Leistungs-Verhältnis" sein Unwesen :-).

Die liebe Tochter Ärgerlich, die weiß nicht was sie will

Doppelzüngigkeit ist für Diagnose-Funk ein existenzielles Problem. Der Verein dreht und wendet Sachverhalte gerne so, wie es ihm gerade in den Kram passt. Dass die Darbietungen zuweilen diametral auseinander liegen, scheint die Sprecher des Vereins nicht zu stören. Beispiele für diese böse Schwester der Widersprüchlichkeit sind hier im Forum ausgiebig dokumentiert. Neu kommt jetzt die FSM hinzu.

Glaubt man Gutbier, handelt es sich bei der FSM um eine böse "Lobbyzentrale", die nur eines im Sinn hat: Die Risiken der Mobilfunkstrahlung im Auftrag der Mobilfunkindustrie in höchsten Tönen schön zu reden. Bei eher schlichten Gemütern verfängt eine solche populistische Simplifizierung, sie erspart einem eigene Denkarbeit. Gemäß Gutbier ist das TAB also "politisch dreist", weil es ein wichtiges Gutachten an die böse FSM vergeben hat. Da weiß man doch schon jetzt, was im Frühsommer 2022 auf uns zukommt.

Das ist die eine Zunge des Jörn Gutbier.

Mit seiner zweiten Zunge sprach er am 7. Mai 2021 in einer Werbeveranstaltung seines Vereins, die zugehörigen Folien sind hier zu bewundern. Es geht um die Folien auf den Seiten 2 und 3. Stolz präsentiert der Wahlschwabe zuerst eine Tabelle aus der Untersuchung "Divergierende Risikobewertungen im Bereich Mobilfunk". Denn Diagnose-Funk war von 80 Teilnehmern der Mobilfunkdebatte einer der wenigen, die vertieft analysiert wurden. So etwas tut gut, wenn man sich nach Beachtung sehnt.

Gutbier nennt als Quelle der Untersuchung eine "Stiftung Risiko-Dialog St.Gallen". Das ist nicht falsch, denn einer der beiden Autoren steht tatsächlich in Diensten dieser Stiftung. Der andere Autor aber ist Gregor Dürrenberger. Und der ist kein Geringerer als Geschäftsführer der FSM.

Irgendwelche Zweifel an seiner FSM-kontaminierten Quelle lässt Gutbier seine verstörten Zuhörer allerdings nicht wissen. Im Gegenteil, er meint, allein die divergierenden Aussagen der zweiten Tabelle auf Seite 3 würden schon die Anwendung des Vorsorgeprinzips rechtfertigen. Das ist zwar wieder nur eine populistische, also stark verkürzte Sichtweise, andererseits adelt Gutbier damit unbeabsichtigt die FSM und konterkariert seine Anfeindungen der FSM in dem vorgeblichen Interview.

Wer sich die besagte Untersuchung angelt und nach den Gründen der divergierenden Risikobewertungen sucht, wird schnell erkennen, was ich mit verkürzter Sichtweise meine. Wer zudem schmerzunempfindlich ist und sich den sprechenden Gutbier in der anstrengenden Diagnose-Funk-Eigenwerbung unbedingt selbst anschauen möchte, der kann dies hier von Minute 53:13 bis 54:33 tun. Viel Spaß! :wink:

Hintergrund
Erster TAB-Bericht über Mobilfunkrisiken (2003)
Bundestag: TAB bereitet (zweiten) Bericht über EMF-Technikfolgen vor (2020)

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– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

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Entwertung, Inszenierung, Unwissenheit, Gutbier, TAB, Pressemitteilung, Popanz, Faktencheck, Dürrenberger, FSM, Blähboy, Pseudo-Experte, Divergierende Risikobewertung, Uminterpretation, Doppelzüngig, Technikfolgenabschatzung

TAB-Bericht "Risiko Mobilfunk" in Sichtweite

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 09.02.2023, 13:59 (vor 435 Tagen) @ H. Lamarr

Warum also hat das TAB ausgerechnet die FSM mit dem heiklen Gutachten über gesundheitliche Auswirkungen des Mobilfunks betraut? Um das aus erster Hand zu erfahren, telefonierte ich am 17. Juni 2021 mit dem zuständigen TAB-Projektleiter Dr. Christoph Revermann:

IZgMF: Ist absehbar, wann der TAB-Bericht die Prüfungsprozedur im Bundestag überstanden hat und veröffentlicht wird?
Revermann: Nein, das Parlament geht in die Sommerpause und der Bericht ist noch nicht abgenommen. Nach der Bundestagswahl wird sich der neue Bundestag damit beschäftigen müssen, das wird vermutlich bis Frühsommer 2022 dauern.

Der Frühsommer 2022 ist lange vorbei und von dem TAB-Bericht zum Risiko Mobilfunk ist weit und breit nichts zu sehen. Auch auf der Website des TAB konnte ich das Projekt nicht mehr auffinden. Da Revermann im Kurzinterview des IZgMF 2021 zudem davon sprach, dass für Nacharbeiten an dem Bericht keine Finanzmittel budgetiert worden sind, beschlich mich der Verdacht, der Bericht sei im Getriebe des Deutschen Bundestags irgendwo stecken geblieben.

Doch dem ist nicht so. Im Gegenteil: Wie ein Telefonat mit Projektleiter Revermann heute ergab, ist der Bericht von allen Fraktionen des Bundestags gebilligt worden, Änderungswünsche wurden eingearbeitet und voraussichtlich noch diese Woche wird der Bericht als Bundestagsdrucksache auf der Website des Bundestages veröffentlicht. Im Laufe dieses Monats wird ihn auch das TAB auf seine Website nehmen.

Auf meine Frage, ob "Änderungswünsche" einer Fraktion substanzielle Folgen für den Grundtenor des Berichts haben können, antwortete Revermann sinngemäß: Nein, die wissenschaftliche Deutungshoheit läge beim TAB, und auf dieser Ebene ließe es sich nicht hereinreden. Änderungen beträfen z.B. die Beseitigung von Unstimmigkeiten im Text oder Formulierungen. Auch auf dieser Ebene könne jedoch keiner seine Interessen ungehindert einbringen, denn andere Fraktionen können gegen Änderungswünsche Einspruch erheben. Revermann: "Das funktioniert, die schauen da schon sehr genau hin, aber das dauert dann eben auch seine Zeit".

5G wird in dem Bericht am Rande mitbehandelt. Nur am Rande deshalb, weil zum Zeitpunkt der Beauftragung des TAB 5G erst am Horizont sichtbar war und die Forschung speziell zu 5G noch keine Ergebnisse vorlegen konnte. Die Linke. im Bundestag macht geltend, es sei ihr Verdienst, dass das TAB sich nach 2002 nun wieder um das Risiko Mobilfunk gekümmert habe. Revermann wendet dazu ein, das TAB werde nicht von einer einzelnen Fraktion beauftragt, sondern immer gemeinsam von allen Fraktionen. Ob es Die Linke. war, die den Zündfunken zu dem neuen Bericht hatte und alle anderen Fraktionen mit ins Boot holte, das wisse er nicht.

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TAB-Bericht "Risiko Mobilfunk" veröffentlicht

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 15.02.2023, 13:41 (vor 429 Tagen) @ H. Lamarr

Wie ein Telefonat mit Projektleiter Revermann heute ergab, ist der Bericht von allen Fraktionen des Bundestags gebilligt worden, Änderungswünsche wurden eingearbeitet und voraussichtlich noch diese Woche wird der Bericht als Bundestagsdrucksache auf der Website des Bundestages veröffentlicht. Im Laufe dieses Monats wird ihn auch das TAB auf seine Website nehmen.

Adelheid, jetzt ist's soweit:

Mögliche gesundheitliche Auswirkungen verschiedener Frequenzbereiche elektromagnetischer Felder (HF-EMF) (PDF, 311 Seiten)

Zusammenfassung

Hochfrequente elektromagnetische Felder (HF-EMF) sind Grundlage digitaler, kabelloser Kommunikation z. B. zwischen WLAN-Routern und Rechnern, Tablets und nicht zuletzt Mobiltelefonen im gesamten öffentlichen Raum und in praktisch allen privaten Haushalten. In den kommenden Jahren ist von einer weiteren Zunahme von EMF-Quellen verschiedenster Frequenzbereiche auszugehen. Als Hauptgrund hierfür gilt die rasante, umfängliche Digitalisierung nahezu aller Arbeits-, Lebens- und Wirtschaftsbereiche, womit zugleich die mobil einzusetzenden Technologien verbunden sind. Aber auch der Stromnetzausbau sowie die Forcierung von Elektromobilität und autonomem Fahren tragen zu einem verstärkten Auftreten von EMF bei. Es ist daher zu erwarten, dass die Exposition der Bevölkerung mit EMF zukünftig ansteigen wird.

Der vorliegende Bericht stellt den aktuellen Sachstand zu möglichen gesundheitlichen Risiken der hochfrequenten elektromagnetischen Felder insbesondere des Mobilfunks (sowie damit zusammenhängender Mobilfunknetze wie etwa WLAN, Bluetooth) zusammenfassend dar. Hierfür wurde in großem Umfang wissenschaftliche Literatur gesichtet und ausgewertet. Ein besonderes Augenmerk wurde dabei auf eine transparent dargelegte Unterscheidung zwischen evidenzbasierten wissenschaftlichen Befunden und möglichen Interpretationen seitens politischer Akteure, gesellschaftlicher Gruppen bzw. spezifischer Stakeholder gelegt. Intention dieses Berichts ist es, sowohl für die Politik als auch für die interessierte Öffentlichkeit die Qualität und somit resultierende Aussagekraft des derzeitigen wissenschaftlichen Sachstandes zu EMF nachvollziehbar darzulegen. Der Kern der Darstellung ist evidenzorientiert, d. h., der wissenschaftliche Gehalt der Forschungsbefunde wird referiert. Eine (politische oder sonstige) Interpretation der Befunde wurde nicht vorgenommen.

Im Rahmen des TA-Projekts wurden die Ergebnisse aus aktuellen nationalen und internationalen Forschungsprojekten gesichtet und insbesondere darauf hin analysiert, ob relevante bzw. neue Erkenntnisse vorliegen, die substanziell die Diskussionen zu möglichen gesundheitlichen Auswirkungen bzw. Risiken der HF-EMF verändern könnten. Es erfolgte zudem auch eine Fokussierung auf Forschungsbemühungen, die zur besseren Risikobewertung der Exposition von jungen Menschen einen substanziellen Beitrag leisten (könnten). Da die heutigen Kinder und Jugendlichen vermutlich lebenslang und in zunehmendem Maße EMF ausgesetzt sein werden, ist die Frage nach möglichen Langzeitwirkungen von großer Bedeutung.

Da zur neuesten »5.« Mobilfunkgeneration (5G), die sich gerade in der Markteinführung befindet, noch kaum publizierte Forschungsergebnisse zu möglichen gesundheitlichen Auswirkungen vorliegen, konnte dieses Thema lediglich in Form eines prospektiven Exkurses behandelt werden. Dies betrifft insbesondere den Bereich der sehr hohen Frequenzen (Millimeterwellen). Die ersten Ausbauschritte von 5G nutzen allerdings Frequenzbereiche, die bereits heute für Mobilfunk und ähnliche Anwendungen eingesetzt werden. Daher sind hier die vorliegenden Forschungsergebnisse in vielen Fällen und mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit analog übertragbar.

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Technikfolgenabschätzung

TAB-Bericht über Icnirp

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 15.02.2023, 14:01 (vor 429 Tagen) @ H. Lamarr

Schaunmermal was der TAB-Bericht über Icnirp schreibt. Zum Leidwesen von Diagnose-Funk und der sogenannten Kompetenzinitiative greifen die Autoren partout nicht auf diese beiden Quellen zurück, die sich an Icnirp seit Jahren abarbeiten. Was nicht bedeutet, dass das TAB ein kritikloser Anhänger des Münchener Wissenschaftlervereins ist. Hardell und das Journalistennetzwerk "Investigate Europe" erschienen dem Büro jedoch glaubwürdiger.

3.3 Risikogovernance – Rolle der ICNIRP

Die Setzung von Grenzwerten, wie sie bereits beschrieben wurde, ist ein Ergebnis eines Risikogovernanceprozesses. In Deutschland und vielen Ländern weltweit ist die Strategie der Risikogovernance beim Thema mögliche Gesundheitsrisiken durch HF-EMF stark expertenzentriert. So werden die Festlegung der Rahmenbedingungen für die Risikobewertung, die Risikobewertung selbst und die Entscheidung darüber, welche EMF-Expositionen noch tolerierbar sind, faktisch ausschließlich einem wissenschaftlichen Expertengremium, der ICNIRP, überlassen. Die Belange möglicher Risikoträger und anderer, vor allem nichtwirtschaftlicher Interessengruppen werden formal erst im Rahmen der Umsetzung von Maßnahmen des Risikomanagements im Zuge eines Gesetzgebungsverfahrens einbezogen. Ein wesentliches Charakteristikum dieser Vorgehensweise ist, dass sich die Begründung für die Erforderlichkeit bzw. Angemessenheit der Regulierung unmittelbar und nur auf die wissenschaftliche Expertise des Expertengremiums stützt – was durchaus diskussionswürdig ist.

Die ICNIRP ist ein eingetragener Verein mit einem Sekretariat, das am Standort des BfS in Oberschleißheim angesiedelt ist. Die Finanzierung erfolgt über Beiträge nationaler und internationaler öffentlicher Institutionen (u. a. vom BMU, dem EU Programm für Beschäftigung und soziale Innovation (EaSI), der International Radiation Protection Association (IRPA), der australischen Strahlenschutzbehörde (ARPANSA) sowie dem neuseeländischen Gesundheitsministerium (ICNIRP 2020, FN 1)). Gemäß ihrer Satzung versteht sie sich als unabhängige, neutrale wissenschaftliche Kommission, die ihre Schlussfolgerungen und Empfehlungen ausschließlich auf etablierten wissenschaftlichen Prinzipien gründet (ICNIRP 2008). Von Kritikern wird allerdings bezweifelt, ob die ICNIRP für die ihr zugedachte Rolle ausreichend demokratisch legitimiert ist (BUND 2012, S. 15; Huss 2011, S. 9). Darüber hinaus werden Bedenken hinsichtlich möglicher Interessenkonflikte von Mitgliedern der ICNIRP geäußert (Bioinitiative Working Group 2012, S. 8; Hardell 2017) sowie Verflechtungen zwischen der ICNIRP und anderen Beratungsorganen.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

TAB-Bericht über Icnirp

e=mc2, Mittwoch, 15.02.2023, 20:31 (vor 429 Tagen) @ H. Lamarr

Gemäß ihrer Satzung versteht sie sich als unabhängige, neutrale wissenschaftliche Kommission, die ihre Schlussfolgerungen und Empfehlungen ausschließlich auf etablierten wissenschaftlichen Prinzipien gründet (ICNIRP 2008). Von Kritikern wird allerdings bezweifelt, ob die ICNIRP für die ihr zugedachte Rolle ausreichend demokratisch legitimiert ist (BUND 2012, S. 15; Huss 2011, S. 9). Darüber hinaus werden Bedenken hinsichtlich möglicher Interessenkonflikte von Mitgliedern der ICNIRP geäußert (Bioinitiative Working Group 2012, S. 8; Hardell 2017) sowie Verflechtungen zwischen der ICNIRP und anderen Beratungsorganen.

Das ist nun aber eine sehr laienhafte Kritik an ICNIRP und zeugt von wenig Sachverstand wie Normen und Richtlinien hergeleitet werden, und welche Rolle dabei demokratische Prozesse spielen. Ich lasse mich gerne belehren, aber meines Wissens gibt es weltweit keine einzige Richtlinie, welche von einem demokratisch gewählten Gremium bestimmt wurde. Seien es ärztliche Behandlungsrichtlinien, technische Normen oder Umweltrichtlinien wie beispielsweise für Luftschadstoffe, es sind immer sich selbst konstituierende wissenschaftliche Verbände oder Gesellschaften, die sich solchen Fragen annehmen. Ob solche Vorschläge dann rechtlich umgesetzt werden, entscheiden dann aber schlussendlich demokratisch legitimierte Behörden. In demokratisch regierten Ländern, kann bei Missgefallen dagegen rekurriert werden.

Man stelle sich vor, wenn das anders wäre und demokratisch gewählte Ärzte Behandlungsrichtlinien erstellen würde. Es wäre damit zu rechnen, dass Homöopathen und Alternativmediziner über adäquate Behandlungen entscheiden würden. :no:
Es sollte auch nicht vergessen gehen, dass ICNIRP vor der Wahl neuer Mitglieder einen Aufruf bei den Strahlenschutzbehörden und wisssenschaftlicchen Gesellschaften macht, und nach geeigneten Kandidaten fragt. Versteht sich ja von selbst, dass nicht bei Diagnose:funk nachgefragt wird. :yes:

Und ja, beim Thema Interessenskonflikte die Bioninitiative inkl. Hardell zu zitieren, ist genau mein Humor.:rotfl:

ChatGPT vs. "e=mc2"

H. Lamarr @, München, Mittwoch, 15.02.2023, 23:37 (vor 429 Tagen) @ e=mc2

Ich lasse mich gerne belehren, aber meines Wissens gibt es weltweit keine einzige Richtlinie, welche von einem demokratisch gewählten Gremium bestimmt wurde. Seien es ärztliche Behandlungsrichtlinien, technische Normen oder Umweltrichtlinien wie beispielsweise für Luftschadstoffe, es sind immer sich selbst konstituierende wissenschaftliche Verbände oder Gesellschaften, die sich solchen Fragen annehmen.

Hmmm ... Also die Sache ist die, dass ich dumpf im Hinterkopf habe, jemand vom BfS hätte mir gegenüber vor Jahren mal erwähnt, das Amt sei bei der Festsetzung der zulässigen Magnetfeldemission von Induktionskochherden in einem Normenausschuss "von der Industrie" überstimmt worden. Wenn ich mich nicht irre, ging es da um einen Grenzwert für Schwangere.

Das klingt nach Grenzwertfestsetzung gemäß Mehrheitsprinzip, also nach einer demokratischen Regel.

Weil sich aber mit meinen vagen Erinnerungen kein Staat machen lässt, war ich schon drauf und dran eine Nachtschicht einzulegen und mich in die tiefen Wasser des Internets zu stürzen, um Substanzielleres ausfindig zu machen. Doch dann ist mir zum Glück ChatGPT eingefallen. Wenn es diesen dienstbeflissenen Schlaumeier schon gibt, dachte ich mir, soll der doch den Job erledigen. Also habe ich kurzerhand das Digital-Orakel befragt und seine Auskünfte waren nicht von schlechten Eltern, soweit ich das beurteilen kann. Das Ganze hat höchstens zwei Minuten gedauert, selber wäre ich schätzungsweise mindestens eine Stunde im www umhergeirrt. Ich meine deshalb, Chatbots werden trotz aller Wenn & Aber die Wissensbeschaffung revolutionieren:

In welchen Normenausschüssen ist das deutsche Bundesamt für Strahlenschutz vertreten und wer sind dort die anderen Stakeholder?

Das deutsche Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) ist in verschiedenen Normenausschüssen vertreten, die sich mit unterschiedlichen Bereichen der Strahlenschutznormung beschäftigen. Hier sind einige der wichtigsten Normenausschüsse, in denen das BfS aktiv ist:

DIN-Normenausschuss Radiologie (NAR)
DIN-Normenausschuss Medizin (NAMed)
DIN-Normenausschuss Feinwerktechnik und Mikrotechnik (NFM)
DIN-Normenausschuss Wasserwesen (NAW)
DIN-Normenausschuss Grundlagen des Umweltschutzes (GNU)

In diesen Normenausschüssen arbeitet das BfS eng mit anderen Stakeholdern zusammen, darunter Vertreterinnen und Vertreter von Industrie, Wissenschaft, Behörden und Verbraucherorganisationen. Ziel ist es, gemeinsam Normen und Standards für den Schutz von Mensch und Umwelt vor den Auswirkungen ionisierender Strahlung zu entwickeln und zu aktualisieren.

Zu den konkreten Stakeholdern in den verschiedenen Normenausschüssen können je nach Thema und Norm unterschiedliche Gruppen gehören. Beispielsweise könnten dies Vertreterinnen und Vertreter von medizinischen Fachgesellschaften, Herstellern von medizinischen Geräten, Umweltbehörden, Forschungseinrichtungen, Fachverbänden und Verbraucherorganisationen sein.

Mich interessiert der Normenausschuss, der Grenzwerte für Induktionskochherde beschlossen hat.

Der Normenausschuss, der Grenzwerte für Induktionskochherde festlegt, ist der DIN-Normenausschuss Lebensmittel und landwirtschaftliche Produkte (NAL). Innerhalb des NAL ist es der Arbeitsausschuss NA 057-02-05 AA "Elektromagnetische Verträglichkeit in der Lebensmittelindustrie" der die Norm erarbeitet hat.

Der Ausschuss NA 057-02-05 AA "Elektromagnetische Verträglichkeit in der Lebensmittelindustrie" setzt sich aus Vertretern von Herstellern von Induktionskochherden, Vertretern von Lebensmittelherstellern und -verarbeitern sowie Experten aus Wissenschaft und Forschung zusammen. Gemeinsam erarbeiten sie Normen und Richtlinien, die sicherstellen sollen, dass Induktionskochherde keine negativen Auswirkungen auf Lebensmittel haben und die Lebensmittelsicherheit gewährleisten.

Die von diesem Arbeitsausschuss erarbeitete Norm ist die DIN EN 60350-2 "Haushalts- und ähnliche elektrische Geräte - Kochgeräte für den Hausgebrauch - Teil 2: Besondere Anforderungen für Kochgeräte zur Verwendung von Induktion". In dieser Norm werden unter anderem Grenzwerte für elektromagnetische Emissionen von Induktionskochherden festgelegt, um sicherzustellen, dass diese Geräte keine unzulässigen Auswirkungen auf andere elektronische Geräte haben und die Gesundheit der Benutzerinnen und Benutzer nicht gefährden.

Okay, aber wie genau funktioniert das mit der Abstimmung darüber, welcher Vorschlag eines Stakeholders sich am Ende durchsetzt. Genügt z.B. die einfache Mehrheit der Stimmen?

Die genaue Vorgehensweise bei der Abstimmung darüber, welcher Vorschlag eines Stakeholders sich letztendlich durchsetzt, hängt vom jeweiligen Normenausschuss und dem konkreten Regelwerk ab. In der Regel werden jedoch Normen und Standards durch einen Konsensprozess erarbeitet, bei dem die verschiedenen Stakeholder gemeinsam nach Lösungen suchen.

Dies bedeutet, dass die Vertreterinnen und Vertreter der verschiedenen Stakeholdergruppen innerhalb des Normenausschusses gemeinsam an einem Entwurf arbeiten und sich dabei auf Kompromisse und Lösungen einigen, die für alle akzeptabel sind. Hierbei ist die Stimme jedes Stakeholders gleichberechtigt und hat das gleiche Gewicht, unabhängig von der Größe oder Bedeutung der beteiligten Organisation.

In der Regel werden Abstimmungen durchgeführt, wenn es innerhalb des Normenausschusses Unstimmigkeiten oder Meinungsverschiedenheiten gibt. Hierbei ist es üblich, dass eine Mehrheit der Mitglieder des Normenausschusses eine Entscheidung trifft. Die genaue Anzahl der Stimmen, die für einen Beschluss benötigt werden, hängt von den Regeln des jeweiligen Normenausschusses ab.

Einige Normenausschüsse haben zudem spezielle Regeln, die sicherstellen sollen, dass die Interessen aller Stakeholder ausgewogen berücksichtigt werden. Beispielsweise können bestimmte Stakeholdergruppen ein Vetorecht haben, das heißt, dass sie gegen einen Beschluss stimmen können, wenn sie der Meinung sind, dass dieser ihre Interessen unangemessen benachteiligt.

Generell gilt jedoch, dass der Konsensprozess und das gemeinsame Arbeiten an einem Regelwerk im Vordergrund stehen und dass das Ziel ist, einen Konsens zwischen allen Stakeholdern zu erreichen.

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ChatGPT vs. "e=mc2"

e=mc2, Samstag, 18.02.2023, 19:39 (vor 426 Tagen) @ H. Lamarr

Ich realisiere, dass ich etwas voreilig Erarbeitung von Normen und Richtlinien in einen Topf geschmissen habe. Der Chatbot belehrt mich, dass bei der Erarbeitung von Normen Industrievertretung die Regel ist. Dies aus nachvollziehbaren Gründen. Detailliertes Fachwissen ist häufig nur bei den Herstellern vorhanden. Bei Richtlinien ist es aber die Ausnahme, und definitiv nicht der Fall bei ICNIRP. So oder so sind der der Bot und ich uns einig, demokratisch gewählt sind diese Gremien nicht.

Ich meine deshalb, Chatbots werden trotz aller Wenn & Aber die Wissensbeschaffung revolutionieren:

Ist auf jeden Fall sehr nützlich. Das Problem ist halt einfach, dass der Bot nur wiederholt was im weiten Netz so kursiert. Und wenn da halt viele Stopfgänse tätig sind, kommt es auch entsprechend raus. Aber diesbezüglich ist ja der TAB Bericht auch nicht viel besser. Es werden Kritiken an ICNIRP wiederholt, ohne sich die Mühe zu nehmen, wirklich an der Quelle nachzuforschen, was zutreffend ist und was nicht, und welche Eigeninteresse bei den Kritikern vorherrschen. In dem Sinn, gerne ja, der nächste TAB Bericht darf gerne ein Chatbot schreiben. Ist günstiger für den Steuerzahler. Der Bericht ist ja bewundernswert vollständig, aber das schafft ein Bot auch. Hilfreich wäre aber eine fachlichere Beurteilung. Und da ist der Bericht, wie ein Bot, nicht besonders stark.
Konkret:
"Dazu wäre es notwendig, eine Gruppe von Personen zu identifizieren, die nachweislich eine spezifische Sensibilität hinsichtlich HF-EMF aufweisen.“
Genau, das ist der Punkt. Aber was bedeutet das, wenn das nach jahrzehnterlanger Forschung noch nicht gelungen ist? Das ist eine Plattitüde, die auch ein Bot machen kann.

"Da zur neuesten »5.« Mobilfunkgeneration (5G), die sich gerade in der Markteinführung befindet, noch kaum publizierte Forschungsergebnisse zu möglichen gesundheitlichen Auswirkungen vorliegen, konnte dieses Thema lediglich in Form eines prospektiven Exkurses behandelt werden."

Auch das ist korrekt aber nicht wirklich richtig. Welches fachlich-wissenschaftliche Argument spricht dagegen, dass man nicht aus der bisherigen Forschung auf 5G-Effekte schliessen kann? Biophysikalisch gibt m. E. keine Erklärung. Zum Vergleich, wenn Mercedes ein neues Auto auf den Markt bringt, gibt es auch keinen TAB-Bericht, der betont, dass genau zu diesem Feinstaubgemisch und dieser Lärmfrequenz noch keine epidemiologischen Daten vorhanden sind. Auch hier wäre mehr Einordnung wichtig, welche nur Experten liefern können.

ChatGPT vs. "e=mc2"

e=mc2, Samstag, 18.02.2023, 21:48 (vor 426 Tagen) @ e=mc2

Eine nicht unwesentlich Fussnote zu meinem Urteil über den Bericht ist die Tatsache, dass ich kein Bot bin und 300 S. Lektüre grad meine Kapazitäten sprengt. Ich habe also nur die Zusammenfassung gelesen. Möglicherweise ist der Bericht ja sonst besser als die Zusammenfassung, welche scheinbar in erster Linie politisch konsensfähig sein sollte.

Meinungen zum TAB-Bericht übers Risiko Mobilfunk

H. Lamarr @, München, Dienstag, 28.02.2023, 13:36 (vor 416 Tagen) @ H. Lamarr

Wie ein Telefonat mit Projektleiter Revermann heute ergab, ist der Bericht von allen Fraktionen des Bundestags gebilligt worden, Änderungswünsche wurden eingearbeitet und voraussichtlich noch diese Woche wird der Bericht als Bundestagsdrucksache auf der Website des Bundestages veröffentlicht. Im Laufe dieses Monats wird ihn auch das TAB auf seine Website nehmen.

Adelheid, jetzt ist's soweit:

Mögliche gesundheitliche Auswirkungen verschiedener Frequenzbereiche elektromagnetischer Felder (HF-EMF) (PDF, 311 Seiten)

Auf dem Portal teletarif.de hat Henning Gajek seine Sicht auf den TAB-Bericht veröffentlicht, ein Kommentator teilt diese nicht:

Im Rahmen der "Tech­nik­fol­gen­abschät­zung" hat der Deut­sche Bundestag in diesen Tagen seinen "Tech­nik­fol­gen­bericht zu gesund­heit­lichen Auswir­kungen der Mobil­funk­strah­lung" veröf­fent­licht. Die Einfüh­rung beschreibt recht anschau­lich das Dilemma: "Ein beson­deres Augen­merk wurde auf eine trans­parente Unter­schei­dung zwischen eviden­zba­sierten wissen­schaft­lichen Befunden und mögli­chen Inter­pre­tationen seitens gesell­schaft­licher Stake­holder sowie poli­tischer Akteure gelegt. In diesem Sinne leistet der Bericht wohl eine Risi­koab­schät­zung, aber keine dezi­dierte Risi­kobe­wer­tung." mehr ...

Der Anti-Mobilfunk-Verein Diagnose-Funk, Stuttgart, nahm die Veröffentlichung des Berichts zum Anlass, auf seiner Website seine Meinung zu dem Papier vorzutragen. Dem Verein zufolge hat der Bericht große Bedeutung, weil er ein von allen Fraktionen des Bundestags getragenes Konsenspapier sei, der Bundestag sich somit auf eine Risikoeinschätzung der Mobilfunktechnik festgelegt habe. Der Verein interpretiert die "Gesamtaussage" des Berichts erwartungsgemäß in seinem Sinne: Es gäbe eine umfangreiche Studienlage, die Gesundheitsrisken nachweise und nicht weiter unter den Teppich gekehrt werden dürfe. Diese Studienlage müsse diskutiert und daraus Schlussfolgerungen gezogen werden. Die Ausgrenzung von kritischen Wissenschaftlern und NGOs in dieser Debatte solle beendet werden.

Kommentar: Mit NGOs meint Diagnose-Funk erstrangig sich selbst. Seit gut zehn Jahren bemüht sich der Verein vergeblich um landes- und bundespolitischen Einfluss auf die "Mobilfunkpolitik". Vergeblich deshalb, weil sein Auftreten indiskutabel populistisch und fachlich unqualifiziert darauf abzielt, mit einseitig alarmistischen Interpretationen der wissenschaftlichen Risikodebatte die Bevölkerung mit irrationalen Ängsten gegenüber elektromagnetischen Feldern zu infizieren. Schaut man sich an, welche Partei im Bundestag quasi als politischer Vertreter von Diagnose-Funk in dieselbe Kerbe haut, werden Parallelen sichtbar. Entsprechende Vorstöße der AfD scheiterten bislang am geschlossenen Widerstand aller anderen Parteien. Gut so.

Auch mit Blick auf kommerziellen Lobbyismus verbietet sich politischer Einfluss des Stuttgarter Vereins, denn sein Handeln ist für alle Geschäftsmodelle förderlich, die auf irrationalen Ängsten gegenüber Elektrosmog basieren. Nein, kein Politiker benötigt den Rat von selbsternannten Experten in Sachfragen des Mobilfunks, dafür gibt es hierzulande ausreichend viel besser qualifiziertes Personal. Gegen dessen Fachkompetenz ist Diagnose-Funk machtlos. Ersatzweise bemüht sich der Verein deshalb mit allen Mitteln, Zweifel an der Integrität seiner Konkurrenten zu säen. Das ist bizarr, denn Diagnose-Funk selbst hat keine Hemmungen, ausgerechnet einen "Baubiologen" als ersten Vorsitzenden zu beschäftigen, also jemanden, der kommerziell von Ängsten gegenüber Elektrosmog profitiert. Mit dem BUND gibt es überdies eine bürgerschaftliche Organisation, die seit jeher am Runden Tisch EMF des Bundesamtes für Strahlenschutz vertreten ist und dort ihre Bedenken vortragen kann, das von Diagnose-Funk gesehene Vakuum bei der Interessenvertretung, es existiert gar nicht.

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Selbstüberschätzung, Risikobewertung, Lobbyismus, Zweifel säen, Gschaftlhuber, Geschäftemacherei

Diagnose-Funk sieht sich als "relevanter Stakeholder"

H. Lamarr @, München, Dienstag, 28.02.2023, 21:19 (vor 416 Tagen) @ H. Lamarr

Kommentar: Mit NGOs meint Diagnose-Funk erstrangig sich selbst. Seit gut zehn Jahren bemüht sich der Verein vergeblich um landes- und bundespolitischen Einfluss auf die "Mobilfunkpolitik". Vergeblich deshalb, weil sein Auftreten indiskutabel populistisch und fachlich unqualifiziert darauf abzielt, mit einseitig alarmistischen Interpretationen der wissenschaftlichen Risikodebatte die Bevölkerung mit irrationalen Ängsten gegenüber elektromagnetischen Feldern zu infizieren. Schaut man sich an, welche Partei im Bundestag quasi als politischer Vertreter von Diagnose-Funk in dieselbe Kerbe haut, werden Parallelen sichtbar. Entsprechende Vorstöße der AfD scheiterten bislang am geschlossenen Widerstand aller anderen Parteien. Gut so.

Mit einer sogenannten Pressemitteilung über den TAB-Bericht versucht Diagnose-Funk sich als "relevanter Stakeholder" für die EMF-Beratung von Umwelt-Bundesminsterin Steffi Lemke zu empfehlen. Stakeholder sind Interessenvertreter aller Art, also Lobbyisten, und Diagnose-Funk kann tatsächlich als Stakeholder aller Branchen gesehen werden, deren Geschäftsmodelle auf irrationalen Ängsten gegenüber EMF beruhen. Der Habitus des Vereins ist meiner Beobachtung zufolge freilich der eines Steakholders. Das sind Leute, die beim Barbecue dem Grillmeister das Grillgut reichen :-).

Die relevante Passage aus der "Pressemitteilung" lautet:

[...] „Der Bundestag führt zurecht ein Lobby-Register, weil Lobbyismus als Problem erkannt wurde“, sagt Jörn Gutbier. „Da kann es doch nicht sein, dass das Büro für Technikfolgenabschätzung eine Lobby-Organisation der Mobilfunkindustrie mit ins Boot holt! Gut, dass der TAB-Bericht trotzdem die Studienlage und Konsequenzen daraus benennt und die verharmlosenden Formulierungen der Lobby klar erkennbar sind. Umweltministerin Steffi Lemke hat nun einen Leitfaden an der Hand, wie Vorsorgepolitik im Bereich Mobilfunk aussehen kann. Als relevanter Stakeholder bringen wir uns gerne ein und helfen bei der Lösungsfindung, wie der TAB-Bericht dies auf Seite 17 oben einfordert.“ [...]

Nur der Vollständigkeit halber möchte ich nicht unerwähnt lassen, dass auch diese "Pressemitteilung" des "relevanten Stakeholders" wie nahezu alle von dessen vorangegangenen Pressemitteilungen nicht den geringsten Niederschlag in den von Google News ausgewerteten Medien hatte. Das Presseportal zählt nicht, denn dort stellt der Verein seine Meldungen selbst ein (siehe dazu auch das Startposting).

Kurios ist, Vereinsvorstand Gutbier geißelt in der "Pressemitteilung" Lobbyismus zwar populistisch als "Problem", doch dies nur bei anderen Lobbyisten. Nicht aber bei seinem eigenen Verein, der sich selbst im Januar 2023 ins Lobbyregister des Deutschen Bundestags eingetragen hat :no:. Wahrscheinlich erhofft sich Gutbier von diesem Eintrag, endlich als "relevanter" Stakeholder wahrgenommen zu werden und mit seinem Verein den BUND als anerkannten Vertreter der Bevölkerung in Sachen "Risiko Mobilfunk" abzulösen. Sollte das nicht klappen, hat Gutbier noch ein zweites Eisen im Feuer, nämlich beim BUND selbst. Dort hat er es immerhin bis zum zweiten stellvertretenden Sprecher des Arbeitskreises Immissionsschutz gebracht (ackert auch das Feld Elektrosmog). Seit spätestens Januar 2022 und auch heute noch ist dieser Arbeitskreis jedoch führungslos, glaubt man diesem Papier. Eine Anfrage des IZgMF im vergangenen Jahr, was da los ist und ob Gutbier als Sprecher im Gespräch sei, blieb unbeantwortet.

Eine der unbestrittenen Fertigkeiten von Diagnose-Funk ist es, Sachverhalte so geschickt zu verdrehen, dass der Fehler im Kopf des Zuhörers/Lesers passiert und der Verein sich über ein Hintertürchen aus der Verantwortung stehlen kann. So kann die oben rot markierte Textpassage leicht dahingehend missverstanden werden, der TAB-Bericht fordere die Mitwirkung von Diagnose-Funk beim Erarbeiten von Lösungen. Die Originalaussage im TAB-Bericht aber lautet:

[...] Vor diesem Hintergrund wäre es aus Sicht des TAB erwägenswert, den Prozess der Risikobewertung und des Risikomanagements einer Evaluation dahingehend zu unterziehen, ob relevante Stakeholder rechtzeitig und umfassend genug einbezogen sind und ob die Kommunikation der einzelnen Schritte offen und transparent ist. [...]

Von "Diagnose-Funk" steht dort nichts und die angebliche Forderung schrumpft auf eine Erwägungsempfehlung des TAB zusammen.

Der Knackpunkt des Abschnitts "Risikogovernance und Partizipation – Optionen für weiteres Vorgehen" im TAB-Bericht ist der Begriff "relevante Stakeholder". Denn allein den relevanten Interessenvertretern billigt das TAB ein Mitspracherecht bei politischen Entscheidungsfindungen zu. Allerdings hat das TAB versäumt zu definieren, was denn "relevante Stakeholder" ausmacht, was "relevante" von "irrelevanten" unterscheidet. Diagnose-Funk nutzt diese Unschärfe, um sich anmaßend unverzüglich selbst als "relevanter Stakeholder" zu empfehlen. So anmaßend, wie das Etikett "Verbraucherschutz", das sich der Verein ebenfalls selbst aufgeklebt hat, obwohl er meiner Einschätzung nach noch nie einen Finger für Verbraucher krumm machte. Nein, hier im Forum finden sich hunderte von Belegen, die zeigen, Diagnose-Funk ist weder ein Verbraucherschutzverein, noch ein "relevanter Stakeholder". Die Belege machen es deutlich: Diagnose-Funk ist tatsächlich ein Stakeholder, jedoch kein relevanter, sondern ein irrelevanter.

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Diagnose-Funk, Doppelmoral, Geltungsdrang, Alarmist, Divergierende Risikobewertung, STOA-Studie, Konsens, Stakeholder, Kopfsalat, Arbeitskreis Immissionsschutz

Diagnose-Funk sieht sich als "relevanter Stakeholder"

H. Lamarr @, München, Dienstag, 28.02.2023, 21:50 (vor 416 Tagen) @ H. Lamarr

Die Belege machen es deutlich: Diagnose-Funk ist tatsächlich ein Stakeholder, jedoch kein relevanter, sondern ein irrelevanter.

Die Zuweisung, Diagnose-Funk sei ein "irrelevanter Stakeholder", dürfte unter den Besuchern dieses Forums weitgehend unstreitig sein. Doch der Begriff ist nebulös und bietet deshalb viel Interpretationsspielraum. Damit kommen wir der Antwort auf die Frage nicht näher, was "relevante" von "irrelevanten" Stakeholdern unterscheidet. Deshalb habe ich das Orakel ChatGPT um Auskunft gebeten ...

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Wie unterscheiden sich "relevante Stakeholder" von "irrelevanten Stakeholdern"?

Die Unterscheidung zwischen relevanten und irrelevanten Stakeholdern gilt auch in der Politik. In der Politik können relevante Stakeholder Gruppen oder Individuen sein, die direkt von politischen Entscheidungen oder Maßnahmen betroffen sind oder einen Einfluss darauf haben. Dazu können Bürgerinnen und Bürger, Unternehmen, Verbände, Gewerkschaften, Interessenvertretungen, Medien und internationale Organisationen zählen.

Irrelevante Stakeholder hingegen sind in der politischen Entscheidungsfindung Gruppen oder Individuen, die keinen direkten Einfluss auf die Entscheidungen oder Maßnahmen haben oder keine direkte Betroffenheit erfahren. Ein Beispiel hierfür könnten ausländische Staaten sein, die keine direkten wirtschaftlichen, politischen oder sicherheitsrelevanten Interessen in einem bestimmten Land haben.

Die Identifizierung und Einbeziehung relevanter Stakeholder in politische Entscheidungsprozesse ist wichtig, um sicherzustellen, dass ihre Bedürfnisse, Interessen und Anliegen berücksichtigt werden und um die Legitimität und Akzeptanz politischer Entscheidungen zu erhöhen. Gleichzeitig kann die Einbeziehung irrelevanter Stakeholder in politische Entscheidungsprozesse unnötige Zeit- und Ressourcenverschwendung darstellen und den Entscheidungsprozess unnötig erschweren.

Gibt es eine Art Checkliste für politische Entscheidungsträger, um relevante Stakeholder zuverlässig von irrelevanten unterscheiden zu können?

Ja, es gibt verschiedene Ansätze und Checklisten, die politischen Entscheidungsträgern helfen können, relevante Stakeholder von irrelevanten zu unterscheiden. Hier sind einige Punkte, die in einer solchen Checkliste enthalten sein können:

1. Identifikation von betroffenen Gruppen: Identifizieren Sie die Gruppen oder Individuen, die direkt von der politischen Entscheidung betroffen sein werden oder die einen signifikanten Einfluss auf die Entscheidung haben könnten. Dazu können z.B. Betroffene, Interessenvertretungen, Experten und Medien zählen.

2. Analyse des Einflusses: Bewerten Sie den Einfluss jeder identifizierten Gruppe oder jedes Individuums auf die Entscheidungsfindung und das Ergebnis. Dazu können z.B. der politische Einfluss, die fachliche Expertise, die finanziellen Ressourcen und die öffentliche Meinung zählen.

3. Analyse der Interessen: Identifizieren Sie die Interessen jeder identifizierten Gruppe oder jedes Individuums und bewerten Sie ihre Bedeutung für die Entscheidung. Dazu können z.B. finanzielle Interessen, politische Ziele, soziale oder kulturelle Werte, Umweltschutz und Menschenrechte zählen.

4. Analyse der Legitimität: Bewerten Sie die Legitimität jeder identifizierten Gruppe oder jedes Individuums in Bezug auf die Entscheidung. Dazu können z.B. rechtliche, moralische oder ethische Gründe zählen, die ihre Position rechtfertigen.

5. Priorisierung: Priorisieren Sie die identifizierten Gruppen oder Individuen basierend auf ihrer Bedeutung für die Entscheidung und berücksichtigen Sie dabei den Einfluss, die Interessen und die Legitimität.

6. Kommunikation und Einbeziehung: Kommunizieren Sie Ihre Entscheidung transparent und effektiv an alle relevanten Stakeholder und binden Sie sie in den Entscheidungsprozess ein, wenn es angemessen ist. Achten Sie dabei darauf, dass Sie den Schutz der Privatsphäre und den Datenschutz beachten.

Diese Checkliste kann als Leitfaden für politische Entscheidungsträger dienen, um sicherzustellen, dass relevante Stakeholder identifiziert und angemessen berücksichtigt werden, während die Einbeziehung irrelevanter Stakeholder vermieden wird. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass jede Entscheidung von verschiedenen Faktoren abhängt und dass keine Checkliste eine einheitliche Lösung für jede Situation bieten kann.

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Wenn ich ChatGPT richtig verstehe, lässt sich Diagnose-Funk durch Einbindung in Entscheidungsprozesse unschädlich machen. Das wäre tatsächlich eine Überlegung wert. Der Verein sieht sich durch die Einbindung endlich anerkannt, darf seine irrelevanten Standpunkte auch vortragen, fühlt sich davon in seiner Eitelkeit gebauchpinselt – und muss am Ende erkennen, dass er sich mit seinen irrelevanten Standpunkten den versierter begründeten Standpunkten der anderen, aber relevanten Stakeholder, in einem Konsensbeschluss zähneknirschend beugen muss. Ja, obwohl Diagnose-Funk keinerlei Mandat hat, sich als Vertreter der Bürgerschaft aufzuspielen, ist dies wahrscheinlich gegenüber dem kategorischen Ausschluss sogar der bessere Weg, Querulanten und Profilneurotiker zumindest vorübergehend ruhig zu stellen. Unter dieser Maßgabe darf sich Frau Lemke gerne der "Expertise" von Diagnose-Funk bedienen, sich z.B. die alternativen Vorschläge von VLC/LiFi statt W-Lan in Schulen anhören, und dann doch – mit Tränen in den Augen – vernunftorientiert entscheiden :-).

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

"Kompetenzinitiative" zum TAB-Bericht übers Risiko Mobilfunk

H. Lamarr @, München, Donnerstag, 06.04.2023, 20:20 (vor 379 Tagen) @ H. Lamarr

Der Anti-Mobilfunk-Verein Diagnose-Funk, Stuttgart, nahm die Veröffentlichung des Berichts zum Anlass, auf seiner Website seine Meinung zu dem Papier vorzutragen.


Viel Wind um nichts

Auch die sogenannte Kompetenzinitiative hat sich im März 2023 zu Wort gemeldet. Sie ist der Ansicht, der TAB-Bericht "enttäuscht komplett, sollte aber dennoch nicht entmutigen". Auf 21 Seiten (Titel "Maskenspiel") begründen die Autoren Klaus Buchner (Mathematiker i. R.), Wilfried Kühling (Raumplaner i.R.), Peter Ludwig (Germanist) und Klaus Scheidsteger (Filmemacher) ihre Ansicht. Zur Sache selbst haben sie wenig zu sagen. Und Neues erfährt der Leser nicht. Die Enttäuschung der Autoren beruht im Wesentlichen auf der seit Mitte 2021 bekannten Tatsache, dass der Deutsche Bundestag ein Gutachten zur Risikobeurteilung von EMF-Exposition an die Schweizer Forschungsstiftung Strom und Mobilkommunikation (FSM) vergeben hat. Das Gutachten ist Bestandteil des TAB-Berichts. Dies entsetzt die Autoren. Denn ihren Recherchen zufolge wollen sie erfahren haben, "dass FSM selbst als Mittelgeber auf ihrer Stiftungsseite die Industrieunternehmen Swisscom, Swissgrid, Sunrise, Cellnex und Ericsson nennt." Stimmt, diese Sponsoren unterstützen die Stiftung jährlich mit einem Betrag, der sowohl die Projektfinanzierung als auch die Arbeit der Geschäftsstelle ermöglicht. Sie erhalten Einsitz im Stiftungsrat gemäß Stiftungsreglement. Das Entsetzen beruht nun auf der nicht weiter begründeten Unterstellung, die genannten Industrie-Sponsoren würden frei nach der bekannten Volksmeinung "Wer zahlt, schafft an", die FSM zu einem Erfüllungsgehilfen für die Interessen der Mobilfunkindustrie degradieren. Das kann man so sehen. Nur, wenn man es so sieht, sollte der Verdacht wenigstens mit einigen harten Fakten verdichtet werden. Die Autoren der "Kompetenzinitiative" verzichten großmütig auf solche Belege, ihnen genügt es, eine banale Volksmeinung zu vertreten.

Kein Wort übrig haben Buchner et al. dafür, dass die FSM neben den verdächtigen Sponsoren auch noch eine ganze Reihe von "Trägern" hat. Träger unterstützen die Stiftung ideell oder sie zahlen einen regelmäßigen Beitrag zur gezielten Unterstützung von Aktivitäten, zum Beispiel einer Veranstaltungsreihe wie die Science Brunches. Zu diesen Trägern gehören Unverdächtige wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG), Bundesamt für Umwelt (Bafu), Bundesamt für Kommunikation (Bakom), Bundesamt für Energie (BFE), Eidgenössisches Starkstrominspektorat (Esti), die Bau-, Planungs- und Umweltdirektoren-Konferenz (Bpuk) und andere Unverdächtige mehr.

Prinzip Brandmauer

Aus meiner Sicht ist es nach dem Verursacher-Prinzip völlig in Ordnung, wenn eine Industrie, so sie mit einer Technik Geld verdient, der möglicherweise gesundheitliche Risiken für die Bevölkerung innewohnen, sich an der Erforschung dieser Risiken finanziell beteiligt und diese Last nicht allein die Steuerzahler tragen lässt. In Ordnung ist dies dann, wenn die Industrie keinen Einfluss auf die Forschung nehmen kann. Weltweit wird deshalb das Modell praktiziert, zwischen geldgebender Industrie und beauftragter Forschung eine Brandmauer zu ziehen, z.B. in Gestalt einer staatlichen Behörde, welche die Forschungsaufträge vergibt oder wie im Fall FSM mit einer Stiftung, deren Satzung eine Einflussnahme der Geldgeber ausschließt. Bei der FSM entscheidet allein der Wissenschaftliche Ausschuss über die Vergabe von Forschungsaufträgen. Der Ausschuss besteht aus maximal acht Mitgliedern. Ihm gehören der FSM-Geschäftsleiter und bis zu sieben externe wissenschaftliche Experten an. Externe Mitglieder erfüllen ihre Aufgaben unentgeltlich. Weder Sponsoren noch Träger der Stiftung sind im Wissenschaftlichen Ausschuss vertreten oder haben Einsicht in dessen Arbeit. Sie können die Entscheide auch nicht anfechten.

Doppelmoral der "Kompetenzinitiative"

Buchner et al. unterstellen der FSM unausgesprochen, sie nehme ihre Funktion als Brandmauer nicht wahr. Da dies ohne Vorlage harte Belege für ein Versagen dieser Brandmauer geschieht ist dieses Argument schwach, wegen der industriellen Sponsoren der FSM jedoch auf emotionaler Ebene nachvollziehbar. Glaubhafter werden Buchner et al. dadurch jedoch nicht. Denn sie legen bei der FSM ethische Maßstäbe an, auf die sie sofort verzichten, wenn es zu ihrem Vorteil ist. So hat die "Kompetenzinitiative" mit Joachim Gertenbach derzeit ein Vorstandsmitglied, das als Baubiologe und ehemaliger 1. Vorsitzender des Verband Baubiologie einem unübersehbaren Interessenkonflikt unterliegt. Denn je stärker irrationale Ängste in der Bevölkerung gegenüber EMF grassieren, desto besser laufen die Geschäfte von Baubiologen. Dies dürfte unstreitig sein. Buchner et al. haben auch keinerlei Hemmungen, mit einer "alarmierenden" Review zum Stand des Wissens über "Oxidativen Stress durch EMF", verfasst von Meike Mevissen und David Schürmann, die Bevölkerung zu beunruhigen. Wäre die FSM so korrupt, wie Buchner et al. es unterstellen, dürften sie dies auf keinen Fall tun, denn Mevissen und Schürmann sitzen derzeit im Wissenschaftlichen Ausschuss der FSM. Dies wird geflissentlich stillschweigend nur deshalb übersehen, weil die Review der beiden, im Gegensatz zum TAB-Bericht, die Erwartungshaltung der "Kompetenzinitiative" nach "alarmierenden" Ergebnissen erfüllt. Die Doppelmoral der "Kompetenzinitiative" zeigte sich auch an ihrer innigen Zusammenarbeit mit dem inzwischen verstorbenen Franz Adlkofer. Offensichtlich störte sich keiner der "Kompetenten" daran, dass Adlkofer über gut zwei Jahrzehnte hinweg ein Lobbyist der Tabakindustrie war und gesetzliche Regelungen zum Schutz von Nichtrauchern in Deutschland erfolgreich verzögerte. Da wirkt die Bezeichnung "Kompetenzinitiative zum Schutz von Mensch, Umwelt und Demokratie e. V." wie blanker Hohn. Um sich näher zu kommen und beide Augen zuzudrücken genügte es, dass Adlkofer zwei alarmierende Mobilfunkstudien managte und sich in seiner Spätkarriere als überzeugter und äußerst fleißiger Mobilfunkkritiker gab.

Auch IZgMF mit TAB-Bericht nicht glücklich

Aus meiner Sicht hat das TAB mit seinem Bericht alles richtig gemacht. Denn nicht nur Buchner et al. jammern, der Bericht enttäusche komplett, auch das IZgMF ist mit dem Bericht nicht glücklich. Mir ist er zu abstrakt, wodurch sich große Interpretationsspielräume ergeben und ich vermisse jeglichen Hinweis darauf, dass die "Mobilfunkdebatte" in Deutschland zu großen Teilen eine gesteuerte Inszenierung und keine "Graswurzelbewegung" ist. Schön wäre es auch gewesen, hätten die Autoren des Berichts ihre Empfehlung einer Partizipation von Stakeholdern nicht nur den Bundespolitikern ins Stammbuch geschrieben, sondern auch selbst befolgt. Beim IZgMF hat jedoch niemand vom TAB angeklopft und offensichtlich auch nicht bei Diagnose-Funk oder der "Kompetenzinitiative". Das aber wäre für den Bericht mMn wie die Prise Salz für die Suppe gewesen :lookaround:.

Hintergrund
TAB-Projektseite zum Bericht "Mögliche gesundheitliche Auswirkungen verschiedener Frequenzbereiche elektromagnetischer Felder (HF-EMF)"

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Jedes komplexe Problem hat eine Lösung, die einfach, naheliegend, plausibel – und falsch ist.
– Frei nach Henry Louis Mencken (1880–1956) –

Tags:
Unterstellung, Meinung, Korruption, Doppelmoral, Inszenierung, Buchner, TAB, FSM, Blähboy

Zweifel säen, dass ist ihr Geschäft

KlaKla, Freitag, 07.04.2023, 11:49 (vor 379 Tagen) @ H. Lamarr
bearbeitet von KlaKla, Freitag, 07.04.2023, 12:13

Buchner et al. unterstellen der FSM unausgesprochen, sie nehme ihre Funktion als Brandmauer nicht wahr. Da dies ohne Vorlage harte Belege für ein Versagen dieser Brandmauer geschieht ist dieses Argument schwach, wegen der industriellen Sponsoren der FSM jedoch auf emotionaler Ebene nachvollziehbar. Glaubhafter werden Buchner et al. dadurch jedoch nicht. Denn sie legen bei der FSM ethische Maßstäbe an, auf die sie sofort verzichten, wenn es zu ihrem Vorteil ist. So hat die "Kompetenzinitiative" mit Joachim Gertenbach derzeit ein Vorstandsmitglied, das als Baubiologe und ehemaliger 1. Vorsitzender des Verband Baubiologie einem unübersehbaren Interessenkonflikt unterliegt. Denn je stärker irrationale Ängste in der Bevölkerung gegenüber EMF grassieren, desto besser laufen die Geschäfte von Baubiologen. Dies dürfte unstreitig sein.

Buchner betreibt mVn therapeutisches Schreiben wie Eva W. aus O.,r mit dem Unterschied, sie hat keinen Prof.-Dr.-Titel. Hier Intellektuellen Geschwafel, da Ratsch und Tratsch am Gartenzaum. Gemeinsamer Nenner, Unzufriedenheit mit sich und der Welt. :flower:

Nicht nur Gertenbach hat ein kommerzielle Interessen. Auch der Filmemacher Scheidsteger. Er scheint sich begnügen zu müssen mit Werbefilmchen u.a. mit memon. Ein Film für Diagnose-Funk, welchen man schon aus dem Verkehr zog. Nicht zu vergessen der Mediziner Joachim Mutter oder der Buchautor U. Warnke. Jeder will mal in den Genuss kommen. In einem gemeinnützigen Verein sammelt sich relativ viel Geld an welches auch wieder in Umlauf gebracht werden sollte. ;-)

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Meine Meinungsäußerung

Tags:
Geschäftsidee, Seilschaft, Ko-Ini, Memon, Scheidsteger, Rosenheim, Versagen, Interessenkonflikte, Schnippelparty, Werbefilm

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